Olympia 2022 – Dabei sein verboten (3): Unerträglicher Sargträger

Der Protestveteran Koo Sze-yiu wird in Hongkong zur Eröffnung der Olympischen Spiele festgenommen. Grund dafür ist allein eine Ankündigung von ihm.

Demonstranten tragen einen Sarg durch die Straßen von Hongkong

Protest mit Sarg: Koo Sze-yiu (Zentrum) ist als Aktivist allseits bekannt Foto: Kin Cheung/ap

Zur Eröffnung der Olympischen Spiele am letzten Freitag wollte Koo Sze-yiu vor Pekings Verbindungsbüro in Hongkong für die Freilassung verhafteter Aktivisten der Stadt demonstrieren. Doch kurz zuvor wurde er von der Nationalen Sicherheitspolizei in seiner Wohnung festgenommen. Am Samstag lehnte ein Haftrichter den Antrag des laut Medienberichten im fortgeschrittenen Stadium an Krebs erkrankten 75-Jährigen auf Haftverschonung ab, schrieb Hongkongs South China Morning Post.

Der Richter begründete dies mit den „schweren Vorwürfen“, die Koo im Rahmen des Nationalen Sicherheitsgesetzes gemacht würden. Doch habe sich der Richter geweigert, die Vorwürfe genauer zu benennen. Dem Aktivisten, dem womöglich lebenslange Haft droht, werde vorgeworfen, „Hass auf die Zentralbehörden“ und „Gesetzesbrüche“ zu fördern.

Koos nächster Haftprüfungstermin ist am 1. April. Bis dahin würden in seiner Wohnung beschlagnahmte Gegenstände untersucht, wohl auch, um stichhaltigere Haftgründe zu finden als seine Presseerklärung zum geplanten Protest. Konfisziert wurde auch seine Sargattrappe mit der Aufschrift „Menschenrechte stehen über den Winterspielen“.

Damit wurde genau der Gegenstand beschlagnahmt, für den Koo und seine Mitstreiter der kleinen Liga der Sozialdemokratie (LSD) bekannt sind. Denn es gab fast keinen Protest der Hongkonger Demokratiebewegung, bei der Koo und Konsorten in dem Pappsarg nicht irgendwas demonstrativ zu Grabe trugen, meist die von Peking bedrohten Hongkonger Autonomie- und Freiheitsrechte.

Wie ein absurder olympischer Rekord

Koo und seine Freunde erregten bei den Demos mit ihrem Sarg stets das Interesse von Fotografen und Polizei. Letztere hat den Pappsarg wegen angeblicher Gefahren schon oft beschlagnahmt oder zerstört. Seit Peking sich ab den 2000er Jahren immer stärker in das eigentlich autonome Hongkong eingemischt hat und damit die Proteste eskalierte, saß Koo wegen Ordnungswidrigkeiten schon elfmal im Gefängnis.

Zuletzt wurde er im Juli 2021 aus der Haft entlassen, die er der Teilnahme an einer verbotenen Demonstration im Oktober 2019 verdankte. Damals schon soll er laut Hong Kong Free Press gesagt haben: „Ich werde auch noch ein zwölftes und dreizehntes Mal ins Gefängnis kommen.“

Was wie ein absurder olympischer Rekord klingt, zeigt Hongkongs fundamentalen politischen Wandel, seit Peking dort die Autonomie beendete. War Pekings Vertretung dort einst alltägliches Ziel von Protesten, reicht jetzt offenbar allein schon die Ankündigung eines Protestes, um lebenslange Haft zu riskieren. Am gleichen Tag mit Koo wurden vier weitere Aktivisten festgenommen

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.