Neue EU-Kommission im Amt: Ein weiterer Reibungspunkt
Die neue Kommission ist bestätigt, doch die vergangenen Wochen haben gezeigt: Die Präsidentin kann sich einer Mehrheit nie sicher sein.
F ast könnte man sie bemitleiden. Ursula von der Leyen hat es zwar geschafft – das Europäische Parlament hat ihre EU-Kommission bestätigt. Doch vor der Präsidentin liegt eine außerordentlich schwierige Amtszeit.
Von der Leyen, die frühere Bundesverteidigungsministerin, war selbst nur mit einer äußerst knappen Mehrheit ins Amt gelangt. Und auch wenn das gesamte umstrittene Team in Brüssel am Mittwoch mit 461 mehr Ja-Stimmen erhielt als damals seine Chefin, haben die Abgeordneten in den vergangenen Wochen auch bei den einzelnen Anhörungen der Kommissare noch einmal gezeigt, dass die Kommissionspräsidentin sich einer Mehrheit nie sicher sein kann. Erst recht nicht einer pro-europäischen.
Dass das Parlament drei nominierte KandidatInnen für das Team abgelehnt hat, war schon rekordverdächtig. Der Ärger fiel zurück auf von der Leyen: Als Frankreichs Kandidatin Sylvie Goulard aus dem Rennen flog, schäumte der französische Präsident Emmanuel Macron in einer Pressekonferenz vor Ärger fast über und schob die Schuld auf die neue Kommissionspräsidentin.
Nun sind Meinungsverschiedenheiten Alltag in einer Union, deren Mitgliedsländer in vielen Fällen nicht dieselben, manchmal sogar direkt entgegengesetzte Interessen haben. Aber da auch das Europaparlament heute fragmentierter ist als zuvor, ist ein weiterer Reibungspunkt entstanden. Vorbei die Einigkeit von Konservativen und Sozialdemokraten, heute muss für Mehrheiten in Straßburg stärker gekämpft werden – zumal auch die Grünen durch die Europawahl im vergangenen Mai gestärkt sind und mehr Selbstbewusstsein an den Tag legen können.
So ist das halt in einer Demokratie, könnte man entgegnen, wie es die frühere SPD-Justizministerin Katarina Barley, heute Vizepräsidentin des EU-Parlaments, kürzlich im taz-Interview tat. Richtig. Zu hoffen ist nur, dass dies die EU nicht mehr lähmt, als es eh schon in vielen Fragen der Fall ist, weil etwa Mitgliedsländer im Rat Fortschritte blockieren. Europafeinde und -skeptikerInnen warten nämlich nur darauf, die Europäische Union strampeln zu sehen.
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