Neue Väterrollen: Liebe statt Heldentum
Laut einer Studie wollen Väter mehr da sein für ihre Kinder. Damit das Realität wird, müssen sich Väter ebenso bewegen wie Arbeitgeber und Mütter.
V äter wollen heute ihren Kindern vor allem Liebe geben und viel Zeit mit ihnen verbringen. Die Jahre der Ernährer-Väter, die rund um die Uhr für die Familie das Geld verdienten und deshalb für die Kinder so unerreichbar wie unbekannt waren, scheinen vorbei zu sein. So jedenfalls besagt es eine Studie der Technischen Universität Braunschweig und der Fachhochschule Kiel mit dem richtungsweisenden Titel „You don’t need to be Superheroes“.
Jawohl, möchte man rufen, nach der x-ten Eltern-Studie haben die Männer es kapiert. Heldentum ist out, mehr Zuwendung und Zeit für die Nächsten gefragt. Damit ist allen geholfen: den Kindern, der Familie, den Vätern selbst. Männer müssen nicht mehr vorrangig für das Familieneinkommen sorgen und stehen daher nicht mehr so unter Druck wie früher. Frauen haben dieselben Karrierechancen wie Männer und bleiben nicht länger auf die Muttirolle festgelegt. Kinder erleben beide Eltern gleichberechtigt – sowohl in der Alltagspräsenz als auch als Lebensanspruch.
Es gibt nur einen Haken: Zwischen der gewünschten und der gelebten Vaterrolle klafft eine Lücke. Nach wie vor sind laut der aktuellen Studie immer noch fast 85 Prozent der Väter wöchentlich 40 Stunden und mehr erwerbstätig. Während der andere Elternteil – vor allem Mütter, aber auch männliche Co-Eltern – gar nicht oder maximal 30 Stunden in der Woche arbeiten.
Auch hierfür sind die Gründe hinlänglich bekannt: väterfeindliche Arbeitsstrukturen in nicht wenigen Unternehmen, die Furcht von Männern, infolge von Elternzeit einen Karriereknick zu erleiden, aber auch das Beharren mancher Mütter auf einer zumindest temporären elterlichen Vorherrschaft.
Ändern muss sich an allen drei Seiten etwas. Das ist eigentlich nicht schwer – man muss es einfach machen. Hier gleich mal ein Vorschlag für die Ampelkoalition, womit sie beginnen könnte: Setzt in Deutschland doch endlich die EU-Richtlinie um, nach der Väter direkt nach der Geburt ihres Kindes zehn Tage bezahlten Vaterschaftsurlaub bekommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja