Neue Fahrradautobahn gebaut: Schöner radeln im Ruhrgebiet

In einer halben Stunde von der Universität Essen bis zum Mülheimer Bahnhof sausen – 100 Kilometer ohne Stau und ohne Abgase.

Modell der künftigen Fahrradautobahn

Ohne Steigung und fast ohne Kurve: Modell des neuen Fahrradschnellweges durchs Ruhrgebiet. Foto: Archiv

MÜHLHEIM taz | Keine Autos, keine Ampeln und eine spiegelglatte Bitumendecke – auf dem ersten Abschnitt des Radschnellwegs Ruhr macht radfahren Spaß. „Sie können in dreißig Minuten von der Universität Essen bis zum Mülheimer Hauptbahnhof durchradeln, das schafft kein Auto“, schwärmt Martin Tönnies, Planungsdezernent beim Regionalverbund Ruhr. Der RVR hat die Strecke geplant und gebaut.

Der erste Abschnitt der Fahrradschnellstraße ist vier Meter breit und verläuft fast ohne Steigung gradlinig auf einer ehemaligen Güterbahntrasse. Spaziergänger können die Strecke ebenfalls nutzen, neben ihr gibt es einen zwei Meter breiten Fußweg.

Mit der Fahrradschnellverbindung zwischen Essen und Mülheim nimmt ein für Deutschland wegweisendes Infrastrukturprojekt seinen Anfang. Das Ziel ist ein über 100 Kilometer langer Radhighway quer durchs Ruhrgebiet – von Duisburg über Essen, Bochum, Dortmund bis nach Hamm – der sich in das regionale Radwegenetz integriert.

Fast ausschließlich wird dabei vorhandene Infrastruktur genutzt, zum Beispiel die stillgelegten Bahngleise der Rheinischen Bahn von Duisburg bis nach Bochum. Sie führen mitten in die Innenstädte zu wichtigen Verkehrsknotenpunkten. Von den Bahnhöfen können Pendler dann auch auf Regionalbahnen umsteigen. Die Fahrzeiten werden dadurch für Fahrradpendler teilweise halbiert.

184 Millionen Euro soll der Radschnellweg Ruhr kosten.

184 Millionen Euro soll der Radschnellweg Ruhr insgesamt kosten. Das erste Teilstück wurde zur Hälfte von der EU, zu 30 Prozent vom Land NRW und zu 20 Prozent vom Regionalverband Ruhr finanziert. Doch für jede weitere Etappe muss die Finanzierung neu verhandelt werden. Daher kann niemand sagen, wann die Fahrradautobahn fertig sein wird. Die nächste Etappe – die Verbindung bis nach Duisburg an den Rhein – will der Regionalverband Ruhr in den nächsten zwei Jahren fertigstellen. 2017 ist Essen europäische Umwelthauptstadt, da stände ihr das innovative Verkehrskonzept gut zu Gesicht. Ein Fünftel der Gesamtstrecke wäre dann geschafft.

Licht und Unterhalt kosten drei Millionen Euro jährlich

Politisch steht das Ruhrgebiet geschlossen hinter dem Projekt, zuletzt hat der Dortmunder Stadtrat für den Ausbau grünes Licht gegeben. Die Kommunen sind für die Instandhaltung zuständig – und die wird kosten, denn die Strecke soll beleuchtet und im Winter geräumt werden. Für die Gesamtstrecke bedeutet das mindestens 3 Millionen Euro jährliche Kosten.

Daher hoffen der Regionalverband Ruhr und die teils klammen Kommunen auf eine Gesetzesänderung: Radschnellwege könnten künftig zu Landesradwegen deklariert, ihr Unterhalt würde dann vom Land NRW getragen. Auch der Bund ist gefragt: Er hat bislang nur Unterstützung für Strecken entlang der Bundesstraßen zugesagt, das Projekt ist zudem für den Bundesverkehrswegeplan angemeldet.

Rund 1,8 Millionen Menschen leben entlang des Radschnellwegs. Laut einer Studie wird er zu täglich 50.000 Autos weniger auf den Straßen des Ruhrgebiets führen, über 16 Tonnen Kohlenstoffdioxid könnten jährlich eingespart werden. Wer mit dem Auto durchs Revier pendelt, kennt den Horror des Berufsverkehrs: Baustellen und Staus ohne Ende. Fahrradautobahnen als Mittel gegen das Verkehrschaos – die Idee stammt aus den Niederlanden. Dort werden seit Jahrzehnten „Fietssnellwege“ gebaut – mit Staatsmitteln aus Antistauprogrammen.

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