Neuverschuldung für Wahlversprechen: Italien beschließt Haushalt 2019

Die Regierung führt Grundsicherung ein und senkt das Renteneintrittsalter – nur etwas später, damit das Defizit nicht so steigt.

Giuseppe Conte und Giovanni Tria sitzen nebeneinander und halten sich die Hände vors Gesicht

Ministerpräsident Conte und sein Wirtschaftsminister während der Vertrauensfrage zum Haushalt Foto: dpa

ROM taz | Am späten Samstagabend hat Italiens Abgeordnetenhaus per Vertrauensabstimmung den Staatshaushalt 2019 gebilligt. Er sieht eine Neuverschuldung in Höhe von 2,04 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und die Realisierung zentraler Wahlkampfversprechen vor. So sind die Einführung einer Grundsicherung und die teilweise Absenkung des Renteneintrittsalters geplant. 327 Abgeordnete stimmten dem Regierungsentwurf zu, 228 lehnten ihn ab.

Vor dem Votum war es zu Tumulten im Plenarsaal gekommen. Die Oppositionsparteien beklagten, dass das Regierungslager aus Fünf Sternen und Lega das Haushaltgesetz im Eilverfahren durchgepaukt und am Ende mit dem Vertrauensvotum die Behandlung von Änderungs­anträgen unterbunden hatte. Während der Beratungen protestierten Hunderte Anhänger des gemäßigt linken Partito Democratico (PD) vor dem Abgeordnetenhaus.

Zur späten Beratung des Gesetzes war es gekommen, weil sich die Regierung erst am 19. Dezember mit der EU-Kommission auf ein Zahlenwerk geeinigt hatte, das ein Defizitverfahren gegen Italien vorerst ausschließt. Ursprünglich war eine Neuverschuldung von 2,4 Prozent geplant. Die niedrigere Verschuldung soll erreicht werden, indem die zentralen Reformvorhaben erst im Laufe des Jahres eingeführt werden. Zudem bittet die Regierung alle Rentner zur Kasse, die mehr als 1.500 Euro brutto im Monat beziehen. Ihre Renten sollen 2019 nur teilweise an die Inflation angepasst werden.

Die Parlamentarier der Fünf Sterne und der Lega zeigten sich mehr als zufrieden mit dem „expansiven Staatshaushalt“, der für größere soziale Gerechtigkeit sorgen und die Konjunktur anschieben werde. Eine Abgeordnete der 5-Sterne-Bewegung feierte den Haushalt als Sieg im Streit mit Brüssel: „Mit dem Etat kehrt das italienische Volk zu seiner Souveränität zurück und entscheidet wieder selbst.“

Gewerktschaften planen Demos im Januar

Dagegen behaupten die Oppositionsparteien – von links die PD, von rechts Silvio Berlusconis Forza Italia –, der Staatshaushalt sei „in Brüssel geschrieben worden“. Harsche Kritik kommt auch von den Gewerkschaften, die vor allem an den reduzierten Rentenanpassungen sowie an der unverändert hohen Steuerlast für Arbeitnehmer Anstoß nehmen. Sie wollen im Januar gegen die Regierung protestieren.

Die seit sieben Monaten amtierende Regierung aus den beiden Anti-Establishment-Parteien hat ihre bisher wichtigste Bewährungsprobe bestanden. Ihr gelang die Quadratur des Kreises, da sie den Konflikt mit der EU entschärfen, zugleich aber an ihren wichtigsten Versprechen festhalten konnte. In den Meinungsumfragen zahlt sich dies aus.

Der parteilose Ministerpräsident Giuseppe Conte ist mit Abstand populärster Politiker. Die Koalitionsparteien kommen zusammen auf fast 60 Prozent Zustimmung. Dabei haben sich allerdings die Gewichte deutlich zugunsten der Lega verschoben, die etwa 32 Prozent verzeichnen kann.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.