Kühne+Nagel: Jetzt ist der Bremer Senat an der Reihe
Am Dienstag entscheidet der Senat, ob der Logistikkonzern an der Weser baut - und ob die taz auf dem Gelände an dessen immense NS-Geschäfte erinnern darf.
Das hatte er schon vor einem Jahr angekündigt, als er das 125-jährige Firmenjubiläum auf dem Bremer Marktplatz feierte und dabei den Neubau mehr oder weniger als Geschenk an die Stadt präsentierte. Diese nicht eben unbescheidene Haltung demonstrierte der Konzern auch, als sein Architekt jüngst erklärte, „die Baugenehmigung“ eingereicht zu haben. Ein Versprecher, der für sich spricht.
Auch das Bauressort erweckte nicht den Eindruck übermäßiger Distanz: Die Entwurfs-Präsentation wurde als „Pressekonferenz von Kühne+Nagel“ deklariert, „für die wir gerne unsere Räume zur Verfügung stellen“.
Dennoch verlief der bisherige Marsch des Bauantrags durch die Gremien keineswegs geräuschlos – auch, weil sich die taz mit ihrem Crowdfunding „4 qm Wahrheit“ für ein „Arisierungs“-Denkmal am gleichen Standort eingemischt hatte. Seitdem werden die unaufgearbeitete NS-Geschichte des Konzerns und der mit 960 Euro pro Quadratmeter nicht ganz ungünstige Grundstückspreis breit diskutiert. In der Baudeputation nahm die NS-Vergangenheit von K+N breiten Raum ein, ebenso beim zuständigen Ortsbeirat, der den Grundstücksverkauf nur mit äußerst knapper Mehrheit billigte.
In Bezug auf den Grundstücksverkauf hat die taz erreicht, was sie erreichen konnte. Dennoch bleibt unterm Strich ein zutiefst unbefriedigender Befund: Noch heute kann es sich ein Unternehmen letztlich leisten, seine NS-Geschichte kaschieren, selbst, wenn sie monströse Dimensionen hat – und bekommt einen öffentlichen Platz zur baulichen Selbstinszenierung verehrt. Nun hat der Senat die letzte Gelegenheit, ein anderes Zeichen zu setzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben