Österreich und der Nationalsozialismus: Streit um Hitlers Haus beigelegt
Das Gebäude wird enteignet. Der Innenminister fordert den Abriss, um eine Nazipilgerstätte zu verhindern. Der könnte am Denkmalschutz scheitern.
Das Haus, in dem vermutlich am 20. April 1889 der dritte Sohn des Zollbeamten Alois Hitler und seiner Frau Klara geboren wurde, ist schon lange ein Ärgernis. Seit 1972 wird das Gebäude vom Innenministerium angemietet, das dafür monatlich 4.700 Euro an Miete überweist.
Zuletzt war es vom Verein Lebenshilfe, einer Interessenvertretung für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung, benutzt worden. Der Verein zog im Jahr 2011 aus. Aus Denkmalschutzgründen durfte das Gebäude nicht barrierefrei gemacht werden.
Der Denkmalschutz bereitet der Politik auch heute wieder Kopfzerbrechen. Denn als eine der möglichen Optionen steht der Abriss im Raum. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) sieht das weniger problematisch: „Meines Wissens ist das ein Denkmalschutz, der in der Nazizeit ausgesprochen wurde.“ Für ihn ist die Schleifung des etwa 200 Jahre alten Hauses die sauberste Lösung: „Weil die Republik verhindern möchte, dass das in irgendeiner Form zu einer Kultstätte der Neonazis wird.“
Konzerte und Mahnwachen der Antifa
Auch Gerhard Baumgartner, der Leiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands, will verhindern, dass das Haus zu einer Pilgerstätte für Neonazis wird. Er kann sich gut vorstellen, dass auf dem Platz, wo das Hitler-Haus steht, ein Supermarkt gebaut wird. Der gebe kein Fotomotiv ab. Baumgartner sieht nämlich europaweit einen verstärkten Trend, nach Braunau zu reisen.
Jedes Jahr am 20. April veranstalten antifaschistische Gruppen vor dem Haus Konzerte und Mahnwachen, um zu verhindern, dass NS-Nostalgiker von der rechten Pilgerstätte angezogen werden. Sie können allerdings nicht verhindern, dass immer wieder vor allem Besucher aus Deutschland vor dem Haus den Arm zum Hitlergruß erheben.
Der Innsbrucker Historiker Andreas Maislinger versucht seit Jahren, Anhänger für seine Idee zu gewinnen, das Hitlerhaus in ein „Haus der Verantwortung“ umzuwandeln.
Die Politik spielt derweil zunächst auf Zeit. Damit die Enteignung stattfinden kann, muss im Herbst noch ein entsprechendes Gesetz verabschiedet werden. Bis dahin, so hofft man, wird eine Historikerkommission einen Bericht mit brauchbaren Vorschlägen vorlegen.
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