Inszenierungen der Hamas: Zynische Choreografie
Die Hamas nutzt die Freilassung weiterer Geiseln für den Krieg der Bilder. Aber es gibt andere Bilder, die mächtiger sind.
E s ist ein sorgfältig inszeniertes Spektakel: Als die vier israelischen Frauen nach 477 Tagen Geiselhaft aus dem Autokonvoi steigen, jubelt die schaulustige Menge auf der Publikumstribüne in Gaza. Eine Palästinenserin wirft Konfetti auf die schwer bewaffneten Hamas-Kämpfer mit Sonnenbrillen und Sturmhauben.
Liri Albag, Karina Ariev, Daniella Gilboa und Naama Levy wurden am 7. Oktober 2023 in blutverschmierten Pyjamas entführt. Bei ihrer Freilassung am Samstag werden sie von der Hamas in dunkelgrünen Uniformen, die an militärische Kleidung erinnern sollen, auf einer Bühne vorgeführt. Im Hintergrund hängt ein großes Transparent, auf Arabisch und Englisch steht darauf: „Palästina – der Sieg des unterdrückten Volks gegen den Nazizionismus“.
Die Szenen wurden in einem Propagandavideo zusammengeschnitten, vertont mit Siegesmusik, das nun die Runde auf dem Messengerdienst Telegram macht. Und diese bewusst gewählten Bilder sollen im Gegensatz zu den chaotischen Szenen der Geiselübergabe in der vergangenen Woche stehen, als Hunderte Menschen die Fahrzeuge des Roten Kreuzes bedrängten.
Es ist eine zynische Choreografie: Gaza liegt nach 15 Monaten Krieg in Trümmern, laut UNO sind 60 Prozent der Gebäude im Küstenstreifen beschädigt oder zerstört. Laut der von der Hamas geleiteten Gesundheitsbehörde, die zwischen Kämpfern und Zivilisten nicht unterscheidet, sind fast 50.000 Menschen tot. Doch die Terrororganisation will mit ihrer Show vor allem Stärke und Kontrolle zeigen – und den Waffenstillstand, der am 19. Januar in Kraft getreten ist, als Sieg feiern. Denn schließlich ist es auch ein Krieg der Bilder.
Aber es gibt andere Bilder, die mächtiger sind. Es sind die der Mütter der Geiseln, die weinend ihre Kinder wieder in die Arme nehmen, nachdem sie 15 Monate lang für deren Freilassung kämpften. Die Familien 87 weiterer Geiseln kämpfen noch immer. Und manche wissen nicht, ob ihre Lieben überhaupt noch leben.
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