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Neue Coronabeschlüsse in DeutschlandWas beschlossen wurde

Die Omikron-Variante wird Deutschland bald überrollen. Generelle Kontaktbeschränkungen gibt es laut Bund-Länder-Runde aber erst nach Weihnachten.

Erklärt die neuen Spielregeln: Kanzler Olaf Scholz Foto: reuters

Berlin taz | Wenn Weihnachten vorbei ist, wird es zusätzliche Corona-Einschränkungen geben. Das haben Kanzler Olaf Scholz (SPD) und die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen der Länder am frühen Dienstagabend auf einer Video-Schaltkonferenz verabredet. Sie wollen damit die Ausbreitung der Omikron-Variante eindämmen. Wegen der hohen Ansteckungsgefahr und weil Omikron teilweise den Impfschutz unterläuft, drohe eine „explosionsartige Verbreitung“.

„Spätestens ab dem 28. Dezember“ sind private Zusammenkünfte von Geimpften und Genesenen nur noch mit maximal 10 Personen erlaubt. Kinder bis zum 14. Lebensjahr zählen nicht mit. Sobald mindestens eine ungeimpfte Person dabei ist, gelten die bereits bei einer Bund-Länder-Runde Anfang Dezember beschlossenen Kontaktbeschränkungen für ungeimpfte Personen: Das Treffen ist dann auf den eigenen Haushalt und höchstens zwei Personen eines weiteren Haushaltes beschränkt.

Ebenfalls ab dem 28. Dezember sind Tanzveranstaltungen verboten. Clubs und Diskotheken müssen schließen. Bisher ist dies nur ab einer Inzidenz von 350 vorgesehen. Zudem sollen überregionale Großveranstaltungen wie Fußball-Bundesliga-Spiele „ohne Zuschauer“ stattfinden. Derzeit darf bei Veranstaltungen im Freien noch 30 bis 50 Prozent der Kapazität genutzt werden, mit einer Obergrenze von 15.000 Zuschauenden.

Alle drei Maßnahmen sind bisher lediglich politische Verabredungen. Rechtlich wirksam sind sie erst, wenn die Länder sie in ihren jeweiligen Coronaverordnungen umsetzen.

Gerne auch strenger

Ziel der Verabredung ist keine bundesweite Vereinheitlichung. Vielmehr werden die Maßnahmen als „Mindeststandards“ bezeichnet. Besonders betroffenen Ländern wird ausdrücklich zugestanden, dass sie strengere Regeln beschließen können.

Neben den neuen Maßnahmen erinnerte die Bund-Länder-Runde an bereits geltende Beschränkungen wie die 3-G-Regelung am Arbeitsplatz und im öffentlichen Verkehr sowie die 2-G-Regelung in Kultureinrichtungen, Gastronomie und Einzelhandel (außer beim täglichen Bedarf). An Silvester soll ein Feuerwerksverbot auf publikumsträchtigen Plätzen gelten, die die jeweiligen Kommunen bestimmen.

Die Möglichkeiten der Länder, weitergehende Maßnahmen zu beschließen, sind rechtlich beschränkt. Weil die Ampel-Mehrheit im Bundestag auf Wunsch der FDP die Feststellung der „epidemischen Lage nationaler Tragweite“ nicht verlängert hat, steht den Ländern seit dem 25. November nicht mehr der große Instrumentenkasten zur Verfügung. Die Länder dürfen deshalb keine Ausgangssperren mehr anordnen und keine Reisen verbieten. Sie dürfen weder Schulen und Kitas noch Hotels, Einzelhandel und Sporteinrichtungen schließen. Demonstrationen und Gottesdienste dürfen nicht untersagt werden.

BaWü und Sachsen unterlegen

Baden-Württemberg und Sachsen forderten daher in einer Protokollnotiz zum Bund-Länder-Beschluss den Bundestag auf, den Ländern schnellstmöglich wieder den vollen Maßnahmenkatalog zur Verfügung zu stellen. Um der Forderung nachzukommen, könnte der Bundestag erneut die „epidemische Lage nationaler Tragweite“ feststellen oder er müsste das Infektionsschutzgesetz ändern. Dazu wird es zunächst aber wohl nicht kommen, immerhin haben sich 14 Bundesländer dem Protest aus Baden-Württemberg und Sachsen nicht angeschlossen.

Falls die Länder über die Mindeststandards hinausgehen wollen, stehen ihnen auch durchaus noch weitere Maßnahmen zur Verfügung, etwa die generelle Schließung der Gastronomie, das Verbot von Messen und Kongressen, das Verbot von Kultur- und Sportveranstaltungen sowie das Verbot, Alkohol auszuschenken und in der Öffentlichkeit zu konsumieren. Als Voraussetzung müssen die Landtage eine epidemische Lage auf Landesebene feststellen.

An vielen Stellen enthält der Bund-Länder-Beschluss lediglich Appelle der Politik an die Bevölkerung: Die Leute sollen sich impfen und boostern lassen. Sie sollen sich vor privaten Treffen testen lassen und während der Treffen sollen sie regelmäßig lüften.

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5 Kommentare

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  • Nur wieder auf Sicht fahren?



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    KURZES BREMSEN ALS TECHNIK BEKANNT//



    //



    Drosten hatte für die Lage/



    Des Lockdown ein schönes Bild/🚛



    Instruktiv, ist keine Frage/



    Denn als sehr plausibel gilt/



    Beschleunigung auf Weg bergab/🛷



    Kann man bremsen leicht noch oben/



    Kommt die Kiste erst auf Trapp/



    Muss man dann den Himmel loben/



    Wenn man heil kommt an im Tal/



    Ohne einen Accident⚠️/



    Auf deutsch ist gemeint Unfall/



    Weil der Beginn ward verpennt./



    //



    www.n-tv.de/wissen...cle22128465.html//



    Und das folgende ist wahr❗/



    Tipp stammt aus dem !letzten! Jahr.😳/



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    Wenn ich die Prognose stelle, dass -das L-Wort vermeidende- analoge Beschlussfassungen erforderlich sind, dann mach ich das doch sofort, um die Wirkung zu maximieren, den Aufwand für eintretende Schäden zu minimieren und schwere Verläufe zu mitigieren. Ist das Politik, wenn Vernunft temporär in den Halbschatten geschoben wird, damit Weihnachten eine "Heile Welt" Illusion werden kann?



    //



    Dezember 2021, Martin Rees

  • "oder er müsste das Infektionsschutzgesetz ändern. "

    Ein Gesetz, das man alle 5 Minuten ändern muss, ist Makulatur. Das Infektionsschutzgesetz muss einfach auf die entsprechenden Gegebenheiten angepasst sein. D.h., es muss bei einer milden Lage, milde Beschränkungen vorsehen und bei einer dramatischen Lage, härtere Maßnahmen zulassen.

    Es ist totaler Unsinn, das Gesetz jedes Mal zu ändern, wenn die Inzidenzen sich ändern. Was für Anfänger regieren uns da nur? Damit meine ich nicht nur die neue Ampel, die alte GroKo war kein bisschen besser.

  • "sind private Zusammenkünfte von Geimpften und Genesenen nur noch mit maximal 10 Personen erlaubt. Kinder bis zum 14. Lebensjahr zählen nicht mit."

    D.h., es gibt praktisch KEINE Einschränkungen. Lediglich riesige Silvesterpartys wären da nicht mehr mit drin oder Hochzeiten von Großfamilien. Das wird uns ja sicher ganz toll durch die neue Welle helfen. Und im Januar ist das Gejammer dann wieder groß, dass die Zahlen noch weiter gestiegen sind. By the way: die Zahlen sind auch jetzt schon so hoch, wie nie zuvor in der gesamten Pandemie.

    • @Jalella:

      Die maximale Krankenhausbelegung durch Corona war im letzten Winter höher, die maximale Intensivbelegung war im letzten Winter höher.

      Die Krankenhausbelegung ist bundesweit vom (diesjährigen!) Maximum bereits um etwa ein Viertel gesunken und wird die nächsten zwei Wochen weiter sinken, so viel kann man schon sicher sagen.

      Mit Omikron steht jetzt die 5. Welle vor der Tür, deren "Zahlen" noch viel höher werden, sie werden realistischerweise nicht mal vergleichbar sein, da die Testkapazitäten für die Erfassung nicht ausreichen wird.

      Gleichzeitig wird es die Welle mit der geringsten Krankheitsbelastung sein, dafür aber komprimiert auf ein paar Wochen, wodurch nach bisheriger Quarantäne-Regelung die Versorgungssicherheit durch zu viele Ausfälle bedroht wäre.

      Das ist das reale Problem. Eine Reduzierung der Quarantänedauer wird unumgänglich sein, um den Schaden möglichst gering zu halten.

  • Da stellt sich der neue Softie-Kanzler hin und behauptet, alle Wissenschaftler ständen hinter den verkündeten Massnahmen, um gleich darauf vom Roibert Koch-Institut korrigiert werden zu müssen, dass es da irgendwie missverstanden wurde in der Dramatik der Situation. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren ! Vor wenigen Tagen verkündete der SH-Gesundheitsminister , Heiner Garg/FDP, : 'Wir haben genug Impfstoff' ,so stellt sich heute heraus, dass die zur Impfung bereiten Institutionen mangels Versorgung nun doch nicht losboostern können. Diese Verharmlosungen sind Gift für das Vertrauen in staatliche Institutionen! Wenn wir keine Panik erzeugen wollen, fordert der Respekt von den Regierenden, dass sie alles tun, um uns zu schützen. Die Bürger*innen haben Anspruch darauf, reinen Wein eingeschenkt zu bekommen und keine verharmlosenden 'Massnahmen' vorgesetzt zu bekommen (nur weil die FDP ihrer Klientel, die sich in ihren Datschen besser zurückhalten kann, Zumutungen ersparen möchte).