Niedersächsische Studis helfen Elon „Tesla“ Musk: Ab durch die Röhre

Tesla-Chef Elon Musk arbeitet an einer Röhre, in der Menschen mit Schallgeschwindigkeit reisen können. Die Unis Emden/Leer und Oldenburg forschen mit.

Teamwork: Mitglieder des HyperpodX-Teams werben um Verstärkung. Foto: HyperPodX-Team Universität Oldenburg, Hochschule Emden/Leer

LEER taz | „Beam me up“ – „Schick mich hoch“, sagt Captain Kirk in Star Trek zum Vulkanier Scotty und der haut ihn weg. Durch Energiekonzentration wird Kirk an einem Ort „entmaterialisiert“ und anderswo wieder zusammengesetzt. Booh ey oder Blödsinn? Für Tesla Chef Elon Musk ist Beamen eine Idee, mit der man sich durchaus befassen sollte. Erstmal arbeitet er aber an einem anderen Projekt: dem Hyperloop. Das Prinzip: Der Hyperloop soll Passagiere in Transportkapseln durch Magnet-Schwebetechnik in einer Röhre mit bis zu 1.200 Kilometer pro Stunde von San Francisco nach Los Angeles jagen lassen. Reisen soll dadurch schneller, günstiger und umweltfreundlicher werden.

Dafür hat Musk nicht Milliarden von Forschungsgeldern investiert, sondern vor zwei Jahren einen internationalen Wettbewerb ins Leben gerufen. Studenten von renommierten Unis sollten sich Gedanken machen und Ideen und vor allen Dingen Konstruktionen liefern. Auch StudentInnen der Uni Oldenburg und der Hochschule Emden/Leer haben es in die Endauswahl geschafft.

Dabei haben sich mehr als 700 Unis der ganzen Welt darum gestritten, in die Röhre zu kommen. Ob Princeton oder TU München – fast alle Elite Universitäten beteiligten sich an der Ausschreibung. 24 kamen in die Endrunde, die Mitte August auf dem Gelände des kalifornischen Raumfahrtunternehmens Space X stattfindet. Dafür müssen sich alle Bewerber noch einem einwöchigen Test unterziehen. Dass das Projekt „Hyperpod X“ aus Leer/Emden/Oldenburg eingeladen wurde, ist Alejandro Delgadillo zu verdanken.

Alejandro ist Nicaraguaner, 29 Jahre alt und studierter Mechanical Engineer. Im Oldenburg studiert er seit zwei Jahren auf einen Masterabschluss in Engineering Physics. Er ist das Paradebeispiel für diesen Studiengang. „Ich habe über das Internet von dem Studiengang in Emden/Leer und Oldenburg gelesen und dachte, das ist eine gute Möglichkeit, mich zu qualifizieren“, sagt er. „Wenn es geht, möchte ich nach meinem Abschluss wieder nach Nicaragua. Aber da sind die Arbeitsmöglichkeiten begrenzt.“

Eigentlich wollte er nur einen Praktikumsplatz in den Sommerferien. Im Internet las er von dem Hyperloop-Wettbewerb. Er habe dann mit seinen Professoren gesprochen und mit KommilitonInnen. „Die waren begeistert von der Idee, am Wettbewerb mitzumachen“, sagt Alejandro. Anfangs teilten acht KommilitonInnen aus verschieden Fachbereichen der Hochschule Emden/Leer und Oldenburg die Begeisterung. „Wir wussten, um das Projekt zu schaffen, brauchten wir mehr Unterstützung“, sagt Alejandro. Die bekamen sie.

Beide Hochschulverwaltungen unterstützen das Projekt Hyperpod X. Zwei Professoren wurden Mentoren der mittlerweile 35 Menschen starken Arbeitsgruppe. Alejandro warb Sponsoren an, die zahlten aus Begeisterung oder mit Blick auf zukünftige MitarbeiterInnen über 160.000 Euro. Die Hochschulen beteiligten sich ebenfalls finanziell und das niedersächsische Bildungsministerium finanziert den Trip in die USA.

Die Düsefixe haben 13 verschiedenen Heimatländer und belegen im Studiengang Engineering Physics, den die Hochschule Emden/Leer und die Carl von Ossietzky Universität Oldenburg gemeinsam anbieten, unterschiedliche Studiengänge: Betriebswirtschaftslehre, Informatik und Maschinenbau.

„Wir kombinieren die physikalischen Effekte und Technologien mit der Realisierung des Bauteils“, sagt Professor Thomas Schüning von der Hochschule Emden/Leer, der das Projekt gemeinsam mit Professor Walter Neu betreut. „Das Projekt ist ein Paradebeispiel für unser Studienkonzept: wissenschaftlich, praxisorientiert, interdisziplinär und international“, sagt Neu.

Mehr als 60 Prozent der Studierenden kommen aus 95 verschiedenen Nationen, viele aus Afrika. „Das ist für die beiden vergleichsweise kleinen Hochschulen aus Emden/Leer und Oldenburg eine exzellente Sache“, sagt Neu. „Wir fördern den internationalen Austausch, leisten sogar im Kleinen Entwicklungshilfe und bringen mit unseren Projekten Studierende in Kontakt mit international agierenden Unternehmen.“ Thomas Reiter, Astronaut, sei einer der Förderer des Projekts. Er habe gesagt, die Studierenden könnten mit ihrer Kompetenz schon jetzt von der Europäische Raumfahrtbehörde übernommen werden.

Das Prinzip des Hyperpod X ist bestechend. In einer Unterdruckröhre wird der Pod– eine Transportkapsel – auf 340 Stundenkilometer angeschoben, um dann auf einem Magnetfeld mit sehr geringer Reibung und sehr geringem Luftwiderstand zu gleiten. Für das Gleiten wird nach dem Anschieben keine Energie benötigt, denn bei der hohen Geschwindigkeit erzeugen die Dauermagneten in der Kapsel ein Gegenfeld in den Aluminiumschienen unter dem Fahrzeug. Der Effekt basiert auf dem Prinzip des magnetischen Wirbelstroms.

„Unser Kernproblem ist es, auf Geschwindigkeit zu kommen, den Luftwiderstand zu reduzieren und sicher zu bremsen“, erklärt Walter Neu. Bis auf 450 Stundenkilometer haben die Norddeutschen Tüftler ihre Gondel schon gebracht. Und das ist Spitze. Anhalten können sie ihr Geschoss auch!

„Natürlich fehlt weltweit noch die Infrastruktur für einen umfassenden Einsatz solcher Verkehre“, sagt Neu. „Aber, ich denke es ist realistisch, auch in Europa in naher Zukunft Warenverkehre zwischen Handelszentren mit solch einem Transportmittel zu organisieren.“ Er denkt an eine Verbindung der Häfen von Rotterdam und Hamburg. Das wäre dann eine ernsthafte Konkurrenz zum Lastwagenverkehr.

„Wir sehen in unserer Technologie einen wichtigen Beitrag zum zukünftigen, umweltschonenden Verkehr“, sagt Neu. „Das dauert eben.“ Der Ausstieg aus der Atomindustrie oder der Bau des neuen Berliner Flughafens seien auch nicht von heute auf morgen über die Bühne gegangen, sagt der Forscher.

Der Hyperpod X ist nicht die einzige verrückte Idee der Norddeutschen. Vor Jahren machten sie Furore, als sie eine Zahnpasta aus Krabbenschalen entwickelten. Der Fachbereich Seefahrtschule verblüfft immer wieder durch innovative Projekte im Bereich Schifffahrt. Vor Jahren versuchte eine Studiengruppe eine Schifffahrtslinie in Gambia zu beleben, den einzigen Verkehrsweg, der das ganze Land hätte verbinden können. Geforderte Schmiergelder wollten sie allerdings nicht zahlen. Das Projekt scheiterte.

Und wenn der Hyperpod X scheitert? Aus der Sicht Neus ist er schon jetzt ein Erfolg. Selten habe er bei Studenten so eine Motivation und solch ein Engagement gesehen. „Ich bin mir sicher, wir schaffen es in die Röhre zu kommen und unsere Gondel auf den Weg zu schicken“, sagt Neu. Aber das schafften nur drei oder vier der 24 Bewerber.

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