Neues Versammlungsgesetz in NRW: Grundrecht in Gefahr
NRW-Innenminister Reul will Demos von Klimaschützer:innen erschweren. Für die Politik eines Kanzlers Armin Laschet wäre das kein gutes Zeichen.
W eniger Freiheit, stattdessen Misstrauen und Angst gegenüber den eigenen Bürger:innen: Durch und durch autoritär ist der Entwurf für ein neues Versammlungsgesetz, den Nordrhein-Westfalens CDU-Innenminister Herbert Reul vorgelegt hat. Verbal zielt der Hardliner, der für seinen Ministerpräsidenten Armin Laschet die Flanke bis nach ganz rechts sichern soll, auf Neonazis, aber auch auf die Antifa.
Doch im Visier hat der Innenminister auch seine Lieblingsfeinde: Klimaaktivist:innen, Umweltschützer:innen – und daneben Fußballfans und Gewerkschafter:innen.
Deutlich wird dies in der Gesetzesbegründung. Unter dem Stichwort „Militanzverbot“ soll eine einschüchternde und Gewaltbereitschaft ausstrahlende Uniformierung von Demo-Teilnehmer:innen untersagt werden. Gleichzeitig werden die weißen Overalls, die Klimaschützer:innen bei der Besetzung von Braunkohletagebauen wie Garzweiler getragen haben, ernsthaft mit den Springerstiefeln und Bomberjacken von Rechtsextremen gleichgesetzt – und die Umweltbewegung so kriminalisiert. Ähnliches könnte bald protestierenden Belegschaften in einheitlicher Arbeitskleidung oder feiernden Fans in Vereinsfarben drohen.
Dazu kommen eine verschärfte Videoüberwachung, ein Vermummungsverbot und ein Verbot von Gegendemos, das vor allem Neonazi-Aufmärsche schützen dürfte. Geht es nach Reul, soll die Polizei um jeden Preis für Ruhe sorgen, Demonstrierende einschüchtern und Versammlungsanmeldungen erschweren. Das zeigt: Die Christdemokraten des Kanzlerkandidaten halten vom Grundrecht der Versammlungsfreiheit wenig bis nichts. Und Laschets Koalitionspartner FDP ist bei alldem mit dabei – der Bürgerrechtsflügel der einstigen Liberalen ist tot.
Für die Bundespolitik ist das kein gutes Zeichen. Wer sehen will, mit welcher Härte ein möglicher Kanzler Armin Laschet gegen innenpolitische Gegner:innen vorgehen könnte, muss nach NRW schauen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus