Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Zurück in den Zukunftsrat
Ein neues Gremium soll die Zukunft von ARD und ZDF bestimmen. Doch was bisher darüber bekannt ist, macht wenig Hoffnung.
E x-Bundesbanker Johannes Beermann schrieb neulich zum Wechsel in den gut bezahlten Ruhestand „Ich bin sehr dankbar, dass ich meinem Land mehr als dreißig Jahre an verschiedenen Stellen dienen durfte, jetzt ist es aber auch genug.“ Und schon da ward an dieser Stelle geunkt, dass es damit nicht weit her sein dürfte.
Denn wie der unbestechliche Tiefenrechercheur Volker Nünning im Fachdienst Medieninsider berichtet, soll der ehemalige sächsische Staatskanzleichef und medienpolitische CDU-Schwergewichtler Beermann im „Zukunftsrat“, der bald berufen werden soll, über die künftigen Geschicke von ARD und ZDF entscheiden. Der Zukunftsrat soll die Rundfunkkommission der Länder bei der anstehenden Großreform der öffentlich-rechtlichen Medien beraten.
Die Länder zerren ganz nach alten Parteilinien um den Einfluss im Haifischbecken. Die CDU will auch Peter Michael Huber haben. Der war bis Januar Verfassungsrichter und davor Innenminister im damals noch CDU-regierten Thüringen. Beide gelten als, nein, sind Hardliner. Allerdings dürften sie bei ihrer Klientel gut ankommen. Beermann hat schon zu seiner Zeit in Sachsen die „AG Beitragsstabilität“ ins Leben gerufen, die dafür sorgen sollte, dass der Rundfunkbeitrag nie wieder steigt.
Doch es geht nicht in erster Linie um die Bezahlung, sondern um die Zukunft. Also um neue Visionen, Ideen, Mut und Entschlossenheit. Alte Schlachten zu schlagen ist auch bei zu vielen Intendant*innen immer noch eine Lieblingsbeschäftigung. Das bringt die Öffentlich-Rechtlichen aber überhaupt nicht weiter. Bei aller Kritik an Major Tom. Aber das hat WDR-Chef Buhrow mit seinem runden Tisch nicht gemeint.
Immerhin hat die Union auch Ex-RTL-Chefin Anke Schäferkordt nominiert. Sie hat in einem früheren Leben als Vox-Vorsitzende gezeigt, dass sie eine ganze Menge von Public Value versteht. Selbst wenn der durch Werbung verdient werden muss. Gleiches gilt für den ehemaligen Zeit- und Schweizer-Rundfunk-Boss Roger de Weck.
Alle diese Menschen sind allerdings 60+. Ist die Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen also nur was für ältere Semester „Ja, das wird die neue Zukunft. Das Erste wird durch ARD senior ersetzt“, sagt die Mitbewohnerin. Und auch die SPD-Länder sagen nein.
Doch wirklich disruptive Kandidat*innen finden sich auch bei ihren Vorschlägen nicht. Dafür immerhin drei Frauen, neben der ehemaligen G+J-Chefin Julia Jäkel, 51, Publix-Erfinderin Maria Exner, 38, und die Journalistikprofessorin Annika Sehl, 41. Komplettiert werden soll der Zukunftsrat durch den Medienrechtler Mark D. Cole, 51. Zukunftsweisend ist das auch nicht. Hinter den Kulissen doktern die Länder also weiter mit alten Hüten an einem ziemlich eingebildeten Kranken herum. Schöne Zukunft!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren