Neuer Gouverneur von Odessa: Pikante politische Provinzposse

Michail Saakaschwili, der abgehalfterte Expräsident Georgiens, regiert nun die Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer.

Ukraines Präsident Ptero Poroshenko mit dem neuen Gouverneur Michail Sakaschwili in Odessa. Foto: AP

KIEW taz | Odessa, die größte ukrainische Hafenstadt am Schwarzen Meer, hat einen neuen Gouverneur. Am Samstag hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko Georgiens Ex-Präsident Michail Saakaschwili, dem er erst tags zuvor die ukrainische Staatsbürgerschaft verliehen hatte, offiziell ernannt.

Unter den ersten Gratulanten war Kiews Bürgermeister Vitalij Klitschko. Große Hoffnungen in den neuen Gouverneur setzt auch der Berater des ukrainischen Innenministers, Anton Geraschtschenko: „Mit seinem Beispiel wird er zeigen, wie gnadenlos man die faulende Struktur der lokalen Macht, die auf Vetternwirtschaft und Korruption basiert, zerstören muss,“ erklärte er.

Doch nicht überall sieht man in Saakaschwili einen Kämpfer gegen Korruption und Vetternwirtschaft. In seiner georgischen Heimat wirft die Staatsanwaltschaft ihm Veruntreuung von fünf Millionen Dollar, Amtsmissbrauch beim gewaltsamen Auflösen einer Demonstration und den Auftrag zum Überfall auf den georgischen Abgeordneten Valerij Gelaschwili 2005 vor.

In Odessa befürchtet man eine Verschärfung des Konfliktes um die nicht anerkannte „Republik Transnistrien“, die sich 1992 nach einem kurzen Krieg von Moldawien abgespalten hatte. Am 21. Mai 2015 hatte die Ukraine eine Vereinbarung mit Russland über den Transit russischer Soldaten nach Transnistrien, das zwischen der Ukraine und Moldawien liegt, über ukrainisches Territorium einseitig gekündigt. Die ukrainische Entscheidung kommt einer Blockade Transnistriens gleich. Ende der vergangenen Woche riefen deshalb über hundert Intellektuelle Transnistriens den russischen Präsidenten Putin auf, die Republik anzuerkennen.

Ein „Nowogeorgia“

Für viele Beobachter kommt die Ernennung Saakaschwilis, der für sein hartes Vorgehen gegen Separatisten im eigenen Land bekannt ist, zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Wjatscheslaw Asarow, Aktivist der anarchistischen Szene von Odessa, sieht in der Ernennung von Saakaschwili einen Versuch, den Konflikt um das 50 km von Odessa entfernte Transnistrien wieder aufzutauen.

Gleichzeitig solle der neue Präsident die Privatisierung des Hafens von Odessa politisch durchsetzen. Doch in beiden Punkten, so Asarow zur taz, müsse Saakaschwili mit Widerstand in Odessa rechnen. Es könne sogar punktuell zu einer Koalition von oppositionellen und regierungstreuen Kräften kommen.

Seit seiner Ernennung zum Gouverneur von Odessa ist Saakaschwili Ziel bissiger Kommentare in den sozialen Netzen. Kiew wolle Putins Projekt eines „Noworossia“ offensichtlich ein „Nowageorgia“ entgegenstellen, meinte ein Nutzer unter Anspielung zahlreicher georgischstämmiger Minister in der Regierung. Ein anderer schlug vor, Arnold Schwarzenegger zum Gouverneur von Donezk zu ernennen.

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