Brennelement-Fabrik Lingen: Gericht erlaubt Atom-Exporte

Trotz Widerspruchsverfahren dürfen Brennelemente ins Ausland geliefert werden. Denn von den Exporten geht laut Gericht kein unmittelbares Risiko aus.

Werkstor der Brennelement-Fabrik Lingen

Ab jetzt dürfen Brennelemente aus Lingen wieder legal nach Doel und Leibstadt exportiert werden Foto: Friso Gentsch/dpa

Berlin taz | Im Streit über Exporte aus der Brennelementfabrik im niedersächsischen Lingen in ältere, ausländische Atomkraftwerke in Grenznähe hat der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) eine Niederlage erlitten. Das Verwaltungsgericht Frankfurt hat am Freitag entschieden, dass trotz eines laufenden Widerspruchsverfahrens weiterhin Exporte ins Schweizer Atomkraftwerk Leibstadt stattfinden dürfen. Der Verband hatte den Widerspruch mit der Gefahr begründet, die von dem Atomkraftwerk auch für Menschen in Deutschland ausgeht.

Doch mit dieser Gefahr setzte sich das Gericht nicht auseinander. Es erklärte die Exporte aus rein formellen Gründen für zulässig: Als klageberechtigter Verband könne der BUND zwar juristisch gegen Vorhaben vorgehen, von denen eine Verschlechterung des Umweltzustands zu erwarten sei. Doch die Ausfuhr von Brennelementen ist nach Ansicht des Gerichts kein solches „Vorhaben“, weil diese selbst keine direkten Umweltauswirkungen habe. Die vorgebrachte Gefahr des AKW-Betriebs werde „durch den Export nur mittelbar hervorgerufen“, heißt es in der Begründung der Entscheidung.

Bereits im Dezember waren weitere Widersprüche gegen Brennelement-Exporte aus Lingen zurückgewiesen worden, damals mit der Begründung, dass sie von Einzelpersonen vorgebracht worden waren, die nicht klageberechtigt sind. Mit der jüngsten Entscheidung steht nun bis auf Weiteres fest, dass auch klageberechtigte Verbände die Exporte nicht auf juristischem Weg aufhalten können. Die Entscheidung dürfte sich auch auf ein weiteres Widerspruchsverfahren auswirken, das Exporte von Lingen ins belgische AKW Doel betrifft.

Der BUND äußerte sich enttäuscht, dass die Gefahr, die vom AKW Leibstadt ausgehe, im Verfahren keine Rolle gespielt habe. „Die Folge ist nun, dass in diesem sensiblen Bereich des gesellschaftlichen Lebens, nämlich dem Atomrecht, eine Behördenentscheidung ergehen darf, die von niemandem juristisch angefochten werden kann – egal wie fehlerhaft sie auch ist“, kommentierte die Geschäftsführerin des BUND Baden-Württemberg, Sylvia Pilarsky-Grosch. Der BUND kündigte an, in den nächsten Tagen über das weitere Vorgehen zu entscheiden.

Das Bundesumweltministerium betonte auf Anfrage, die Entscheidung berühre nicht das Recht des BUND, „seine Klagebefugnis in einem Hauptsacheverfahren abschließend klären zu lassen“. Das Ministerium hatte zuvor versucht, Exporte in alte, grenznahe AKWs gesetzlich verbieten zu lassen, war damit aber gescheitert. Hier müsse nun ein neuer Anlauf unternommen werden, forderte Matthias Eickhoff vom Bündnis Münsterland gegen Atomanlagen, das den Widerspruch gegen die Doel-Exporte unterstützt. „Jetzt muss endlich politisch gehandelt werden“, forderte er.

Strafrechtliche Frage noch offen

Betreiber Framatome kündigte an, auf Grundlage der Entscheidung nun die Transporte nach Leibstadt und Doel wieder aufzunehmen. Nicht direkt von der Entscheidung berührt ist dagegen die juristische Auseinandersetzung über vergangene Transporte: Weil Framatome schon vor der Entscheidung vom Freitag mehrere Transprote nach Leibstadt und Lingen durchgeführt hatte, sind Strafanzeigen gegen das Unternehmen erstattet worden. Auch das Umweltministerium hatte eine juristische Überprüfung dieser Transporte angekündigt.

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