Umgang mit Gas und Öl aus Russland: EU-Importzoll statt Embargo

Lassen sich Energielieferungen aus Russland anders erschweren als mit einem Einfuhrverbot? Öko­no­m:in­nen versuchen sich an Antworten.

Silberne Rohre einer Erdgas-Verdichterstation

Erdgas-Verdichterstation in Brandenburg Foto: Christina Mang

BERLIN taz | Die Energielieferungen aus Russland sanktionieren, ohne die hiesigen Verbraucher zu stark zu schädigen – ist das möglich? Diese Frage steht im Zentrum der Debatte über einen Zoll auf russisches Öl und Gas. Gegenwärtig erhebt die Europäische Union keine solche Importabgabe. Ein Beratergremium der französischen Regierung schlägt beispielsweise einen Zoll von 40 Prozent auf den Energiepreis vor. Russische Energielieferanten wie Gazprom und Rosneft müssten diesen Aufschlag dann an die belieferten Staaten abführen.

Die Folge wären höhere Benzin- und Heizkosten für hiesige Privathaushalte und Unternehmen. Denn die russischen Firmen würden den Zoll ganz oder teilweise auf ihre Preise aufschlagen. Um Ausgaben zu sparen, können die Konsumenten allerdings ihren Verbrauch verringern. Dies bekämen dann umgekehrt die russischen Energielieferanten zu spüren: Deren Einnahmen sinken, sodass sie weniger Mittel an den russischen Staat abführen können. Hier besteht die Hoffnung, dass der Zoll auf diese Art die Finanzierung des Krieges beeinträchtigt.

Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) gibt aber zu bedenken: „Steigen vor allem die Endpreise in der EU oder muss Russland seinen Exportpreis deutlich senken, weil bei höheren Preisen in der EU unsere Nachfrage stark sinken würde? Letzteres erscheint nicht sehr wahrscheinlich.“ Weil beispielsweise die deutsche Industrie zur Zeit noch stark auf russische Öl- und Gaslieferungen angewiesen sei, könne sie ihren Verbrauch kaum reduzieren. Vorteil Gazprom: Der russische Konzern könnte den Zoll größtenteils seinen Kunden in Rechnung stellen.

Im Vergleich zu einem teilweisen Energieembargo habe der Zoll jedoch einen entscheidenden Vorteil, erklärt Holger Görg, der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel (ifw). Der Zoll „verringert die Nachfrage. Dadurch bildet der Preis plus Zoll praktisch eine Obergrenze, und den russischen Exporteuren ist die Möglichkeit genommen, den Preis beliebig anzuheben“. Im Gegensatz zur Mengenbeschränkung treffe der Zoll stärker den Exporteur, so Görg. Deswegen „stellt dies gegenwärtig die beste Möglichkeit dar“.

Gespräche ohne Ergebnis

Der Zoll kommt ins Gespräch, weil die europäischen Verhandlungen über ein Energieembargo bisher zu keinem Ergebnis führten. Eine Ausnahme bilden die Kohleimporte aus Russland. Hier plant die EU, dass ab August Schluss sein soll. Beim Erdöl, vor allem aber beim Erdgas stellt sich unter anderem die Bundesregierung quer. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warnt für den Fall eines Embargos vor einer massiven Wirtschaftskrise.

Als weiteres Sanktionsmittel unterhalb des Energieembargos hat Jurij Witrenko, der Chef des ukrainischen Energiekonzerns Naftogaz, vorgeschlagen, die Bezahlung der russischen Energieimporte auf ein Treuhandkonto zu überweisen – ein Sperrkonto, an das der russische Staat nicht herankomme. „Wenn die hiesigen Abnehmer den Kaufpreis auf ein Treuhandkonto überweisen, stellte das einen Vertragsbruch da“, sagt dazu IW-Ökonom Matthes. In der Folge könnten Gazprom und Rosneft ihre Lieferungen kappen.

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