Ökokonferenz in Ruanda: Es geht nicht um die Menschen

Die Ziele der Naturschutzkonferenz im ruandischen Kigali sind ambitioniert. Doch das westliche Konzept unberührter Parks passt nicht zu Afrika.

Maasai-Frauen in ihren typischen Gewändern stehen im Masai Mara Nationalpark

Masai Mara Nationalpark in Kenia Foto: Klaus blume/dpa

Seit einem halben Jahrhundert versprechen Naturschützer immer wieder, die Menschen ins Zentrum des Naturschutzes zu stellen. Auch auf dem ersten afrikanischen Biodiversitätskongress, der vergangene Woche in Ruandas Hauptstadt Kigali stattgefunden hat, ging es darum.

Doch afrikanische Naturschützer zweifeln an der Ernsthaftigkeit. Die jüngsten Ereignisse in Tansania, wo rund 160.000 Maasai gewaltsam vertrieben wurden, sowie die brutalen Übergriffe der Wildhüter des Kahuzi-Biega-Nationalparks im Ostkongo gegen die Batwa zeigt, wie sehr die Indigenen zu Opfern werden.

Die westlichen Industriestaaten wollen bis zum Jahr 2030 rund 30 Prozent des Planeten unter internationale Naturschutzregeln stellen. Dafür sollen vor allem im afrikanischen Kongobecken bestehende Nationalparks erweitert und neue gegründet werden.

Dass man mit Naturschutz nichts falsch machen kann, ist in Europa und Nordamerika eine weit verbreitete Ansicht, die den Blick auf ein großes Problem vermeidet: Den ärmsten Gemeinden einen Großteil ihres fruchtbaren Ackerlandes wegzunehmen, führt automatisch zu Konflikten. Westliche Geber bemühen sich, beim Kampf gegen die Wilderei Afrikas Naturschutzbehörden und deren Ranger fit zu machen. Die Bestände der gefährdeten Tiere erholen sich. Doch gleichzeitig nehmen die Konflikte mit der Bevölkerung zu, weil den Wildhütern von westlichen Ratgebern beigebracht wurde, Menschen als Feinde zu betrachten.

Westliche Naturschutzansätze bestehen bislang auf dem Prinzip der menschenleeren Nationalparks. Dies ist der Forderung, Menschen ins Zentrum zu stellen, diametral entgegengesetzt. Afrikanische Naturschützer, wie Samuel Nguiffo aus Kamerun, fordern: „Wir müssen auf traditionelle Naturschutzansätze zurückgreifen und den Gemeinden rund um die Schutzgebiete die Hoheit über deren Verwaltung geben.“ Doch westliche Geber und deren Naturschutzorganisationen bevorzugen es, die Nationalparks hochzurüsten, um die Schutzgebiete genau gegen die Menschen zu verteidigen, die eigentlich die Lösung des Problems sind.

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Simone Schlindwein, Jahrgang 1980, lebt seit 2008 in Uganda und ist taz-Korrespondentin für die Region der Großen Seen: DR Kongo, Ruanda, Burundi, Uganda, Zentralafrikanische Republik, Südsudan. Von 2006 bis 2008 war sie u.a. Moskau-Korrespondentin des Spiegel. Für ihre Arbeit wurde sie u.a. mit dem Journalistenpreis »Der lange Atem« sowie dem Otto-Brenner-Preis ausgezeichnet. Zuletzt veröffentlichte sie die Bücher »Diktatoren als Türsteher Europas« (mit Christian Jakob) und »Tatort Kongo« (mit Dominic Johnson und Bianca Schmolze).

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