Nuklear-Exporte aus Deutschland: Atompolitisch gescheitert

Die Bilanz der Groko ist mäßig. Nach der Wahl braucht es darum dringend einen neuen Anlauf, um den deutschen Atomausstieg zu vollenden.

Das Schweizer Atomkraftwerk Leibstadt

Das Schweizer Atomkraftwerk Leibstadt wurde im Dezember mit Brennelementen aus Lingen beliefert Foto: Andreas Haas/imago

Wenn es noch ein Argument gebraucht hat, um die Brennelementefabrik im niedersächsischen Lingen zu schließen, dann hat der französische Betreiberkonzern Framatome ihn jetzt selbst geliefert: Indem er trotz eines laufenden Widerspruchsverfahrens, das auch nach Ansicht des Gerichts eine aufschiebende Wirkung hat, im Dezember Brennelemente ins Schweizer Atomkraftwerk Leibstadt lieferte, hat er gezeigt, dass er sich an rechtsstaatliche Regeln nicht gebunden fühlt.

Umso bedauerlicher ist es, dass die schwarz-rote Bundesregierung ausgerechnet jetzt ihr Scheitern eingestehen muss, die Belieferung grenznaher Uralt-Reaktoren von Deutschland aus zu unterbinden. Trotz Zusage im Koalitionsvertrag wird aus diesem Plan nichts.

Denn die rechtlich mögliche komplette Schließung (die über den Koalitonsvertrag hinausgegangen wäre), war mit der Union nicht zu machen. Und Exporte nur in bestimmte AKWs zu verbieten, wäre rechtlich wohl so riskant gewesen, dass das SPD-geführte Umweltministerium seinen eigenen Gesetzentwurf nun zurückzieht. Für einen neuen Anlauf reicht nun die Zeit bis zur Bundestagswahl nicht mehr.

Atompolitisch ist die Bilanz der letzten Jahre damit mäßig. Zwar wird die Nutzung der Atomkraft in Deutschland Ende nächsten Jahres wohl wie geplant vorbei sein, wenn die letzten verbliebenen Reaktoren vom Netz gehen. Aber an der Leerstelle dieses Ausstiegs – den Atomfabriken in Lingen und Gronau, die ausländische AKWs beliefern – hat sich nichts geändert. Denn die Union steht bei diesem Thema fest an der Seite der Industrie, und die Sozialdemokraten haben nicht genug Druck ausgeübt, um das zu ändern.

Dass derzeit trotzdem weniger Transporte rollen, liegt vor allem an den Klagen von Umweltverbänden. Eine Dauerlösung kann dieses Outsourcen politischer Probleme an Zivilgesellschaft und Justiz aber nicht sein. Nach der Wahl braucht es darum dringend einen neuen und entschlosseneren Anlauf, um den deutschen Atomausstieg zu vollenden. Gründe dafür gibt es jetzt mehr denn je.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.