Neue Agrarexportstrategie: Schlecht für Bauer, Tier und Umwelt
Auf Agrarexporte zu setzen, ist falsch – besser wäre es, sich um das Tierwohl zu kümmern.
B undeslandwirtschaftsminister Alois Rainer setzt mit seiner Agrarexportstrategie auf das falsche Pferd. Es ist ein Irrweg, die Ausfuhr von Lebensmitteln „zur Priorität“ zu erklären, wie es der CSU-Politiker am Mittwoch getan hat. Zumal er dafür „Bürokratie“ abbauen will, womit vermutlich Tierwohl- und Umweltstandards gemeint sind.
Auf dem Weltmarkt entscheidet vor allem der Preis. Mit der Konkurrenz etwa aus Südamerika mitzuhalten, ist für die meisten deutschen Bauern schon wegen hoher Kosten für Arbeitskräfte, Boden und Energie kaum möglich. Kein Abbau von Umweltauflagen könnte deutsche Produkte so weit verbilligen, dass dieser Nachteil wettgemacht würde.
Im Übrigen sind die meisten Vorschriften für Tier- und Umweltschutz in der Landwirtschaft notwendig. Es ist sinnvoll, giftige oder umweltschädliche Pestizide zu verbieten, körperenge Einzelkäfige für Sauen einzuschränken und die Verschmutzung des Grundwassers durch Düngemittel zu reduzieren. Selbst wenn die deutsche Landwirtschaft ihre Produktionskosten zulasten von Tieren und Umwelt senken würde: Mehr Abhängigkeit vom Export schadet ihr. Denn die Abnehmer können ihre Märkte jederzeit schließen.
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Als zum Beispiel China 2020 wegen der Afrikanischen Schweinepest in Brandenburg einen Importstopp für deutsches Schweinefleisch erließ, brach der deutsche Export zusammen. Russland belegte die EU-Milchwirtschaft 2014 mit einem politisch motivierten Embargo. Am Ende rief die Branche nach noch mehr Subventionen, um die Ausfälle zu kompensieren – und bekam sie. Mehr Exporte könnten sich für die deutschen Bauern sogar als Bumerang erweisen.
Wer auf weltweite Absatzmärkte setzt, kann schlecht plausibel machen, warum beispielsweise brasilianische Produkte hierzulande kaum zugelassen sein sollen. Diese Doppelmoral lässt sich langfristig nicht halten. Stattdessen sollte Rainer etwa mit Subventionen für den Stallumbau dafür sorgen, dass die Bauern zum Beispiel Fleisch tierfreundlicher erzeugen. Und dass mehr Verbraucher dafür bezahlen, beispielsweise durch eine moderate Tierwohlabgabe.
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