Ökomarke beim Discounter: Bioland gibt Lidl sein Siegel
Lidl verkauft bald Milch von Biobauernverband-Mitgliedern. Fachhändler kritisieren, dass die Ware weiter umweltschädlich erzeugt wird.
Deutschlands größter Ökobauernverband, Bioland, hat sich mit Lidl verbündet. Der Marktführer der Discounter kündigte am Donnerstag an, einen großen Teil seiner Öko-Eigenmarke auf Bioland-Ware umzustellen: „Bereits ab November 2018 werden in Deutschland einzelne Bioland-Produkte wie Äpfel, Kresse und Gartenkräuter bundesweit erhältlich sein.“
Ab Januar folgten fast alle Molkereiprodukte, Mehl, Kartoffeln und dann weitere Obst- und Gemüseartikel. „Wir wollen unser Biosortiment gemeinsam mit Bioland schrittweise erweitern“, erklärte Lidl. Bisher bietet die Kette unter dem grünen Bioland-Siegel nur Käse mit der Marke der Molkerei BMI an. Streitigkeiten zwischen Lidl und Bioland-Lieferanten soll künftig eine Ombudsstelle schlichten.
Der Deal könnte ein Dammbruch sein: Es ist das erste Mal, dass ein renommierter Ökoverband seine Hauptmarke für die billige Eigenmarke eines Discounters zur Verfügung stellt. Biolands guter Ruf rührt auch daher, dass er maßgeblich zum Aufbau der Biobranche in Deutschland beigetragen hat. Seine mehr als 7.300 Landwirte, Gärtner, Imker und Winzer müssen sich an Richtlinien halten, die strenger sind als der gesetzliche Mindeststandard für den Ökolandbau.
Ein zentrales Ziel sind laut Bioland „faire Preise“ für die Bauern. Zu seinen über 1.000 Partnern zählen neben Herstellern auch Biofachhändler. Lidl dagegen hat das typische Discounterimage: Hauptsache billig, ständige Kritik an den Arbeitsbedingungen, gnadenloser Preisdruck auf die Erzeuger. Bisher ist sein Biogeschäft im Vergleich zu anderen Discountern wie Aldi klein.
Bioland könnte seinen Umsatz steigern
„Ich hätte nichts dagegen, Lidl zu enteignen, aber im Moment ist Lidl halt überall“, sagt Bioland-Imker Michael Grolm, der in der Vergangenheit seinem Verband vorgeworfen hat, sich zu stark agrarindustriellen Betrieben zu öffnen. „Die Kooperation wird ermöglichen, dass mehr Bauern auf Bio umstellen.“ Zumindest die derzeitigen Vertragsbedingungen seien gut für die Landwirte.
Der grüne Europaabgeordnete Martin Häusling, der selbst Bioland-Bauer ist, lehnt den Deal ab: „Wer so eine Marktmacht hat wie Lidl, bestimmt am Ende die Preise.“ Bioland mache sich abhängig von einem großen Abnehmer, der den Verband unter Druck setzen könne. Denn auch Bioland sei „schnell austauschbar“, so Häusling.
„Discounter erzielen ihre Einnahmen zum ganz überwiegenden Teil mit Produkten, die unter Einsatz von Pestiziden entstehen“, kritisierte Elke Röder, Geschäftsführerin des Bundesverbands Naturkost Naturwaren. Im von ihm vertretenen Fachhandel dagegen fließe das Geld in eine umweltfreundliche Landwirtschaft.
Die Kooperation könnte Lidl helfen, sein Renommee zu verbessern. Bioland könnte seinen Umsatz steigern, da seine Produkte nun in allen 3.200 deutschen Lidl-Filialen stark vertreten sein werden. Wahrscheinlich werden mehr Bauern auf Bio und Bioland umstellen.
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