Neue Rechtsform für Unternehmen: Profite einzig für die Firma
Eine neue Rechtsform soll verhindern, dass Einzelne aus Unternehmen beliebig Geld abziehen können. Streit gibt es aber noch um das Wie.
Organisiert hat das die Stiftung Verantwortungseigentum, die Dutzende Unternehmen als Mitglieder führt, etwa die BMW-Stiftung, die Globus Holding (Baumärkte), Ecosia (Suchmaschine), die GLS-Bank und Weleda (Kosmetik).
Seit Jahren arbeitet sie daran, eine neue Form der Kapitalgesellschaft zu etablieren, die die jeweilige Firma vor Ausverkauf und Ausplünderung schützen soll. Die Gewinne müssten komplett im Betrieb bleiben. Die Gesellschafter dürften sich nicht persönlich bereichern und die Firma nicht an spekulative Investoren verkaufen.
Aus Sicht der Stiftung könnte das auch ein Beitrag zur Lösung des Nachfolgeproblems im Mittelstand sein. Denn tausende kleinere und größere Betriebe stehen vor der Herausforderung, dass die Gründer, ihre Nachfahren oder Erben die Geschäfte nicht selbst weiterführen können, sie jedoch auch nicht auf Gedeih und Verderb an externe Investoren veräußern wollen. Gäbe es die neue Gesellschaft mit gebundenem Vermögen, könnte man in solchen Fällen externe Geschäftsführer hereinholen, die allerdings nur beschränkten Zugriff auf das Betriebskapital hätten.
Buschmanns Eckpunkte
Nachdem die Idee 2021 bereits Eingang in den Koalitionsvertrag der Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP fand, lädt die Stiftung an diesem Dienstag auch zu einer Veranstaltung in den Bundestag. Wichtigster Punkt: Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) wird wohl Eckpunkte eines Gesetzentwurfes präsentieren.
Kürzlich war bereits bekannt geworden, dass Buschmann sich ein Kernelement der Forderungen zu eigen machen will: Die Gesellschafter der neuen, „thesaurierenden Kapitalgesellschaft“ sollen „weder offen noch verdeckt Gewinne entnehmen oder ausschütten und dies auch nicht über eine Änderung des Gesellschaftsvertrags aufheben können“.
Darüber hinaus scheinen aber erhebliche Differenzen zu bestehen zwischen den Vorstellungen des Ministers und denen der Stiftung. Buschmann will erstens wohl keine eigene, dann neue Rechtsform ins Leben rufen, sondern die Konstruktion möglichst nah an der existierenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ansiedeln. Zweitens enthalten die Eckpunkte anscheinend die Regelung, dass die Vermögensbindung nur in Deutschland gilt und bei einer Verlagerung der jeweiligen Firma in ein anderes EU-Land wegfällt.
Beides stößt auf Kritik der Stiftung und ist wohl auch nicht im Sinne der Ampel-Fraktionen. Deren Abgeordnete Katharina Beck (Grüne), Otto Fricke (FDP) und Esra Limbacher (SPD) haben eine Gruppe von Juristinnen und Juristen bereits damit beauftragt, einen eigenen Gesetzentwurf zu formulieren. Die Beteiligten sprechen sich dafür aus, eine neue Rechtsform – eben die GmgV – zu schaffen, weil dies einfacher sei, als an die traditionelle GmbH anzudocken. Außerdem sehen sie kein Problem darin, die Vermögensbindung in Einklang mit EU-Recht zu bringen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Israels Brüche der Waffenruhe
Die USA sind kein neutraler Partner
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles