Neues Jagdgesetz in Niedersachsen: Tierschützer sehen erheblichen Stress für die Füchse
Jäger in Niedersachsen wollen protestieren: Sie befürchten mit der Novellierung ein Ende fragwürdiger Praktiken bei der Ausbildung von Jagdhunden.
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In ihrem Koalitionsvertrag hatte die rot-grüne Koalition vereinbart, das Jagdgesetz zu novellieren und in Sachen Tierschutz auf den Prüfstand zu stellen. Dabei versprachen die Parteien einen engen Austausch mit Jägerschaft und Naturschutzverbänden. Die Zusage wurde eingehalten, eine Annäherung gab es in den zahlreichen Gesprächen aber nicht. LJN und Grüne warfen und werfen sich gegenseitig gezielte Desinformation, fehlende Kompetenz und Stimmungsmache vor.
Inhaltlicher Streitpunkt Nummer 1 ist die Nutzung lebender Tiere bei der Ausbildung von Jagdhunden. Dabei geht es etwa um den Einsatz von lebenden Füchsen in Schliefenanlagen, also künstlichen Fuchsbauten. In diesen Anlagen werden Füchse in winzigen Gehegen gehalten und in unterirdischen Gangsystemen dafür missbraucht, Jagdhunde für die Baujagd auf Füchse und Dachse zu trainieren. Auch wenn sie durch einen Schieber geschützt sind, beklagen Tierschützer erheblichen Stress für die Füchse.
Für die Jagdhundausbildung werden Enten flugunfähig gemacht
Bei der Hunde-Ausbildung an lebenden Enten werden den Vögeln Krepppapiermanschetten über die Schwungfedern gestülpt oder einige Schwungfedern ausgerissen, um sie flugunfähig zu machen. Anschließend werden sie ins Wasser geworfen oder im Gebüsch versteckt, so dass der Hund sie aufstöbern kann.
Staudte will diese durchaus fragwürdigen Methoden keineswegs verbieten, sondern lediglich überprüfen. Bei einer Reise nach Dänemark will sie die dortige Praxis, den Ersatz von lebenden Füchsen durch Dummies, in Augenschein nehmen, lebende Füchse durch Dummies ersetzen. Mit Blick auf die Enten soll ein Forschungsprojekt starten, um für die Zukunft alternative Ausbildungsmöglichkeiten zu evaluieren.
Doch LJN-Präsident Helmut Dammann-Tamke, der viele Jahre für die CDU im Landtag saß, wendet sich gegen jegliche Beschränkung. „Solange die Ausbildung unserer Jagdhunde nicht gegen geltenden Tierschutz verstößt, gehört diese Ausbildung erlaubt“, sagt er. Und Dieter Hildebrandt, Vorsitzender der Göttinger Jägerschaft, ergänzt: „Wenn wir unsere Tiere nicht mehr ordentlich ausbilden, haben wir in spätestens zehn Jahren keine brauchbaren Jagdhunde mehr.“ Ausgebildete Jagdhunde könnten schließlich nicht nur Wild aufspüren, sondern auch kranke Tiere finden und helfen, diese von ihrem Leid zu erlösen.
Dass Staudte versichert, das Ministerium sei den Kritikern mit dem Papier weit entgegengekommen, hält die LJN für reine Taktik. Zwar hätten überhaupt erst der massive Protest und Druck durch die Jäger die Koalition dazu gebracht, „nicht einfach den grünen Überlegungen zu folgen“. Aber „bei uns entsteht der Eindruck, dass die Grünen ihre Positionen nicht wirklich aufgeben wollen. Sie haben keine Argumente für ihre eigentlichen Pläne, konnten sich auch gegen die SPD nicht durchsetzen und versuchen nun, das ist unser Eindruck, die mit der SPD gefundene Einigung durch die Hintertür aufzuweichen.“
Die Grünen haben die LJN-Spitze um Dammann-Tamke aufgefordert, zur Sachdebatte zurückzukehren: „In den vergangenen Wochen war der Umgang der Landesjägerschaft mit den Plänen der rot-grünen Landesregierung schlicht unredlich“, erklärt die Landtagsfraktion. Anstatt sich mit dem aktuellen Stand der Debatte zu beschäftigen, arbeite Dammann-Tamke „mit Falschinformationen, Überspitzungen und Diffamierungen“. Seine Äußerungen ließen glauben, „wir Grüne unternähmen einen Angriff auf den ländlichen Raum – das dient erkennbar vor allem der Mobilisierung von Protest vor der Bundestagswahl.“
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