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Ökologe über dieselfreie Innenstadt„In Madrid sterben 2.000 Menschen“

Dieselfrei? Geht doch nicht? Die Bürgermeisterin von Madrid findet: doch. Und zwar schon 2025. Wie das gehen soll, erklärt der Ökologe Paco Segura.

Gedieselt wird nicht: Innenstadt in Madrid Foto: Imago / Ecomedia / Robert Fishman
Reiner Wandler
Interview von Reiner Wandler

Herr Seguro: Madrid ist neben Paris, Athen und Mexico City eine von vier Städten, die ab 2025 frei von Dieselfahrzeugen sein wollen. Was bringt das?

Paco Segura: Wenn dies tatsächlich umgesetzt wird, wird sich die Luftqualität entscheidend verbessern. Madrid hat ein schweres Problem was die Verunreinigung der Luft durch Stickoxide angeht. Und die Stickoxide stammen hauptsächlich vom Dieselverkehr. Seit 2010 die dazugehörigen EU-Richtlinien in Kraft sind, verfehlt Madrid Jahr für Jahr das Ziel. Es drohen hohe Bußgelder der EU. Um die Luft zu verbessern und um die drei Millionen Madrilenen zu schützen, geht es wohl nicht ohne drastische Maßnahmen.

Jetzt ist von 2025 die Rede. Ist das nicht ein Schritt zurück? Das Rathaus wollte bisher den Verkehr weitgehend bereits im Jahr 2020 einschränken.

Dieselfrei 2025 ist ein langfristiger Plan. Das heißt nicht, dass die Stadt bis dahin auf andere unumgängliche Maßnahmen wie die schrittweise Einschränkung des Verkehrs im Stadtzentrum und die Restriktion besonders stark kontaminierender Fahrzeuge verzichten kann. Das eine schließt das andere nicht aus.

Genügt es, den Dieselverkehr aus der Stadt zu verbannen, oder müsste nicht der gesamte Verkehr mit Verbrennungsmotoren aus den Städten verboten werden?

Mittelfristig müssen wir den gesamten Verkehr mit Verbrennungsmotoren aus den Städten verbannen, Diesel und Benziner. Aber am dringlichsten, da sie die Luft am stärksten belasten, sind die Dieselfahrzeuge.

Im Interview: Paco Segura

Chefkoordinator der spanischen Umweltschutzorganisation Ecologistas en Acción. Der 55-jährige Biologe ist Fachmann für Mobilität.

Was geschieht mit den Zulieferfahrzeugen? Die fahren fast alle mit Diesel.

Den Zulieferern muss eine Frist gesetzt werden, in denen sie auf weniger schädliche Fahrzeuge, zum Beispiel mit Elektromotoren, umstellen können. Außerdem muss das gesamte System der Be- und Entladung innerhalb der Stadt überdacht werden, um den Verkehr zu rationalisieren. Privatverkehr lässt sich wesentlich einfacher einschränken. Bereits jetzt haben wir in Madrid ganze Stadtteile, in denen nur noch Anwohner fahren dürfen. Diese Zonen müssen umgehend ausgeweitet werden.

Und was passiert mit den Anwohnern, die ein Dieselfahrzeug haben? Die können doch nicht einfach gezwungen werden dies zu verschrotten?

taz.am wochenende

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Das ist relativ. Der Staat kann Steuern auferlegen und andere Maßnahmen durchsetzen, wie zum Beispiel das Rauchverbot in geschlossenen Räumen. Es geht darum Vorteile und Nachteile abzuwägen. Es geht um die Gesundheit der Bevölkerung. In Madrid sterben jährlich mehr als 2.000 Menschen durch die schlechte Luft, die wir hier atmen. Das ist ein schwerwiegendes Problem, das wir in Angriff nehmen müssen. Wenn der Verkehr mit Verbrennungsmotoren verboten werden muss, dann wird er verboten. So einfach ist das. Du kannst ja auch nicht einfach im Park ein Lagerfeuer machen. Diese Politik muss gut erklärt werden.

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6 Kommentare

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  • In 10 Jahren und das wo noch nicht mal wirklich taugliche elektrisch betriebene PKWs auf dem Markt sind.

  • Es ist ein sehr umstrittenes Thema in Madrid. Fast alle Medien sind dagegen, den Verkehr im Stadtzentrum einzuschränken. Die Bürgermeisterin Manuela Carmena hat es sehr schwer, drastische Maßnahmen zu ergreifen.

     

    *Es gibt einen Fehler im Beitrag: der Nachname von dem Ökologen ist „Segura" (statt „Seguro ")

    • Lalon Sander , Autor*in , Datenjournalist
      @Justo Fedorov:

      Danke für den hinweis. Wir haben den Artikel korrigiert.

  • "Wenn der Verkehr mit Verbrennungsmotoren verboten werden muss, dann wird er verboten"

     

    Lagerfeuer - verboten

     

    Alles verbieten aber zackig - "Ecologistas en Acción" nennt sich das dann...

  • Die Antworten auf die letzten beiden Fragen sind so ähnlich, das wirkt seltsam... als ob das Interview stark überarbeitet wäre. Oder hat der tatsächlich genau dieselben Sätze zweimal gesagt?

    • @Florian S. Müller:

      Das ist mir auch aufgefallen. Da aber die dazugehörigen Fragen auch fast gleich sind, ist es wohl nur folgerichtig, sie beinahe gleich zu beantworten. Aber als Leser fragt man sich: Was wurde wirklich gesagt? Was war tatsächlich gemeint?