Neue Firmenzentrale in Bremen: Kühne+Nagel soll bauen
Die Bremer Baudeputation befürwortet den Platzverkauf an Kühne+Nagel. Die NS-Firmengeschichte dürfe aber nicht unter den Tisch fallen, fordert der Vorsitzende.
BREMEN taz | In nicht-öffentlicher Sitzung hat die Baudeputation gestern dem Grundstücksverkauf an der Kaisenbrücke an Kühne+Nagel zugestimmt. Das detaillierte Abstimmungsergebnis wird nicht kommuniziert.
Im öffentlichen Teil wurde der entsprechende Bebauungsplan gegen die Stimme von Claudia Bernhard (Linke) beschlossen. Während Frank Imhoff für die CDU den Bau „begrüßte“, sprach Bernhard von einer „inakzeptablen“ Architektur mit „belastender Massivität“.
Der Deputations-Vorsitzende Jürgen Pohlmann (SPD) erklärte, ein Architektur-Wettbewerb wäre „in jedem Fall besser“ gewesen. Wenigstens hatte die Senatsbaudirektorin verhindert, dass Kühne+Nagel an die Kaisenbrücke einen Glas- und Stahlpalast hinstellt, wie ihn die Firma in Hamburg besitzt und ursprünglich auch für Bremen wollte.
Auch der Kaufantrag der taz für vier Quadratmeter der selben Fläche wurde wiederholt angesprochen: Dank eines erfolgreichen Crowdfundings bietet die taz mit 2.000 Euro pro Quadratmeter mehr als das Doppelte dessen, was Kühne+Nagel bezahlen soll. Auf dieser Fläche will die taz ein „Arisierungs“-Denkmal initiieren. Hintergrund ist die von Kühne+Nagel noch immer nicht eingestandene Dimension seiner NS-Geschäfte: Das Unternehmen hatte sich das faktische Monopol für den Abtransport sämtlicher Besitztümer der aus Westeuropa deportierten jüdischen Bevölkerung gesichert.
» Kühne+Nagel will sich seiner NS-Geschichte nicht stellen, der Bremer Senat will der Firma ein günstiges Grundstück am Weserufer verkaufen.
» Die taz zieht daraus Konsequenzen: Sie sammelt Geld, um mitbieten zu können und für die Errichtung eines "Arisierungs"-Denkmals auf dieser Grundfläche. Der Ideen-Wettbewerb ist bereits angelaufen. Informationen und Einsendungen unter 4qmWahrheit@taz.de
» Mehr zur Kampagne: http://www.taz.de/!161540/
Zunächst hatte das Bauressort den Kaufantrag der taz mit dem Hinweis abgewiesen, die Fläche könne nur als ganze verkauft werden. Zudem habe die taz keine Kostenübernahme für die Entsorgung im Boden liegender Altlasten übernommen sowie für „die erforderlichen Umbauten hinsichtlich der Verkehrsinfrastruktur“.
Allerdings will die taz keineswegs – im Gegensatz zu Kühne+Nagel – ein Stück der bestehenden Kreuzung überbauen. Die taz garantierte jedoch die Aufarbeitung etwaiger geologischer Altlasten unter dem Denkmal und bat um Begründung, warum der erlös-maximierende Separat-Verkauf von vier Quadratmetern nicht möglich sein soll.
Gestern nun erklärte das Ressort, der Antrag der taz entspräche „nicht dem Aufstellungsbeschluss“ für das Grundstück, der dort alternativlos ein Bürogebäude vorsehe. Dieses wiederum könne „ausschließlich an Anlieger zum Zwecke der Betriebserweiterung“ veräußert werden. Da es demzufolge keine öffentliche Ausschreibung gegeben habe, bestehe „keine Verpflichtung, Kaufangebote Dritter zu berücksichtigen“. Dieser Argumentation folgte offensichtlich eine Mehrheit.
Kontroversen gab es im öffentlichen Teil um die Frage, ob Neubau-Genehmigung und fehlende Geschichtsaufarbeitung im Zusammenhang zu diskutieren seien. Robert Bücking von den Grünen verneinte das vehement. Pohlmann bezeichnete es hingegen als „kluge Idee der taz“, das historische Thema auch auf diese Weise zu transportieren. Das Thema müsse weiter bewegt werden. Auch der Beirat Mitte hatte erklärt: „Der Neubau an dem Ort, an dem bereits das Stammgebäude der Firma stand, wäre ein guter und geeigneter Zeitpunkt, sich seiner Vergangenheit zu stellen.“
Jens Crueger (SPD) erinnerte hingegen an den „zwecklosen Versuch“ der Stadt Coburg, die Benennung einer Straße nach einem NS-belasteten Firmengründer zu verweigern. Letztlich habe sie vor dem großflächigen Sponsoring-Entzug seitens des Unternehmens einknicken müssen.
Die nächsten Entscheidungen treffen kommende Woche Senat und Haushaltsausschuss.
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