Olaf Scholz in der Ukraine: Nicht mit leeren Händen
Bei seinem Besuch in Kyjiw sorgt Olaf Scholz mit seinem Koffer für Aufsehen. Mit Präsident Selenskyj dürfte er sich noch über mehr unterhalten haben.

Scholz kündigte 650 Millionen Euro für neue Waffenlieferungen an die Ukraine an. Zum Paket gehören: Luftverteidigungssysteme vom Typ IRIS-T, Leopard-1-Panzer, Kampfdrohnen, Winterausrüstung, Handwaffen und Heizgeräte. Diese Unterstützung ist Teil des bereits im Oktober beschlossenen Hilfspakets der Bundesregierung. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bedankte sich und lobte auf der Onlineplattform X, dass Deutschland der größte Unterstützer seines Landes in Europa sei.
Mit seinem Besuch, so zitieren ukrainische Medien den Bundeskanzler, wolle er ein klares Signal der Solidarität senden. „Die Ukraine kann auf uns zählen. Wir sagen, was wir tun, und wir tun, was wir sagen. Um dies erneut zu verdeutlichen, bin ich heute Nacht mit dem Zug durch ein Land gereist, das sich seit über 1.000 Tagen gegen Russlands Angriffskrieg verteidigt.“
Unmittelbar nach seiner Ankunft besuchte Scholz gemeinsam mit Selenskyj ein Krankenhaus, in dem verwundete ukrainische Soldaten behandelt werden. Anschließend legten die beiden Politiker Blumen am Gedenkplatz für die gefallenen ukrainischen Soldaten auf dem Maidan nieder.
Bewegung in Richtung Verhandlungen
Doch Scholz wird wohl kaum gekommen sein, um die neuen Waffenlieferungen zu verkünden, mutmaßt man im ukrainischen Netz. Der ukrainische Dienst von BBC geht unter Berufung auf die Bild-Zeitung davon aus, dass auch Friedensgespräche ein zentrales Thema seines Besuchs sein könnten.
In der ukrainischen Führung hatte man das Telefonat von Scholz mit Putin am 15. November mit großen Vorbehalten aufgenommen. Man sah in dem Gespräch keinen Sinn. Sicherlich dürfte dieses Telefonat auch Gegenstand der Gespräche von Scholz mit der ukrainischen Führung gewesen sein.
Es gibt Bewegung in der Frage möglicher Verhandlungen mit Russland. Präsident Selenskyj erklärte kürzlich in Interviews, unter welchen Bedingungen die Ukraine bereit wäre, über Frieden zu verhandeln. Gegenüber Sky News erklärte er, dass ein Ende der „heißen Phase des Krieges“ möglich sei, wenn die Ukraine eine Nato-Mitgliedschaft zugesichert bekäme – selbst ohne Sicherheitsgarantien für vorübergehend besetzte Gebiete. Gegenüber der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo News erklärte er, dass ein Rückholen mancher besetzter Gebiete wohl nur auf diplomatischem Weg möglich sei.
Erst am Wochenende hatte der ehemalige Nato-Generalsekretär und künftige Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Jens Stoltenberg, gegenüber dem Portal „Table.Briefings“ eine vorübergehende Überlassung der besetzten Gebiete an Russland zur Erreichung eines Waffenstillstandes nicht mehr ausgeschlossen. Voraussetzung wäre, dass Kyjiw für eine temporäre Abtretung von Territorien klare Sicherheitsgarantien erhielte, beispielsweise in Form einer Nato-Mitgliedschaft oder durch andere Maßnahmen zur militärischen Unterstützung der Ukraine.
Auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Selenskyj folgte im Laufe des Besuchs übrigens noch die Aufklärung in Sachen Reiseutensilien des Bundeskanzlers. Eine Journalistin fragte Scholz, was denn in dem Koffer sei. „Wie genau wollen Sie es wissen?“, fragt dieser zurück und sagte dann: „Im Wesentlichen handelt es sich um Reiseutensilien, Wäsche und was man so braucht.“ (mit dpa)
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Gedenken an Hanau-Anschlag
SPD, CDU und FDP schikanieren Terror-Betroffene
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung
Trump, Putin und Europa
Dies ist unser Krieg
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Bundestagswahl für Deutsche im Ausland
Die Wahl muss wohl nicht wiederholt werden