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Neuer Job für Andrea NahlesAndere Flughöhe

Anja Maier
Kommentar von Anja Maier

Andrea Nahles und Sigmar Gabriel haben den Bundestag verlassen. Er startet durch, sie backt kleinere Brötchen.

Andrea Nahles kurz vor ihrer Wahl zur Parteivorsitzenden der SPD Foto: Sven Simon/imago

S o geht es zu bei den SozialdemokratInnen: Wenn einer sich für die SPD jahrelang reingehängt hat – zum Beispiel als Vorsitzender –, wird nach der Parteikarriere noch mal richtig was aus ihm. Zum Beispiel Aufsichtsrat bei der Deutschen Bank. Sein Name: Sigmar Gabriel. Und wenn die Genossin eine Frau ist, wird sie Chefin einer nicht ganz so bedeutenden Behörde des aktuell von der SPD geführten Bundesfinanzministeriums. Ihr Name: Andrea Nahles.

Angesichts der Neuigkeit, dass Nahles Präsidentin der Bundesanstalt für Post- und Telekommunikation werden könnte, fällt der fehlende Glanz im Vergleich zu Sigmar Gabriel natürlich ins Auge. Beide haben im vergangenen Jahr die Politik verlassen. Beide haben am selben Tag ihr Bundestagsmandat zurückgegeben. Aber nur einer startet seitdem noch mal richtig durch.

Die 49 Jahre alte einstige SPD-Parteivorsitzende und Fraktionsvorsitzende, Bundesministerin und Generalsekretärin soll also nach knapp einjähriger Auszeit eine Behörde im beschaulichen Bonn leiten. Und Gabriel, ebenfalls gewesener SPD-Vorsitzender und Bundesminister (Ministerpräsident war er auch mal), sitzt im Aufsichtsrat einer global agierenden Aktiengesellschaft. Zudem hat ihn die einflussreiche Atlantikbrücke zu ihrem Vorsitzenden gewählt, er ist Mitglied diverser Kuratorien und Thinktanks geworden, und er arbeitet als Politikberater für ein US-Unternehmen.

Mag sein, dass Andrea Nahles freiwillig kleinere Brötchen backt. Von der Berliner Politik dürfte sie nach dem zuletzt geradezu selbstzerstörerisch illoyalen Umgang von Partei und Fraktion mit ihr die Nase voll haben. Außerdem: Ihre Tochter ist erst neun Jahre alt, und von ihrem Wohnort in der Eifel ist es gerade mal eine Autostunde nach Bonn.

Dennoch ist der Unterschied in der Flughöhe zu Sigmar Gabriel eklatant. Auch er hat kleine Kinder. Aber offenbar jede Menge Zeit, Energie und Netzwerke, um sich beruflich noch mal neu zu erfinden. Das mag gut sein für jene, deren Interessen er vertritt. Aber es ist desillusionierend für die nicht minder begabten Berufspolitikerinnen dieses Landes.

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Anja Maier
Korrespondentin Parlamentsbüro
1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.
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11 Kommentare

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  • Ich sach's mal so: Pöstchenschieberei auf Parteiticket wird auch nicht erträglicher, wenn sie nach Gleichstellungsregeln betrieben wird. (;-))

  • Zur Flughöhe mal soviel: derz, Präsi -

    “ Kurz-Biographie: Andreas Hermes

    Nach Stationen in der Privatwirtschaft – unter anderem für die Mannesmann DEMAG – trat Andreas Hermes 1993 als Referent in das Bundesministerium der Finanzen ein. Von 1995-1998 war er persönlicher Referent des Bundeskanzlers, bevor er in das BMF zurückkehrte. 2006 führte ihn sein Weg erneut ins Bundeskanzleramt, wo er als Gruppenleiter zuständig war für die Koordinierung der Europapolitik, die Vorbereitung der Europäischen Räte und die Wirtschafts- und Währungsunion. 2011 wurde er erneut für das BMF tätig und übernahm die Unterabteilung Personal, Organisation und Haushalt in der Zentralabteilung des Ministeriums.“

    & The job



    “ Seit 2015 ist Andreas Hermes Präsident der BAnst PT. Er regelt die innere Organisation durch eine Geschäftsordnung und vertritt die Behörde gerichtlich und außergerichtlich. Der Präsident führt die Geschäfte in eigener Verantwortung nach Maßgabe des Bundesministeriums der Finanzen, kurz BMF.“



    www.banst-pt.de/ue...-und-organisation/

    kurz - nach 24 Semester Germanistik -



    Ist - “Hausfrau oder Bundeskanzlerin“ -



    Immer noch ne offene Frage. Newahr.



    Normal Schon. Bauernfrühstück halt.🥳

    • @Lowandorder:

      Alles das zu einer hochkomplexen Materie mit einem notorisch elend



      zusammengeschusterten Gesetz - wobei es regelmäßig - z.B. Lizenzenvergabe - um etliche Milliarden geht. Gellewelle.

      Da kann frauman unserer Eifelelse als anerkannter Filigrantechnikerin nur -

      Gute Verrichtung - wünschen.

      So geht das - 😱 -

      • @Lowandorder:

        Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - nagt:

        “ "Gute Verrichtung" Google fragt: "Oder meinten Sie Gute Vernichtung?"

        & ergänzt - “ bon Äffel -



        Von der Eifel nach Bonn is ja auch nicht so weit. Und katolsch sinnse da och.“

  • 'Er' hat offensichtlich ein großes Vorbild: Den Ex-Kanzler Schrö.

    Aber seine Vorarbeit während seiner aktiven Zeit als Politiker ist wohl geringer. Solch mächtige Größen wie Putin sind ihm nicht verpflichtet. Als Parteivorsitzender verteidigte er vehement das Recht abgehalfterter Politiker ihr Wissen und ihre Beziehungen zur Wirtschaft zum persönlichen materiellen Vorteil nutzen zu dürfen.

    Der Staat - wir alle - leiden unter der Korrumpierung durch diese Vorgänge. Einige Wirtschaftsbosse und Leute wie Gabi profitieren aber dadurch.

  • Könnte es vielleicht sein, das eher die Laufbahn insgesamt Hintergrund für die jetzigen Positionen ist. Frau Nahles hatte das Bundesministerin für Arbeit und Soziales während Sigmar Gabriel Minister für Wirtschaft und Energie inne hatte. Womit empfiehlt man sich wohl eher für einen Aufsichtsratsposten? Wenn man möchte kann man hier wieder einen Frau-Mann-Diskurs führen, aber fehlenden Machthunger kann man Frau Nahles sicher nicht unterstellen - bleibt also letzten Endes nur die Qualifikation und der Gesamteindruck und da reicht es halt scheinbar in der Wahrnehmung nur für die Leitung von einer Behörde, die Beamte verwaltet.

  • Gegen den privatwirtschaftlichen Vertrag von Herrn Gabriel ist rechtlich nichts einzuwenden. Das er gemeine Sache mit den Banken macht, steht auf einem anderen Papier. Bei der Bundesanstalt mit Dienstherrenfähigkeit sollte eine Auswahl nach Eignung, Befähigung und Leistung erfolgen. (Art. 33 (2) GG, BBG...). Ich gehe davon aus, dass hier keine Ausschreibung erfolgt ist und es demzufolge auch kein Konkurrent mit Fachkenntnissen (Volljurist, Diplom-Verwaltungswirt) gibt.

  • Naja, ob man Aufsichtsrat der Deutschen Bank als glanzvoll ansieht - insbesondere wenn es jemand ist, der wenigstens laut Parteibuch sozialdemokratisch ist - weiß ich ja nicht. Oder ist mit "glanzvoll" jede Menge Schotter im Austausch gegen sozilale Skrupel gemeint. Dann ok. Der Glanz des Geldes wohl eher.

  • Gabriel im "Aufsichtsrat einer global agierenden Aktiengesellschaft. Zudem hat ihn die einflussreiche Atlantikbrücke zu ihrem Vorsitzenden gewählt, er ist Mitglied diverser Kuratorien und Thinktanks geworden, und er arbeitet als Politikberater für ein US-Unternehmen."

    Könnte es evtl. sein, daß Frau Nahles ihren Lebensentwurf der oben aufgezählten Monstrositäten-Schau vorzieht. Meine Sympathie hätte sie.

  • Die Versorgung von Verwandten, Parteikollegen usw. mit lukrativen Posten gibt es nicht nur in Italien, Rumänien, Ungarn und Griechenland, dass heiß begehrte FakiLaki gibt es überall auf der Welt.

  • Vielleicht ist Gabriel auch einfach kompetenter als Nahles.