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Österreichische Unternehmer und RusslandAutogeschäfte mit einem Oligarchen

Trotz Sanktionen zeigen sich österreichische Unternehmer in Russland umtriebig. Das hat nach Einschätzung eines Experten auch mit der Regierung zu tun.

Siegfried Wolf im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss im April 2022 in Wien Foto: Manfred Fohringer/picture alliance

Wien taz | Umgehung der Russlandsanktionen oder doch alles super sauber? Keinen Verstoß gegen das Sanktionsregime verspricht der österreichische Oligarch Siegfried Wolf mit seinem geplanten Investment in Russland. Der Milliardär will das Werk des Herzogenauracher Auto- und Industriezulieferers Schaeffler im russischen Uljanowsk übernehmen, wie Der Spiegel in seiner jüngsten Ausgabe berichtet.

Laut dem Magazin sollen die Anteile erst an die russische Firma Prom Avto Consult gehen. In einem zweiten Schritt würde der Unternehmer Wolf, der im Aufsichtsrat von Schaeffler sitzt, das Werk übernehmen. Ein entsprechendes Abkommen soll bereits am 29. Dezember 2022 unterzeichnet worden sein. Der Kaufpreis für das Werk mit 150 Mitarbeitern habe 10 Millionen Euro betragen. Die russischen Behörden müssen wohl aber noch ihr Einverständnis für diesen Deal geben.

Siegfried Wolf ist kein Neuling auf dem russischen Markt. Seine Verbindungen zum Oligarchen Oleg Deripaska durch gemeinsame Geschäfte gehen Jahrzehnte zurück. Wolf ist seit Langem Liebkind der regierenden ÖVP, die ihn vor allem wegen seiner Russlandkontakte schätzte. Im Zuge der ÖVP-Korruptionsermittlungen stellte sich heraus, dass das ÖVP-geführte Finanzministerium dem Oligarchen über 600.000 Euro an Steuerschulden nachließ.

Laut Spiegel hat Roman Vovk, Geschäftsführer von Prom Avto Consult, bei einem Wirtschaftsberater von Russlands Präsident Wladimir Putin damit geworben, dass durch diesen Deal die von Schaeffler produzierten Teile in Fahrzeugen der russischen GAZ-Gruppe zum Einsatz kommen könnten – das würde auch für Modelle gelten, die im Krieg gegen die Ukrai­ne für den Transport von Truppen und schwerem Gerät eingesetzt würden. Das Gegenteil behauptete ein Schaeffler-Sprecher gegenüber der Presse: Durch den Verkauf an einen Europäer würde garantiert, dass das Sanktionsregime gegen den kommerziellen Autohersteller GAZ nicht unterlaufen werde.

40 Unternehmen sind in Russland geblieben

Nach Erscheinen des Spiegel-Berichts am Freitag stellte Wolf gegenüber österreichischen Medien in einer schriftlichen Stellungnahme klar, dass er den Russland-Ukraine-Krieg aufs Schärfste verurteile und er hoffe, „dass dieses damit verbundene sinnlose Blutvergießen so rasch wie möglich beendet wird“. Gegenüber der Tageszeitung Kurier fügte Wolf hinzu, er „unterstütze das Regime nicht“. Es sei „beschämend, dass man Tausende Leute weiter in den Krieg ziehen lässt“. Es sollten endlich die Diplomaten entsprechende Friedensgespräche führen, dafür seien sie ja da.

Warum ausgerechnet österreichische Unternehmer so wenig Berührungsängste mit Russland zeigen, erklärt der Ökonom Vasily Astrov vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) am Samstag im Ö1 Radio mit der heimischen Politik: „Teilweise hängt es damit zusammen, dass es auch relativ wenig Druck von der österreichischen Regierung gibt auf die Unternehmen, sich aus Russland zurückzuziehen.“ Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) verteidigte jüngst umstrittene Geschäfte der österreichischen Raiffeisenbank International (RBI) in Russland.

Von den 62 Unternehmen, die vor Beginn des Krieges in Russland aktiv waren, seien mindestens 40 in Russland geblieben, ohne dass sie Pläne geäußert hätten, ihre Geschäfte dort zu reduzieren.

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