Demonstration in Düsseldorf: Tausende gegen Versammlungsgesetz
Mehr Videoüberwachung, keine einheitlichen Klamotten, Personalienabfragen – Demonstrierende in NRW fürchten eine Verschärfung des Versammlungsgesetzes.
DÜSSELDORF epd/dpa | Am Samstag haben Tausende Menschen in Düsseldorf gegen befürchtete Verschärfungen des Versammlungsrechts in Nordrhein-Westfalen protestiert. Die Veranstalter sprachen von rund 6.000 Teilnehmern, die Polizei von deutlich weniger als 10.000. So viele waren angemeldet worden.
Nach Angaben der Organisatoren stoppte die Polizei den Demonstrationszug am Nachmittag kurzzeitig, weil Teilnehmer vermummt gewesen seien, die betreffenden Personen hätten jedoch lediglich medizinische Masken getragen. Die Beamten hätten auch Pfefferspray eingesetzt. Das wurde von der Polizei zunächst nicht bestätigt. Für den frühen Abend war eine Abschlusskundgebung vor dem Landtag geplant.
Bericht über Angriffe auf Journalisten
Nach Angaben der Deutschen Presseagentur sind auch Journalisten wurden wohl von der Polizei angegriffen. Ein Fotograf der Agentur berichtete, dass er von einem Beamten mehrfach mit einem Schlagstock geschlagen worden sei. Er berichtete zudem von mindestens einem weiteren Kollegen, der ebenfalls angegriffen worden sei. Zuvor sei in den Reihen der Demonstranten Pyrotechnik gezündet worden.
Die Polizei machte zunächst keine näheren Angaben zu dem Einsatz. Es habe verschiedenste Einsatzanlässe gegeben, sagte eine Sprecher der Polizei Düsseldorf. Man habe bislang keine Kenntnis von Verletzten.
Die Deutsche Presse-Agentur protestierte gegen den gewaltsamen Übergriff auf ihren Mitarbeiter und andere Journalisten. dpa-Chefredakteur Sven Gösmann nannte den Vorgang einen „nicht hinnehmbaren Angriff auf die Pressefreiheit“. In einem Schreiben an den zuständigen nordrhein-westfälischen Innenminister Herbert Reul (CDU) forderte er die lückenlose Aufklärung der Geschehnisse in Düsseldorf.
Das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen! Grundrechte erhalten“ aus 75 sozialen Gruppen und Bewegungen sieht im Gesetzentwurf der schwarz-gelben Landesregierung für ein Versammlungsgesetz einen massiven Eingriff in die demokratische Grundordnung. Unliebsame Protest- und Ausdrucksformen sollten verhindert und demokratischer Protest eingeschränkt und kriminalisiert werden. Im Vordergrund stünden Gefahrenabwehr und die Bedürfnisse der Polizei, nicht die Versammlungsfreiheit.
„Durch die Verschärfungen könnten Menschen von Versammlungen ausgeschlossen werden, und es wird insgesamt unangenehmer, den Protest auf die Straße zu bringen“, sagte Bündnissprecherin Lola Münch. Eine weitere Sprecherin, Michèle Winkler, nannte das geplant Versammlungsgesetz, das nach der Sommerpause vom Düsseldorfer Landtag verabschiedet werden soll, „gänzlich autoritär“ und möglicherweise in Teilen verfassungswidrig. Es richte sich vor allem gegen linke Kundgebungen.
Was droht
Das Gesetz soll Versammlungsleitern einer Demonstration deutlich mehr Pflichten auferlegen. Bei Gegendemonstrationen beispielsweise gegen Neonazi-Aufmärsche werden Störungen und Behinderungen verboten. Videoüberwachung wird erweitert und erleichtert, Behörden sollen die Personalien von Ordnern verlangen können. Einheitliche Kleidung wie weiße Overalls von Klima-Demonstranten wird im Gesetzentwurf im Zuge eines „Militanzverbots“ in einer Reihe mit Uniformen von nationalsozialistischen Organisationen wie SS und der SA genannt, wenn sie „einschüchternd wirkt“.
Das NRW-Innenministerium nannte dagegen als Ziel des neuen Gesetzes, Regelungen zu schaffen, die „sich an der heutigen Zeit orientieren“ und die Kooperation von Polizei und Veranstaltern fördern. Ziel sei auch, besser gegen Störer vorgehen und rechtsextreme Propaganda unterbinden zu können.
Leser*innenkommentare
hanuman
UNERTRÄGLICH...
mit welcher arroganz hier agenturen über die wahrnehmung von grundfreiheiten berichten: immer schön die staatsbrille aufgesetzt. unerträglich... wie sich ein innenminister als dienstherr der polizei über demonstrationen auslässt: demonstration ist die pressefreiheit des kleinen mannes. der minister ist nicht nur polizeiminister - er ist auch verfassungsminister, der die meinungs- und versammlungfreiheit zu schützen hat. wenn reul das nicht kapiert, muss er geschasst werden.
Lowandorder
Lowandorder - ff &Rest - als Anwort
“… Je mehr die Veranstalter ihrerseits zu einseitigen vertrauensbildenden Maßnahmen oder zu einer demonstrationsfreundlichen Kooperation bereit sind, desto höher rückt die Schwelle für behördliches Eingreifen wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit.
4. Steht nicht zu befürchten, daß eine Demonstration im ganzen einen unfriedlichen Verlauf nimmt oder daß der Veranstalter und sein Anhang einen solchen Verlauf anstreben oder zumindest billigen, bleibt für die friedlichen Teilnehmer der von der Verfassung jedem Staatsbürger garantierte Schutz der Versammlungsfreiheit auch dann erhalten, wenn mit Ausschreitungen durch einzelne oder eine Minderheit zu rechnen ist. In einem solchen Fall setzt ein vorbeugendes Verbot der gesamten Veranstaltung strenge Anforderungen an die Gefahrenprognose sowie die vorherige Ausschöpfung aller sinnvoll anwendbaren Mittel voraus, welche den friedlichen Demonstranten eine Grundrechtsverwirklichung ermöglichen.
5. Die Verwaltungsgerichte haben schon im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes durch eine intensivere Prüfung dem Umstand Rechnung zu tragen, daß der Sofortvollzug eines Demonstrationsverbotes in der Regel zur endgültigen Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung führt…“
www.servat.unibe.ch/dfr/bv069315.html#
kurz - Es ist doch völlig klar - daß die zuvor genannten Polithanseln schlicht schon von den Anforderungen der ZIff 1. des Brokdorf-Beschlusses:
1. Das Recht des Bürgers, durch Ausübung der Versammlungsfreiheit aktiv am politischen Meinungsbildungsprozeß und Willensbildungsprozeß teilzunehmen, gehört zu den unentbehrlichen Funktionselementen eines demokratischen Gemeinwesens. Diese grundlegende Bedeutung des Freiheitsrechts ist vom Gesetzgeber beim Erlaß grundrechtsbeschränkender Vorschriften sowie bei deren Auslegung und Anwendung durch Behörden und Gerichte zu beachten.“
KOMPLETT ÜBERFORDERT SIND •
Dilettanten-Stadel - NRW -
Karlsruhe wird’s richten. Brief&Siegel
Fr. Peters
Entschuldigung, aber die Ersatzbeschreibung des Fotos ist sexistisch und ungenau. Wozu dient die Geschlechternennung? Sie ist unnötig.
Wenn mensch schon Menschen in Männer und Frauen unterteilen will, dann sollte genau hingeschaut werden. Selbst bei oberflächlicher Betrachtung ist eine Zuordnung aller Fotografierten in die Kategorie Männer nicht sinnvoll.
Die Taz macht es in einem anderen Artikel besser: taz.de/Neues-Versa...z-in-NRW/!5783048/ Dort wird von einer "Gruppe Demonstrierender" gesprochen.
Stefan L.
@Fr. Peters "Entschuldigung, aber die Ersatzbeschreibung des Fotos ist sexistisch und ungenau. "
Ungenau ist richtig, weil auch Frauen zu sehen sind aber sexistisch?
Sorry, aber das ist mehr als albern.