Nordkorea und Südkorea: Frau Park und Kims Bombe
Park Geun Hye wird Südkoreas erste Präsidentin. Zu Nordkorea will sie Vertrauen aufbauen, doch dessen Machthaber Kim Jong Un glaubt das nicht.
Zwischen Seoul und Pjöngjang sind die Beziehungen spätestens seit Nordkoreas Atomtest vom 12. Februar auf einem Tiefpunkt. Weil die südkoreanische Regierung in Seoul schärfere internationale Sanktionen forderte, drohte Nordkorea dem Süden gar mit „endgültiger Zerstörung“.
Zugleich begann Südkorea zugleich mit US-Truppen mehrwöchige Manöver mit zehntausenden Soldaten. In dieser Atmosphäre bekommt Südkorea am Montag mit Park Geun Hye erstmals eine Frau als regierendes Staatsoberhaupt. Ausgerechnet die konservative Politikerin hat gegenüber dem Norden eine „Politik des Vertrauens“ versprochen.
Dabei kennt die künftige Präsidentin und älteste Tochter des früheren Diktators Park Chung Hee die Gefährlichkeit des nördlichen Regimes aus eigener Erfahrung. Bei einem Nordkorea zugeschriebenen Attentatsversuch auf ihren Vater wurde 1974 im Nationaltheater in Seoul ihre Mutter erschossen. Von da an diente die Tochter bei offiziellen Anlässen als First Lady, bis ihr Vater 1979 von seinem Geheimdienstchef getötet wurde.
Die im Koreakrieg (1950–1953) geborene Park hat gegenüber dem stalinistischen Regime in Nordkorea nie Rachegefühle gezeigt, sondern favorisiert einen konstruktiveren Kurs als der jetzt aus dem Amt scheidende Präsident Lee Myung Bak. Der wollte Nordkorea zur Aufgabe seines Atomprogramms zwingen.
Atomprogramm nach Sonnenscheinpolitik
Lees liberale Vorgänger hatten das Stillhalten der Hunger leidenden Diktatur mit Milliarden an Hilfen und Investitionen erkauft. Als Lee diese „Sonnenscheinpolitik“ beendete, antwortete das Regime in Pjöngjang mit militärischen Provokationen und dem Ausbau seines Atomprogramms – zur inneren Rechtfertigung seiner „Militär zuerst“-Politik braucht es ohnehin eine feindliche Stimmung.
Der Termin: Am Montag wird Park Geun Hye ins Amt der Präsidentin Südkoreas eingeführt. Die 61-jährige Konservative löst Lee Myung Bak ab, der seit 2008 an der Spitze des Staates stand.
Die Person: Park Geun Hye wuchs im Blauen Haus – dem Präsidentenpalast in Südkoreas Hauptstadt Seoul – als Tochter des langjährigen Diktators Park Chung Hee auf. Nun kehrt sie als Staatschefin dorthin zurück. Sie ist laut Historikern die erste Frau seit mehr als einem Jahrtausend, die in Korea regiert.
Die bilateralen Kontakte wurden auf ein Minimum reduziert, die Spannungen größer, weshalb sich Park im Wahlkampf von Lee abgrenzte – der wie sie der konservativen Partei angehört. Sie versprach, mit Nordkorea gegenseitiges Vertrauen aufzubauen, und stellte ihren Kurs als Mittelweg zwischen der als Appeasement kritisierten Sonnenscheinpolitik und Lees harter Linie dar.
Zwar sagte Park auch, dass es an Südkoreas Verteidigungsbereitschaft sowie dem Bündnis mit den USA keinen Zweifel geben könne. Doch ist sie bereit, selbst in den Norden zu reisen. Schon 2002 hatte sie den damaligen Machthaber Kim Jong Il in Pjöngjang besucht. Die Diktatorentochter aus dem Süden traf also den Sohn des Gründungsdiktators und Übervaters Kim Il Sung aus dem Norden, der, zumindest nach Südkoreas Lesart, den Tod ihrer Mutter zu verantworten hatte.
Park: Unverheiratet, kinderlos
Die 61-jährige Park gilt als spröde und unnahbar. Sie ist unverheiratet und kinderlos, was im konfuzianischen Korea auch heute noch als Nachteil gilt, vor allem in konservativen Kreisen. Doch die sehen in ihr vor allem die Tochter von Park Chung Hee, den sie als starken Führer und Vater des südkoreanischen Wirtschaftswunders verehren.
Diesen und viele weitere spannende Texte lesen Sie in der sonntaz vom 23./24. Februar 2013. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz
Genau diese Abstammung ist für liberale Kräfte, die von Parks Vater politisch verfolgt wurden, inakzeptabel. Denn Park hat sich erst spät und für Liberale wenig glaubhaft von der Diktatur distanziert. Schon seit Jahren ist im Land eine politische Spaltung der Generationen zu beobachten. Jetzt wurde Park überwiegend von Älteren gewählt, während die Jüngeren ihren liberalen Gegenkandidaten bevorzugten, ein Kind nordkoreanischer Flüchtlinge.
Trotzdem ist Park moderater und nüchterner als ihr Vorgänger Lee. Seit er ihr bei der Präsidentschaftswahl 2007 die Kandidatur vor der Nase wegschnappte und statt ihrer ins Blaue Haus einzog, sind die beiden verfeindet. Und jetzt sorgen Lee und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un dafür, dass Parks Bemühen um Vertrauen schwierigste Startbedingungen hat.
Aidan Foster-Carter von der Universität Leeds, einer der führenden europäischen Korea-Experten, sieht nach Nordkoreas Atomtest für Park „kaum realistische Möglichkeiten, die angekündigte Politik umzusetzen“.
Kim: lässt sich nicht abbringen
Mit dem Atomtest zeigte Nordkoreas Kim, dass ihn weder Lees Härte noch Parks Versprechen davon abhalten, sein Regime mit Atomwaffen abzusichern. Lee sagte kürzlich, Nordkorea sei nicht ohne Führungswechsel vom Atomprogramm abzubringen. Es sei „unmöglich, Nordkorea durch Dialog und Verhandlungen von der Aufgabe seiner Atomwaffenpläne zu überzeugen“. Das Regime könne nur gestürzt werden.
„Zwar könnte Lee damit sogar Recht haben“, sagt Foster-Carter, doch sei das Regime in Pjöngjang erstaunlich stabil, selbst zwei Führungswechsel hat es überstanden. Und Lees Äußerungen dürften Kims Misstrauen gegenüber Südkoreas Konservativen nur bestätigen.
Mit dem Atomtest wurde Park noch vor ihrem Amtsantritt gezwungen, die harte statt die konstruktive Seite ihrer Politik zu betonen. Pjöngjang habe einen Preis für die Provokationen zu zahlen, sagte Park; schärfere Sanktionen befürwortet sie auch. „Selbst mit einem vierten oder fünften Atomtest wird Nordkorea keine Verhandlungsmacht gewinnen“, sagt sie. Weitere Tests würden nur zur Verschwendung von Ressourcen und zum Zusammenbruch des Nordens beitragen.
Foster-Carter findet es trotzdem ermutigend, dass Park als – für Nordkorea zuständigen – Vereinigungsminister einen moderaten, konstruktiven Wissenschaftler nominierte. Der sei von einer Politik der Vertrauensbildung überzeugt, sagt Foster-Carter.
Als erste Möglichkeit nennt der britische Experte eine Wiederaufnahme humanitärer Hilfe und deren Trennung von politischen Bedingungen. Eine zweite Möglichkeit sieht er im Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen und in einer Trennung von Wirtschaft und Politik. „Aber nach dem letzten Atomtest ist dafür die Stimmung nicht vorhanden.“ An den innerkoreanischen Spannungen dürfte sich deshalb auch unter der neuen Präsidentin erst einmal nichts ändern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos