Ökonomie und Sicherheit im Sahel: Das Gold von Burkina Faso
Eine funktionierende Strategie gegen den Terror in Ländern wie Burkina Faso wäre es, Perspektiven für die Menschen zu schaffen.
W er weiß schon, dass Burkina Faso ein wichtiger Goldproduzent ist? Der bitterarme Sahelstaat an der Frontlinie der internationalen Terrorismusbekämpfung hat seine Wirtschaft in den vergangenen zwölf Jahren komplett umgebaut, vom kolonialen Erbe des Baumwollanbaus hin zur Goldförderung, seit Jahrhunderten den Bevölkerungen der Region vertraut.
Was einst eine Domäne der informellen Wirtschaft war, mit dem Schürfen als parallele Einkommensquelle für die Landjugend in Zeiten von Dürre und Mangel, hat sich im Laufe der Jahre mit tatkräftiger Hilfe ausländischer Investoren zu einem global vernetzten Industriezweig entwickelt. Burkina Faso war schon während der westafrikanischen Kriege der 1990er Jahre und dann während des Bürgerkriegs in der Elfenbeinküste in den 2000er Jahren ein Transitland für Goldschmuggel – heute ist es einer der größten legalen Goldexporteure Afrikas. Für Burkinas Volkswirtschaft ist das gut, für viele Menschen weniger, da der traditionelle artisanale Goldbergbau, der immer ohne Legalität auskam, ausgegrenzt und kriminalisiert wird.
Es ist sicher kein reiner Zufall, dass die Unterdrückung der informellen Goldschürferei in Burkina Faso zeitlich und räumlich Überschneidungen mit dem Aufblühen islamistischer Protestbewegungen aufweist, auch wenn ein direkter Zusammenhang schwer nachzuweisen ist und bewaffnete islamistische Gruppen eigentlich eine ganz andere Agenda verfolgen. Dass die bewaffneten Islamisten sich jetzt den industriellen Bergbau zum Ziel nehmen, ist aber nur folgerichtig.
Es gehört zum Diskurs der Terrorbekämpfung, jede Rohstoffausbeutung außerhalb staatlicher Kontrolle, auch das Goldschürfen, in die Nähe der Terrorfinanzierung zu rücken und damit pauschal genau jene Bevölkerungen zu kriminalisieren, die man vorgeblich vor den Terroristen schützen will. Eine funktionierende Strategie gegen den Terror in Ländern wie Burkina Faso, Mali oder Nigeria müsste die wirtschaftliche Verfasstheit dieser Länder mit einbeziehen. Das Herstellen von Sicherheit bedeutet in letzter Instanz das Herstellen von Lebensperspektiven. Die Ökonomie des Goldes von Burkina Faso wäre da ein guter Anfang.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren