Neues EU-Sanktionspaket gegen Moskau: Uneins beim Ölembargo

Die EU-Kommission will den Importstopp für russisches Öl durchsetzen. Doch Ungarn und die Slowakei drohen mit einem Veto.

Ursula von der Leyen sitzt im europäischen Parlament

Ursula von der Leyen: Sie will den Importstopp für die gesamte EU durchzusetzen Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

BRÜSSEL taz | Die EU dreht weiter an der Sanktionsschraube. Die EU-Kommission legte am Mittwoch in Straßburg einen Entwurf für das sechste Sanktionspaket vor, mit dem sie Russland für den Krieg in der Ukraine abstrafen will. Wie erwartet, steht diesmal ein Ölembargo im Mittelpunkt. Außerdem sind Sanktionen gegen die marktführende Sberbank, russische Sender und den Patriarchen Kyrill vorgesehen.

Die fünf vorausgegangenen Sanktionspakete richteten sich gegen die russische Zentralbank, kleinere Geschäftsbanken sowie zahlreiche Oligarchen. Außerdem wurden Flüge eingestellt, russische Staatsmedien blockiert und Kohle- und Holzimporte verboten. Die Strafen haben die russische Wirtschaft geschwächt, jedoch keine erkennbare Wirkung auf das Kriegsgeschehen in der Ukraine gehabt.

Sprecher von der Leyens

„Wir haben nie behauptet, dass die Sanktionen den Krieg beenden würden“

Darum gehe es auch nicht, sagte ein Sprecher von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel. „Wir haben nie behauptet, dass die Sanktionen den Krieg beenden würden“, erklärte er. Vielmehr gehe es darum, den „Preis“ für Kremlchef Wladimir Putin zu erhöhen und das russische Militär zu schwächen. „Wir möchten, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt“, betonte von der Leyen.

Das neue Sanktionspaket soll dazu beitragen, dürfte jedoch nur eine begrenzte Wirkung entfalten. Denn das Ölembargo soll nicht sofort greifen. Der Import von Rohöl soll erst nach sechs Monaten verboten werden, für Raffinerieprodukte ist eine Frist bis zum Jahresende vorgesehen. Einigen EU-Staaten geht das zu langsam. Polen und Balten fordern einen sofortigen Importstopp.

Die Geschlossenheit könnte bröckeln

Andere Mitgliedsländer stehen auf der Bremse. Zwei Länder – Ungarn und die Slowakei – haben bereits angekündigt, dass sie das Ölembargo nicht mittragen wollen. Ungarn lehnt den Plan komplett ab, die Slowakei fordert eine dreijährige Übergangsphase. Auch Tschechien und Bulgarien haben Bedenken. Diese EU-Länder sind von Energie aus Russland abhängig und können sich nicht schnell abnabeln.

Angesichts der Meinungsverschiedenheiten rechnen EU-Diplomaten mit schwierigen Beratungen. ­Sanktio­nen müssen normalerweise einstimmig beschlossen werden. Um ein Veto aus Ungarn und der Slowakei zu vermeiden, sind Ausnahmeregeln im Gespräch. Beide Länder könnten bis Ende 2023 an bestehenden Öl­lieferverträgen mit Russland festhalten.

Damit würde das Embargo aber durchlöchert, die EU stünde nicht mehr wie bisher geeint da. Von der Leyens Sprecher rechtfertigte dieses ungewöhnliche Vorgehen: Es gehe darum, den Druck auf Putin zu maximieren, den Schaden für die EU jedoch zu minimieren, sagte er. Dafür ist die EU-Kommission offenbar bereit, die Regeln auszuhebeln – und vom Grundsatz der Geschlossenheit abzurücken.

Auch Habeck sieht noch Probleme

Das letzte Wort haben die EU-Staaten, deren Botschafter am Mittwoch die Beratungen über das Sanktionspaket aufgenommen haben. Deutschland drückt dabei, anders als bei früheren Strafmaßnahmen, aufs Tempo. Der ständige Vertreter Deutschlands bei der EU hatte sich schon in der vergangenen Woche für das Ölembargo ausgesprochen. Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat es eilig.

Allerdings sieht auch Habeck noch Probleme: Er rechnet mit steigenden Ölpreisen als Folge des geplanten EU-Beschlusses. „Eine Verknappung von Öl auf dem Weltmarkt führt natürlich erst einmal prinzipiell zu höheren Preisen“, sagte er am Mittwoch in Berlin. In der EU-Kommission hieß es, man habe die steigenden Preise im Blick und wolle gegensteuern. Details wurden nicht bekannt.

Unklar blieb auch, wie die EU die Umleitung der russischen Ölexporte in andere Weltregionen verhindern will. Die EU hat sich dazu mit den USA abgestimmt. Washington könnte Sekundärsanktionen gegen Unternehmen verhängen, die das Embargo brechen. Bisher war die EU strikt gegen solche Maßnahmen. Nun könnte sie selbst dazu greifen.

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