Neue Kampagnen in Hamburg: Ein Recht auf Nicht-Information
Durch lobende Erwähnung auf Werbe-Screens will Bürgerschaft ehrenamtliches Engagement fördern. Eine Volksinitiative will diese Bildschirme nicht.
![Menschen in der U-Bahn gucken auf Bildschirm Menschen in der U-Bahn gucken auf Bildschirm](https://taz.de/picture/4911198/14/U-Bahn-Fernsehen-1.jpeg)
Locken soll die Aussicht auf etwas Ruhm. Eine 13-köpfige Jury wird ab August zwölf Monate lang je eine ehrenamtlich tätige Person auszeichnen, die dann auf den über die Stadt verteilten „digitalen Screens“ von Ströer vorgestellt wird. Die Firma ist Pächter der Werbeflächen und verfügt über rund 2.500 Stadtbildschirme, die auch das Wetter, Rätsel und Nachrichten zeigen.
Nett, dass die Firma das anbietet. Bewerbungen gehen direkt an stroerhilft@stroer.de. In der Jury sitzen auch Azubis, ein Regionalleiter, eine Grüne, ein Moderator, ein Fußballer und Leute von Hilfsprojekten.
Nun gibt es aber nicht nur an derlei Ehrenamts-Kampagnen Kritik, etwa derart, dass hier der Sozialstaat ersetzt wird oder übertrieben gelobt und eine ganze „Anerkennungskultur“ aufgebaut wird, wie der Soziologe Stefan Selke einst der Stuttgarter Zeitung sagte. Auch diese Sreens selbst stehen in der Schusslinie. Gerade erst stellte die taz die Volksinitiative „Hamburg werbefrei“ vor, die sie abschaffen will.
Nur noch Papier-Plakate
„Außenwerbung erzieht Menschen dazu, Fast Food und Fast Fashion zu konsumieren, nikotinabhängig zu werden und immer mehr Produkte zu wollen“, sagt Initiator Martin Weise. Er findet, die Ehrenamts-Initiative sei Schönfärberei. „Wer hat bei dem dadurch erzeugten Konsumstress noch Zeit und Aufmerksamkeit für sich und seine Mitmenschen?“, fragt der 36-jährige Pflegeassistent.
Vorbild für “Hamburg werbefrei“ ist die Initiative „Berlin werbefrei“, die sammelte schon über 40.000 Unterschriften und fordert, dass es nur noch Papierplakate geben soll, auch weil die Digitaltafeln Strom verbrauchen und Lichtverschmutzung erzeugen. „Es gibt im Grundgesetz auch die negative Informationsfreiheit. Das heißt, ich muss im öffentlichen Raum nicht in unzumutbarer Weise Informationen rezipieren“, sagt der Berliner Initiator und Jurist Fadi El-Ghazi.
Die taz hat eine Idee: Die Kritiker von „werbefrei“ sorgen sich um den öffentlichen Raum als Wohnzimmer aller Menschen. Ein tolles Engagement! Das gehört auf die Screens. Kaija Kutter
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