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Neues von der NSAWikileaks hat Humor

Die Enthüllungsplattform meldet sich zurück. Mit im Angebot: Merkel-Tapes und Griechenland-Mitschnitte. Kurz vor Pofallas Auftritt im Bundestag.

Lustig: Wirtschaftsminister Sigmar Gabiel lacht mit Kanzlerin Angela Merkel. Über die NSA wohl eher nicht. Foto: dpa

Eine gute Pointe kommt ja gemeinhin von hinten. Sie ist nicht zu aufdringlich und lädt zum Grübeln ein. Mit seinen neuesten Veröffentlichungen ist der Enthüllungsplattform Wikileaks eine solche Pointe geglückt.

Am Mittwochabend veröffentlichte das Portal neue Details über die Spähpraktiken des US-Geheimdienstes NSA sowie des britischen Geheimdienstes GCHQ, der als aggressivster Schnüffeldienst Europas gilt. Die Veröffentlichungen haben es durchaus in sich: Erstmals ist damit nicht nur klar, dass Angela Merkel selbst unter Überwachung stand. Nun kann auch jeder mitlesen, worum es laut Wikileaks bei ihren Telefonaten ging. Die Plattform hat Geheimdienstberichte veröffentlicht, die inhaltlich wiedergeben sollen, worüber Merkel mit engsten Mitarbeitern am Telefon sprach. Zum Beispiel um: „another haircut“.

Gemeint ist nicht die viel zu oft diskutierte Frisur der Kanzlerin, sondern die Frage, wie die Eurozone mit Griechenland umgehen soll – und was den Griechen abgetrotzt werden kann. Die Veröffentlichung ist deshalb interessant, weil sie im Detail aufzeigt, dass die USA sehr intensiv um Erkenntnisse bemüht waren, die Aufschluss über die Wirtschafts-, Handels- und Geldpolitik Deutschlands und Europas geben.

Über die Entwicklungen innerhalb der Eurozone war die US-Spitze stets aus erster Hand informiert. Auch über die Konflikte zwischen den europäischen Staats- und Regierungschefs und denen innerhalb der deutschen Bundesregierung. Der Geheimdienstbericht belegt etwa, dass Merkel und Schäuble schon vor Jahren uneins in ihrer Haltung zu Sparauflagen für Griechenland waren. Der Bericht stammt vom 11. Oktober 2011. Angela Merkel war damals auf Visite in Vietnam – und in Deutschland wurde wild über Rettungspakete für Banken und eine drohende Griechenlandpleite diskutiert.

US-Botschafter ins Kanzleramt „eingeladen“

Der US-Botschafter in Deutschland, John B. Emerson, ist nach den neuen Enthüllungen über NSA-Spähaktionen zu einem Gespräch ins Kanzleramt „eingeladen“ worden. Entsprechende Berichte wurden am Donnerstag in Regierungskreisen in Berlin bestätigt. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hatte zuvor berichtet, Emerson sei von Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) zu einem „umgehenden Gespräch“ gebeten worden. Dem FAZ-Bericht zufolge wollte Altmaier von Emerson Aufklärung über die abgehörten Gespräche von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Mitarbeitern des Kanzleramts erhalten. (afp)

Neben den inhaltlichen Berichten veröffentlichte Wikileaks auch eine Liste von Telefonnummern, die unter Überwachung gestanden haben sollen. Dabei handelt es sich nicht um Handynummern, sondern um eine Reihe von Telefonanschlüssen direkt in deutschen Ministerien. Betroffen davon sollen neben dem früheren Finanzminister Oskar Lafontaine, dem früheren Wirtschaftsminister Werner Müller und zahlreichen weiteren hochrangigen Politikern und Beamten. Auch die heutige Bundesumweltministerin Barbara Hendricks soll darunter gewesen sein – damals in ihrer Funktion als Staatssekretärin im Finanzministerium.

Die Details der Wikileaks-Veröffentlichung bergen daher durchaus Sprengkraft. Sie offenbaren nicht nur das Problem, vor dem die deutsche Bundesregierung im Hinblick auf ihre eigene Regierungskommunikation steht. Diese ist derzeit, etwa im Hinblick auf die umstrittene Selektorenliste, intensiv darum bemüht, etwa im NSA-Untersuchungsausschuss, die NSA-Affäre herunterzudimmen.

Die Veröffentlichungen zeigen auch den eigentümlichen Humor, mit dem Wikileaks aus der Rückenlage Politik macht: Bereits vor einigen Tagen hatte die Organisation rund um den umstrittenen Julian Assange und dessen Vertraute Sarah Harrison einen ähnlichen Coup gelandet. Ihre Veröffentlichung zur Überwachung der französischen Staatsspitze durch die NSA hatte Wikileaks just am Vorabend einer Gesetzesabstimmung in Frankreich platziert.

Kein Zufall

Die Folge war amüsant: Zwar erregten sich führende französische Politiker in beeindruckender Weise über die Spähangriffe. Noch am gleichen Tag stimmten sie allerdings neuen Sicherheitsgesetzen zu, die den eigenen Geheimdiensten eine Massenüberwachung auch der eigenen Bevölkerung erlauben. Mit der gewieften Platzierung gelang es Wikileaks somit, die paradoxe – nein besser: verlogene – Haltung der politischen Spitze vorzuführen.

Dass die neuen Details zur Überwachung in Deutschland just am Mittwochabend veröffentlicht wurden, ist ebenfalls kein Zufall. Am heutigen Donnerstag wird der frühere Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) vor dem NSA-Untersuchungsausschuss im Bundestag erwartet. Er hatte, das ist soweit ein Kalauer, seinerzeit die NSA-Affäre für beendet erklärt. Dass er heute vor dem Bundestag die Gelegenheit hat, dies noch einmal auf Basis detaillierter Kenntnisse vor der Öffentlichkeit zu erörtern, ist kein grober Witz – sondern eine sehr feine Pointe. Wikileaks hat Humor.

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7 Kommentare

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  • Wir können wirklich froh sein Wikileaks & Co zu haben. Künftige Politiker gehen hoffentlich ernsthafter mit ihrem Eid um.

  • Wikileaks hat Humor? Nun ja. Galgenhumor halt (siehe Duden). Das war schon immer der schwärzeste.

  • Dass sich die Bundesregierung nicht dafür interessiert, dass global Milliarden von Menschen automatisiert überwacht werden, liegt nicht an einer unterstellten Unterwürfigkeit gegenüber den USA. Es liegt daran, dass sie selbst mit drin stecken, die globale Überwachung ist auch von der deutschen Regierung gewollt. Ein wichtiger Teil des Überwachssystems ist der deutsche Geheimdienst BND.

     

    Proteste gegen die Überwachung gibt es bundesweit im Rahmen der „Freiheit statt Angst“-Demo Tour 2015 https://freiheitstattangst.de/, jeden Samstag in Griesheim https://nsassb.de/ und jeden Samstag in Berlin an der neuen BND-Zentrale https://bnd-an-die-kette.de/.

  • Das Problem unserer Politiker ist nicht, daß sie ein feuchtes Höschen bekommen, weil sie abgehört wurden- sondern die Aussicht SELBST über soche Abhörmöglichkeiten verfügen zu dürfen.

    • @Michael Zetti:

      Der Zustand der "Höschen" unserer Politiker interessiert mich einen feuchten Dreck. Von mir aus können sie drin schwimmen. Der Zustand ihrer Hirne ist mir wichtiger. Leider kann darüber nur spekuliert werden. Nicht mal der GCHQ kann sagen, wie es tatsächlich drum steht. Was mit den "Höschen" ist, kann sogar Bild rausfinden, wenn sie's drauf anlegt.

       

      Wie schade, dass die Leute sich viel mehr für Sex and Drugs and Rock 'n' Roll interessieren als für das, was wirklich wichtig ist. Vielleicht kommt das davon, dass bei Bürgers daheim die Mama immer nur davor gewarnt hat, sich schmutzig zu machen. Die Warnung vorm Dummbleiben hätte von Papa kommen müssen, und der war immer grade außer Haus.

      • @mowgli:

        Wie kommt man auf die Idee, dass Sex & Drugs & Rock'n'Roll nicht wirklich wichtig sein sollen?

      • @mowgli:

        Das ist doch bereits gut erklärt:

         

        Es geht um die feuchte Hoffnung selbst mitüberwachen zu können!

         

        Das NSA & Co auch unsere politische Klasse weitgehend überwachen ahnen die auch selbst, und halten natürlich schön still!

         

        Sowas wie 89 in der DDR darf nie wieder passieren! Aus deren Perspektive.