Neuerung für Schalter-Kund:innen: Bahn will mehr Daten

Das Unternehmen schränkt den anonymen Verkauf von Sparpreistickets ein. Von Daten- und Ver­brau­cher­schüt­ze­r:in­nen gibt es Kritik.

Warteschlange an einen Bahnschalter.

Erst anstehen und dann Daten preisgeben: Ticketkauf am Bahnschalter Foto: Manfred Segerer/imago

BERLIN taz | Wer bei der Deutschen Bahn ein Sparpreisticket kauft, soll dafür ab Oktober auch beim Kauf am Schalter oder im Reisebüro persönliche Daten wie E-Mail-Adresse oder Handynummer angeben müssen. Entsprechendes berichten Fahrgäste, die darüber beim Fahrkartenkauf informiert wurden. Eine Anfrage der taz ließ die Bahn bis Redaktionsschluss unbeantwortet, bestätigte aber die Pläne gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.

Ver­brau­cher­schüt­ze­r:in­nen kritisieren die geplante Neuerung: „Die neueste Digitalisierungsidee der Deutschen Bahn ist unsinnig und unsozial“, sagt Marion Jungbluth, Mobilitätsexpertin beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) der taz. Wolle die Bahn eine sinnvolle Digitalisierungsmaßnahme umsetzen, dann solle sie dafür sorgen, dass die Informationen rund um die vielen Störungen besser und zuverlässiger werden.

Thilo Weichert von der Deutschen Vereinigung für Datenschutz und früherer Datenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein bezeichnet die Pläne im Gespräch mit der taz als „unsinnigen Digitalzwang“. Diese Daten zu erheben sei nur dann zulässig, wenn die Kun­d:in­nen informiert und freiwillig einwilligen würden.

Bislang gilt: Wer online kauft, also per App oder über die Webseite der Bahn, hinterlässt persönliche Daten, egal ob beim Kauf eines Sparpreis- oder Normalpreistickets. Nach Angaben des Unternehmens gegenüber der dpa werden derzeit vier von fünf Tickets online gekauft. Am Schalter oder am Automaten lassen sich Tickets aber bislang auch anonym erwerben – zum Beispiel dann, wenn man am Schalter bar bezahlt und sich das Ticket als Papierausdruck aushändigen lässt oder ebenfalls bar am Automaten zahlt.

Gegenüber der dpa begründet die Bahn die Neuerung mit Serviceargumenten: Fahrgäste könnten so besser über Veränderungen im Reiseablauf informiert werden. Das erklärt aber nicht, warum die Bahn nicht auf eine freiwillige Angabe der Kontaktdaten setzt. Auch diese Frage beantwortete das Unternehmen nicht.

Doppelte Hürde

Die neue Regelung ist eine doppelte Hürde: einerseits für Menschen, die gern sparsam mit ihren persönlichen Daten umgehen wollen, andererseits für Menschen, die keine Handynummer und E-Mail-Adresse haben. Beide Gruppen können für einen anonymen Sparpreiskauf nun noch auf Automaten ausweichen, von denen mindestens ein Teil Bargeld akzeptiert.

Doch gerade für Menschen ohne Technikroutine ist das wohl keine gangbare Lösung. Jungbluth kritisiert daher: „Zwangsweise auf die Herausgabe einer E-Mail-Adresse zu bestehen ist eine zusätzliche Barriere beim Bahnfahren, die besonders die Schwächsten in unserer Gesellschaft ausschließen wird.“ Die zusätzlichen Hürden verhinderten Teilhabe und schadeten letztlich dem Klimaschutz.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Deutsche Bahn mit fragwürdigen Datenschutzentscheidungen für Protest sorgt. So klagt die Bürgerrechtsorganisation Digitalcourage gegen das Unternehmen, weil es ihm vorwirft, Kun­d:in­nen in seiner Buchungs-App „DB Navigator“ unzulässig zu tracken, also digital zu verfolgen. So stellt die App laut der Klageschrift beispielsweise direkt nach dem Öffnen eine Verbindung zum US-Anbieter Adobe her, „zur Analyse und Tracking von Nutzerverhalten“. Die Bahn hingegen argumentiert damit, dass die Einbindung der Drittanbieter für das Funktionieren der App notwendig sei.

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