Neues Förderprogramm der Bundesregierung: Millionen fürs Gemeinwohl
Der Bund fördert Unternehmen, die gesellschaftliche ökologische und soziale Probleme lösen wollen. Dafür stellt er zunächst 110 Millionen Euro bereit.
BERLIN taz | Ob Biobauernhof mit Abokisten und regionalen Verarbeitungsnetzwerken, Elektronikhersteller mit neutraler CO2-Bilanz und Bildungszentrum für Geflüchtete oder genossenschaftliches Baumodell – immer mehr Unternehmer:innen in Deutschland haben andere Ziele, als Gewinne zu maximieren. Genau deshalb fallen sie oft durch das Raster der bestehenden Förder- und Finanzierungsstrukturen.
Die Bundesregierung hat eine Richtlinie verabschiedet, die das ändern soll. Mit dem Programm „Nachhaltig wirken – Förderung gemeinwohlorientierter Unternehmen“ will sie es diesen Firmen und Organisationen erleichtern, an Beratungsangebote für Gründungen und Digitalisierung zu kommen, und sie dabei unterstützen, sich untereinander zu vernetzen.
Der Topf umfasst 110 Millionen Euro, die bis Ende 2028 abgerufen werden können. Die Hälfte kommt aus dem Europäischen Sozialfonds. Anträge können ab sofort an das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gestellt werden.
Das Förderprogramm setzt einen Teil der 2023 beschlossenen Nationalen Strategie für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen um. Diese nimmt erstmals direkt Genossenschaften, Sozialunternehmen und andere Akteur:innen in den Fokus, die gemeinwohlorientiert wirtschaften und das auch in ihren Eigentumsverhältnisse und Organisationsstrukturen widerspiegeln, etwa durch Beteiligung und Mitbestimmung der Beschäftigten.
Bewegung: Da geht noch mehr
Die Nationale Strategie besteht aus insgesamt 70 Maßnahmen, die etwa die Ungleichbehandlung beim Zugang zu Fremdkapital abbauen, die Gründung von Start-ups erleichtern und bei der Professionalisierung unterstützen sollen. Auch Änderungen des Gemeinnützigkeitsrechts sind in Arbeit.
Die Bewegung Gemeinwohl Ökonomie Deutschland hält die Strategie „für einen Meilenstein beim Abbau struktureller Benachteiligungen“. Im Sinne einer nachhaltigen Transformation der Wirtschaft fordert sie aber, darüber hinaus auch die Vergabe öffentlicher Aufträge oder die Gewinnbesteuerung „einheitlich an Kriterien zu knüpfen, die positive Wirkungen auf Gesellschaft und Natur haben“.
Leser*innenkommentare
Dietmar Rauter
Gemeinwohl am Beispiel der (kriselnden`?) Autoindustrie: Wir haben für unser Mobilitätsproblem die falschen Ansprechpartner ! Die chinesischen Autohersteller könnten günstigere Fahrzeuge bauen. Dass sie kein kleines Elektroauto um die 10000 € anbieten, liegt nur daran, dass auch sie daran interessiert sind, von höheren 'Markt'-Preisen zu profitieren. VW, Audi, BMW & Co hatten einst sehr viel investiert, um das hierzulande teure Personal einzusparen. Da die Automatisierung und Roboterisierungs-Technik sehr teuer war und nur über viele Jahrzehnte abgeschrieben werden müssten, die Entwicklung günstigerer Fahrzeuge für E-Mobile aber viel schneller verläuft (was Elon Musk ausnutzen kann), hilft hierzulande nur ein stillschweigendes Kartell, eben die Fahrzeuge teurer zu verkaufen mit möglichst viel Schnickschnack, um das Fahrzeug 'aufzuwerten'. Nur so lassen sich die hohen Gewinne bei kleineren Absatzzahlen erklären. Wir bräuchten einen Investor gegen diese lobbygetriebene Industrie, der es ermöglichen könnte, ein kleines E-Auto für unter 12000 anzubieten. Die Folge wäre ein DAX-Absturz, da zur Zeit noch zu Viele von den (zu) hohen Börsenwerten der Altvorderen PROFITieren. Gemeinwohl ?
Goldi
Danke für den Bericht. Gute Sache, docj ein tropfne auf dme heißen Stein.
110 Milliarden im Fördertopf wäre förderlicher für das Gemeinwohl. Schließlich gehört die Sanierung der Bahn-Infrastruktur, die energetische Gebäudesanierung und die Förderung von regenerativer Energieerzeugung (Solarzellen auf dem Dach jedes öffentlichen Gebäudes/Neubaus) auch zum Gemeinwohl.
110 Millionen für 4 Jahre sind ein Witz. Das sind 27,5 Millionen pro Jahr. Einen größeren Bahnhof zu modernisieren ist schon teurer. Ein einzigen. Von 100erten größeren Bahnhöfen die sanierungsbedürftig sind.
Von der energetischen Sanierung von Wohnblöcken/Plattenbauten aus den 70er Jahren ganz zu schweigen.
Ich erwähne das hier auch noch einmal explizit, weil für die Bundeswehr problemlos 100 Milliarden an "Sondervermögen" durch den Bundestag gewunken werden (für 4 Jahre).
Perkele
Das ist eine sehr gute Initiative. Doch es steht zu befürchten, dass auch dieser Tropfen auf den heißen Stein abgefangen werden wird. Zuständig dafür in der Regierung ist die Pseudopartei FDP. Die werden schon eine Möglichkeit finden, denn bisher haben die alles torpediert, was auch nur in die Nähe von Klima- und Umweltschutz kommt.