Ohne Abschluss von der Schule: Bremens Abbruchquote ist hoch
Fast jede*r zehnte Jugendliche verlässt Bremer Schulen ohne Abschluss. Armut erhöht das Risiko, aber auch ein später Zugang ins deutsche Schulsystem.
Bremen gehört nach Sachsen-Anhalt zu den Ländern mit den höchsten Abbruchquoten – und die Zahl ist 2019 noch einmal sprunghaft angestiegen: Bis dahin verließen 8,7 Prozent der jungen Bremer*innen die Schule ohne Abschluss, seitdem sind es in etwa 9,5 Prozent.
Diejenigen, die abgehen, kommen – so erklärt es Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) – vor allem aus drei Gruppen. Zum einen sind da jene mit schwierigem sozioökonomischem Hintergrund: Arbeitslosigkeit, Armut und Bildungsferne im Elternhaus führen verhältnismäßig häufig zu Schulabbrüchen. Zweitens betroffen sind Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Ihre Zahl an den Regelschulen ist in den letzten Jahren weiter gestiegen.
Die dritte Gruppe sind Menschen mit Migrationserfahrung. Die Abbruchquote ist tendenziell höher, wenn die Muttersprache im Elternhaus nicht Deutsch ist. Vor allem aber diejenigen, die erst als Jugendliche nach Deutschland geflüchtet sind, haben Probleme, hier in der Regelzeit ihren Abschluss zu machen.
Die Statistik zählt nicht überall gleich
Der Anstieg an fehlenden Schulabschlüssen zwischen 2018 und 2019 dürfte vor allem auf diese letzte Gruppe zurückzuführen sein: Ein Fünftel der Betroffenen habe zuvor nur ein einziges Jahr im deutschen Schulsystem verbracht, so die bildungspolitische Sprecherin der SPD, Gönül Bredehorst.
In manchen anderen Bundesländern werden junge Geflüchtete, die erst spät nach Deutschland kommen, gar nicht erst in Regelschulen aufgenommen – sie tauchen dann auch nicht in den Abbrecherquoten auf. Das Gleiche gilt für Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Bundesländern, die die Inklusion noch nicht vollständig umsetzen. Ein Teil der schlechten Zahlen ist also auf ein inklusiveres Schulsystem in Bremen zurückzuführen.
Es gebe, schließt Bredehorst in ihrem Redebeitrag, offenbar „komplexe soziale Herausforderungen, auf die wir zu weiten Teilen keinen Einfluss haben“. Das Grundproblem sei die „strukturelle Zusammensetzung der Bevölkerung Bremens“.
Berufsbildende Schulen fangen Einiges auf
Machtlos den äußeren Umständen ausgesetzt – ganz so sehen das die anderen Fraktionen nicht. Selbst die Koalitionspartner weisen auf Versäumnisse der Vergangenheit hin. Frühe Sprachförderung etwa habe man viel zu lang versäumt, kritisiert Christian Hupe von den Grünen das SPD-geführte Bildungsressort: Bereits 2019 hatte die Bürgerschaft den Senat mit einem Konzept beauftragt, erst jetzt im Juni hat der Senat für alle Kinder mit Förderbedarf ein verbindliches Kitajahr vor der Einschulung beschlossen.
Yvonne Averwerser kritisiert vor allem den Umgang mit Schulmeider*innen, auf die das System oft zu spät reagiere: „Es gibt zwar einen Maßnahmenkatalog, aber niemand hält sich daran, weil die Ressourcen fehlen“, so die CDU-Abgeordnete. Und Hauke Hilz von der FDP bemängelt, dass nicht erst seit der Fachkräftekrise, sondern schon seit 2009 Sozialarbeiter*innen an Schulen fehlten. „Damals scheiterte es dann am Geld.“
Immerhin ein Teil der Abgänger wird aufgefangen: Etwa ein Drittel von ihnen macht einen Abschluss an einer der Berufsbildenden Schulen nach. Ihren Anteil könnte man steigern, glaubt Sofia Leonidakis: „Das Recht auf Schulbesuch sollte es auch über das 18. Lebensjahr hinaus geben“, fordert die sozialpolitische Sprecherin der Linken. „Wer es bis dahin nicht geschafft hat, sollte im Übergangssystem bleiben dürfen.“
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