Neue „Querdenker“-Proteste: Die üblichen Verdächtigen
„Querdenker“ sind da, wo der Frust ist, mal rechtsradikal, mal „besorgt“. Jetzt müssen die Parteien das Vertrauen in die Coronapolitik wiederherstellen.
I n letzter Zeit war es ruhig geworden um die selbsternannten „Querdenker“, doch am Wochenende marschierten sie wieder. In verschiedenen Städten, von Stuttgart bis Dresden, protestierten je ein paar Hundert gegen die Corona-Politik der Regierung. Die Slogans klangen gewollt harmlos: „Es reicht!“ oder „Gegen den Coronawahnsinn“ – wer würde dem nach einem Jahr Pandemie nicht zustimmen?
Auch wenn mit Sicherheit aus berechtigtem Corona-Frust einige existenzbedrohte Unternehmer:innen oder Kulturschaffende mitliefen, zeigen die Bilder von den Demos doch, dass sich hier nicht der Querschnitt der bundesdeutschen Bevölkerung Luft macht. Nein, hier versuchen die üblichen Verdächtigen vom rechten Rand die Merkelregierung zu diskreditieren und gegen „Altparteien“ und „Lügenpresse“ zu hetzen. Bilder von Demonstrant:innen, die, gerne ohne Maske und vereinzelt bewaffnet, Polizist:innen und Medienvertreter:innen attackierten, illustrieren das.
Diese Leute treibt kein aktueller Notstand auf die Straße; die Ausnahmesituation namens Pandemie gibt es seit einem Jahr und auch die Meinungsfreiheit ist nicht in Gefahr. Sie sind einfach immer dort zur Stelle, wo es Frust gibt. Mal treten sie offen rechtsradikal auf, mal als besorgte Bürger:innen. Seit 2015 versuchen sie verstärkt, Stimmung gegen Regierung und Verfassung zu machen. Nach der Flüchtlings- ist jetzt die Corona-Politik der GroKo ihr neuer Fokus.
Das Vertrauen in die Politik bröckelt
Und hier gibt es tatsächlich einigen Grund zum Unmut: Die Impfungen kommen nicht schnell genug voran, einige Berufsgruppen erreichen die Hilfsgelder nicht oder zu langsam, die Schließungs- und Lockerungsmaßnahmen wirken zunehmend planlos. Der Glaubwürdigkeitsverlust ist mit den Korruptionsaffären in der Union nahezu komplett. Viele Menschen, die lange hinter der staatlichen Corona-Politik standen, gehören jetzt zu den Unzufriedenen.
Es liegt jetzt an den demokratischen Parteien im Bundestag, das Vertrauen in einen funktionierenden Staat wieder herzustellen und die Wut der Bürger:innen dort zu adressieren, wo es nötig ist. Und den Verschwörungs-Rest dort zu lassen, wo er hingehört: am rechten Rand.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Bestürzung und erste Details über den Tatverdächtigen
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen