Obdachlosencamp an der Frankfurter Allee: Der Umzug ist nicht sicher
Das Obdachlosencamp auf dem Containerbahnhof soll laut Bahn „ab Montag“ geräumt werden. Der Bezirk spricht lieber von einem „baldigen Umzug“.
Aus der Pressestelle der Bahn hieß es allerdings dazu am Sonntag, man werde „ab Montag, 14. Juni, die Fläche in Abstimmung mit allen Behörden und Institutionen räumen.“ Auch die Berliner Obdachlosenhilfe mobilisiert für Montagmorgen ab 7.30 Uhr zu einer Protestaktion gegen die Räumung zum Containerbahnhof 1 hinter dem Ring-Center.
Mit der Formulierung „ab Montag“ hielt sich die Bahn am Wochenende allerdings noch ein Zeitfenster offen. Ob tatsächlich eine harte Räumung am Montag stattfinden wird, ist also weiter unklar. Mildner-Spindler hält das für wenig wahrscheinlich: „Die Gespräche mit der Stadtmission über einen Umzug der Menschen sind sehr weit gediehen.“
Er rechne damit, dass die Menschen auf der Brache „sehr zeitnah“ auf ein benachbartes Gelände der Stadtmission an der Frankfurter Allee umziehen könnten. Der Vertrag mit der Stadtmission sei auch bereits unterschrieben. Dort solle nun mittelfristig ein Safe Place für obdachlose Menschen entstehen – also ein geschützter Raum, in dem Obdachlose vor Verdrängung sicher sind. Einen weiteren Safe Place plant der Bezirk Lichtenberg perspektivisch auf der kleinen Grünfläche an der Ecke Gürtelstraße/Frankfurter Allee.
Das Konzept der Safe Places, eine zwei Jahre alte Idee von Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke), war auch Thema auf der jüngsten Strategiekonferenz zur Wohnungslosenhilfe der Senatsverwaltung für Soziales in der vergangenen Woche. Auch das Gelände des alten Containerbahnhofs war für so einen Safe Place im Gespräch. Allerdings wiegelt die DB ab: Man brauche die Fläche „für anstehende Baumaßnahmen“, so ein Konzernsprecher. Die Räumung des „illegalen Zeltlagers“ sei alleine „aus Sicherheitsgründen“ und wegen fehlendem Brandschutz unausweichlich.
Misstrauen gegen den Bezirk
Auf Seiten der Hilfsorganisationen und UnterstützerInnen ist man indes misstrauisch, was die Ankündigungen des Bezirks hinsichtlich einer gütlichen Einigung mit allen Beteiligten angeht: „Es gibt vom Bezirk nur die Zusicherung, dass maximal sechs Menschen auf das Gelände der Stadtmission umziehen dürfen“, sagt Frieder Krauß von der Obdachlosenhilfe. Insgesamt lebten aber mindestens 30 Menschen auf der Brache. „Die Leute sind extrem verunsichert.“
Frieder Krauß, Obdachlosenhilfe
Das BesetzerInnen-Kollektiv DieselA erklärte sich ebenfalls solidarisch mit den Obdachlosen an der Frankfurter Allee und schrieb in einem Offenen Brief an Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne): „Sichern Sie den Bewohner*innen heute noch schriftlich zu, dass sie entweder auf das Gelände der Stadtmission ziehen können, wenn sie das möchten, oder auf der Platte unbehelligt gelassen werden, oder sofortig eine gute alternative Fläche erhalten.“
Die AktivistInnen dürften da auch die Räumungsaktion an der Rummelsburger Bucht im Februar noch in Erinnerung haben: Damals hatte das Lichtenberger Bezirksamt quasi über Nacht – und unter Verweis auf die heftigen Minusgrade – angeordnet, das Obdachlosencamp polizeilich zu räumen. Eine alternativer Ort wurde zwar angeboten, doch viele Menschen verloren ihr Hab und Gut.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Verfassungsrechtler für AfD-Verbot
„Den Staat vor Unterminierung schützen“