Neues Kabinett in Chile: 14 Frauen in der Regierung
Der gewählte chilenische Präsident Gabriel Boric stellt sein künftiges Kabinett vor: Die Enkelin Salvador Allendes wird Verteidigungsministerin.
Boric hatte die Stichwahl um das Präsidentenamt vergangenen Dezember mit einer deutlichen Mehrheit gewonnen. Auch wenn der linke Wahlsieger das Amt erst am 11. März antreten wird, stellte er am Freitag seine Minister*innenriege vor. Darin ist Fernández Allende eine von vier Sozialist*innen in Schlüsselpositionen.
Damit versucht Boric, seinen Rückhalt im Parlament zu stärken, in dem sein Parteienbündnis Apruebo Dignidad lediglich über 37 der 155 Sitze verfügt. Der mit der Sozialistischen Partei verbundene, aber ihr nicht angehörende ehemalige Zentralbankchef Mario Marcel soll als Finanzminister die neoliberalen Eliten zumindest etwas beruhigen. Allerdings dürften die mit Schrecken zur Kenntnis genommen haben, dass mit Nicolás Grau ein ausgewiesener Kritiker des neoliberalen Modells das Wirtschaftsministerium leiten wird.
Boric und Grau vereint ein langjähriges, führendes Engagement in der Studierendenbewegung. Dort liegt einer der Grundsteine, auf den Boric’ Wahlsieg und der Einzug in den Präsidentenpalast La Moneda aufgebaut sind. So wurden mit Giorgio Jackson als zukünftigem Präsidentschaftssekretär – vergleichbar einem Kanzleramtsminister – und Camila Vallejo als Regierungssprecherin zwei weitere ehemals führende Personen der Studierendenbewegung von Boric berufen.
Bachelet und Allende verbindet mehr als die Partei
Nicht unerwartet ist die Berufung von Izkia Siches zur Innen- und Sicherheitsministerin, dem mit Abstand wichtigsten Posten im Kabinett. Da Chiles Verfassung keine Vizepräsidentschaft vorsieht, fällt diese Rolle dem Innenministerium zu. Als Leiterin der Wahlkampagne hat Siches enormen Anteil an Boric’ Wahlsieg. So setzt sich die beeindruckende Karriere der ehemaligen Vorsitzenden der chilenischen Ärztevereinigung Colegio Médico fort.
Während also dem Innenministerium erstmals eine Frau vorstehen wird, wird es im Fall des Verteidigungsministeriums bereits die zweite sein. Von 2002 bis 2004 hatte die ehemalige Präsidentin Michelle Bachelet das Amt inne.
Bachelet und Fernández Allende verbindet mehr als die Mitgliedschaft in der Sozialistischen Partei. Die beiden Familien haben unter der Militärdiktatur von Augusto Pinochet gelitten. Die damals 22-jährige Bachelet musste 1975 mit ihrer Mutter aus Chile fliehen. Die damals zweijährige Fernandez Allende lebte von 1973 bis zum Ende der Diktatur 1990 auf Kuba, nachdem ihr Großvater Salvador Allende beim Putsch am 11. September 1973 ums Leben gekommen war. Dass er dem späteren Diktator Augusto Pinochet einst vertraut und ihn zum Oberbefehlshaber der Streitkräfte ernannt hatte, wird sie in Erinnerung haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja