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Neubaustopp von ImmobilienkonzernPrivate schaffen keine neue Wohnung

Der Immobilienriese Vonovia will nicht mehr bauen – und die SPD weitermachen wie bisher. Die Partei hat in der Mietenkrise keine Konzepte mehr.

Seit' an seit' mit der Immobilienwirtschaft: Giffey und die SPD Foto: Jörg Carstensen/dpa

Berlin taz | Es war der Ansatz der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) zur Bewältigung des Mietenwahnsinns in Berlin: Nicht nur die landeseigenen Wohnungsunternehmen, sondern auch die Privaten sollten mithelfen, den Wohnungsmarkt zu entspannen.

Immer wieder stellte Giffey dem erfolgreichen Volkseintscheid zur Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne das Credo „Bauen, bauen, bauen“ entgegen. Ihr „Bündnis Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen“ war das Gegenmodell zum konfrontativen Ansatz der Enteignung. Der erste und wichtigste Punkt des Paktes: Der Neubau von 100.000 Wohnungen bis 2026.

Nun hat Berlins größter Immobilienkonzern, Vonovia, nicht einmal zwei Wochen vor der Wahl Giffey eine herbe Schelle verpasst: „Wir werden in diesem Jahr keinen Beginn von Neubauprojekten haben“, sagte Vonovia-Chef Daniel Riedl. Allein in Berlin würde der Bau von 1.500 Wohnungen eingestellt. Man müsste wegen gestiegener Baukosten bei Neubauten den Quadratmeter für 20 Euro kalt vermieten, damit es sich rentiere. Das aber sei auf dem deutschen Markt „völlig unrealistisch“.

Schon zuvor hatte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Tim-Oliver Müller, gewarnt, die Explosion der Baukosten werde den privaten Wohnungsneubau ausbremsen.

Private bauen keine Sozialwohnungen

Zumindest in Bezug auf Neubau darf Giffeys Bündnis damit als endgültig gescheitert angesehen werden. Von den großen Immobilienkonzernen hatte sich schließlich vor allem Vonovia dem Bündnis angeschlossen. Auch von der Mie­te­r:in­nen­be­we­gung war der Pakt von Beginn an heftig kritisiert worden. Da das Bündnis nicht auf verbindliche Beschlüsse, sondern lediglich auf Freiwilligkeit setzte, war etwa der Berliner Mieterverein gar nicht erst beigetreten.

Bei Letzterem zeigte man sich gegenüber der taz auch nicht überrascht von dem Rückzug: „Vonovia hat sich ohnehin kaum am sozialen Wohnungsbau beteiligt, deshalb ist das auch nicht wirklich schmerzhaft“, sagte Geschäftsführerin Ulrike Hamann der taz. Tatsächlich bauten private Konzerne im Jahr 2022 lediglich 166 Sozialwohnungen. Die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften dagegen errichteten im selben Zeitraum 6.500 Wohnungen – knapp die Hälfte davon Sozialwohnungen.

Der Rückzug von Vonovia bringt Giffey deshalb in die Bredouille. Am Dienstagabend, kurz nach der Bekanntwerden der Vonovia-Pläne, kündigte Giffey ein neues Konzept an. „Mein Vorschlag ist, die Mehrwertsteuer für den Bau von bezahlbaren Wohnungen zu reduzieren, um ihn gezielt anzukurbeln“, schrieb sie auf Twitter. Ziel müsse es sein, für die Konzerne „die Attraktivität“ zu erhöhen, sozialen Wohnungsbau zu errichten.

SPD steht nackt da

Damit setzt Giffey auch weiter auf Bauen, Bauen, Bauen. Noch mehr Erleichterungen, also Subventionen, sollen her, um die Privaten noch irgendwie dazu zu bewegen, ihren Beitrag zu leisten.

Etwas anderes bleibt der Regierenden und der SPD so kurz vor der Wahl wohl auch nicht übrig. Denn die SPD steht schlicht nackt da: Sie hat außer dem „Modell der ausgestreckten Hand“ keine Ansätze zur Hand, dem Mietenwahnsinn etwas entgegenzusetzen. Da aber auf profitorientierte Wohnungskonzerne in der Mietenkrise nicht zu zählen ist, implodiert nicht nur Giffeys Bündnis, sondern auch die Wohnungspolitik des Senats, die sie zur Chefsache erklärt hatte.

Selbst Rainer Braun vom wirtschaftsnahen Empirica-Institut kann der SPD scheinbar nichts mehr abgewinnen. „It's over now“, schrieb er auf Twitter. „Wer jetzt keine Strukturreformen angeht, sondern die ganze Misere mit neuen und noch höheren Subventionen wieder nur zuzukleistern versucht, hat von vornherein verloren“. Für diese Strukturreform aber, für diesen grundsätzlichen Wandel in der Stadtentwicklungspolitik, hat die SPD keine Angebote in Petto.

Alternative Konzepte liegen vor

Anders sieht es da etwa bei den Linken aus. Deren Spitzenkandidat Klaus Lederer hatte erst vor zwei Wochen vor einem „kompletten Stillstand“ beim Neubau gewarnt. Die Linke sieht das Problem im bestehenden System des sozialen Wohnungsbaus, in dem Wohnungen nur temporär gefördert werden und nach spätestens 30 Jahren aus der Preisbindung herausfallen. „Wir setzen uns deshalb für eine Direktfinanzierung der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ein“, so deren mietenpolitischer Sprecher, Niklas Schenker, zur taz.

Jährlich sollten die Landeseigenen eine Milliarde Euro – etwa 260 Millionen Euro mehr als bisher – für sozialen Neubau erhalten. Dabei solle eine dauerhafte Preisbindung vertraglich festgehalten werden. Entstehen könnten so laut der Linken 7.500 preisgebundene Wohnungen mit Mieten von durchschnittlich 7,50 Euro. Zudem will die Partei mehr gemeinsame Planung der Landeseigenen und eine kommunale „Bauhütte“, um ohne Profitdruck bauen zu können.

Katrin Schmidberger, mietenpolitische Sprecherin der Grünen, wies darauf hin, dass Giffeys Vorschlag der Mehrwertsteuersenkung Bundessache sei. Grundsätzlich brauche es eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit. Der Bund solle zunächst einmal die von der Ampel versprochenen Mie­te­r:in­nen­schutz­maß­nah­men umsetzen. Auch könne der Bund etwas gegen die gravierenden Bodenpreise in der Stadt tun. „Der Bundeskanzler hatte ja kürzlich so viel Kraft, sich für Enteignungen einzusetzen, da wäre es doch schön, wenn mal was Substanzielles kommt“, so Schmidberger zur taz.

Weitgehend infrage gestellt wird der Neubau inzwischen von einem Bündnis von stadtpolitischen Initiativen und Architektinnen und Architekten. Statt auf Neubau setzt dieses Bündnis Klimastadt Berlin 2030 auf den Umbau bestehender Gebäude. Mit bei diesem Bündnis ist auch Elisabeth Broermann von Architects for Future. Zuvor hatte sie schon in einem Interview gesagt: „Deutschland ist fertig gebaut“.

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9 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Bauarbeiter, Ingenieure, Projektentwickler, Lieferanten von Baustoffen und Maschinen arbeiten nicht ehrenamtlich. Wenn die bezahlt sind, ist nun einmal das Haus so teuer, dass die Bewohner, für die es bestimmt ist, sich Miete oder Eigentumswohnungs-Kaufpreis nicht leisten können.



    Kleine Stellschraube wäre der Grundstückspreis, allenfalls dort könnten Sozialistische Enteignungswünsche ansetzen.



    Wege aus diesem Dilemma sind kurzfristig nicht möglich. Ansätze könnten leider erst mittelfristig Innovationen in billigere Bauverfahren sein, ansonsten sehe einen hohen Subventionsbedarf, der den Staat überfordert, egal wie sie ausgereicht werden.



    Bleibt nur der Umzug in Gegenden mit Leerstand, Untervermietung, Wohnungstausch.



    Der Staat muss also Leute zum Umzug überreden, Hilfe für Konflikte in WGs und kinderreichen Familien organisieren.



    Schwer durchsetzbar sind Bekämpfung von Leerstand und Druck zum Umzug von Einzelpersonen von großen in kleine Wohnungen.

  • "auch die Privaten sollten mithelfen, den Wohnungsmarkt zu entspannen."

    Wie bescheuert müsste man als "Privater" sein, in Berlin in sozialen Wohnungsbau zu investieren, wissentlich einer unkalkulierbaren RRG Regierung, die nicht anderes kann als "Enteignung" und "Mietendeckel" zu rufen.



    Jetzt ziehen sich sogar schon die ganz großen Privaten wie Vonovia zurück und die Regierung hat es immer noch nicht verstanden.



    Kurzform: Nur Verrückte würden noch Geld in den Wohnungsbau in Berlin stecken", die anderen habt ihr vergrault.

  • Warum soll Vonovia in Berlin bauen, wenn sie damit rechnen müssen, nach der Wahl enteignet zu werden?



    Und die gemeinnützigen Gesellschaften wollen ja anscheinend auch nicht so recht, wenn sie mit 1 Mrd angefüttert werden müssen.

  • Wie witzig: Der Kommentator kritisiert, dass Private keine Subventionen erhalten sollen, wenn sie günstig bauen. Gleichzeitig freut er sich und befeuert aber, dass der Staat sich selbst mit Eigenkapital subventionieren soll... Da stellt sich die Frage, warum denn nicht alles staatlich ist, wenn es doch so schön ist und wo die ganzen staatlichen Wohnungen sind, auf die in der "Mietenkrise" doch so gewartet wird. Brauchen die staatlichen Wohnungsbaugesellschaften etwa doch eine Alimentierung durch die Steuerzahler, damit sie die von den Linken versprochenen Wohnungen bauen? Ja warum eigentlich - es heißt doch immer, dass der Staat alles besser macht...

  • Das schlimme an der Gier ist: von ihr befallene werden niemals satt..

    So offenbar auch die privaten Wohnungskonzerne.

    Wer Mieten von 12€ nicht ausreichend findet, stattdessen aber 20€ fordet - oder sonst wird halt die Politik erpresst...wer so vorgeht muss von Gier regelrecht zerfressen sein..

    Wer dem nachgibt, sorgt nur dafür, daß sich die Konzernvorstände ihre Taschen und die der Aktionäre immer noch voller machen...und ein großer Teil der Mieter diese Antisoziale Umverteilung zu bezahlen haben..

    Schließlich gibt es genügend andere Modelle, wie sozial verträgliches Bauen gelingen kann: Genossenschaften sind da nur ein Beispiel..

    Wer sich in der Politik meint mit den Abzockern gemein machen zu müssen...hat ein großes Problem..

    Und das ausgerechnet die (S)-PD darauf keine Antwort hat....

    • @Wunderwelt:

      Dass bei den aktuellen Baupreisen jemand bauen kann und dies dann für 12€/m² anbieten kann, ist nur möglich, wenn Steuerzahler dies alimentieren.

    • @Wunderwelt:

      Sie schieben alles auf die Gier; klingt einleuchtend aus einem Weltbild heraus, wo jedes Unternehmen per Se böse ist. Aber ist dem auch wirklich so?

      Bauen die Privaten nicht, weil sie es wirtschaftlich nicht hinbekommen, dann sind sie die Bösen. Bauen sie, dann sind sie auch die Bösen weil grundsätzlich Spekulanten und Miethaie.

      Einerseits wird Bauen immer teurer, zum einen aufgrund der gestiegenen Materialpreise aber auch aufgrund gestiegener Zinsen und nicht zuletzt aufgrund von politischen Vorgaben in Sachen Dämmung und Energieeffizienz. Auf der anderen Seite sollen die Mieten möglichst nicht steigen oder besser fallen. Man muss nicht BWL studiert haben um zu sehen, dass sich das nicht ausgehen kann.

      Es ist eben nicht nur Gier, auch wenn das doch so schön einfach wäre. Warum bekommen es auch staatliche Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften offensichtlich nicht hin genügen Wohnraum zu schaffen. Gier?

      Eine Politik, die sich hier nicht ehrlich macht wird das Problem nie lösen. Und auch wenn ich nun kein SPD Freund bin, ist eine SPD mit ihrem Credo „bauen, bauen, bauen“ sehr viel realistischer als ihre Koalitionspartner die meinen Enteignungen würden das Wohnungsproblem in Berlin lösen.

    • @Wunderwelt:

      Wenn sie in Berlin auskömmlich bauen und gleichzeitig preiswert vermieten können, dann tun sie dies bitte. Davon braucht Berlin mehr.

    • @Wunderwelt:

      Zum Thema volle Taschen bei den Aktionären (hier Vonovia): der Wert der Vonovia-Aktie ist im Laufe von 2022 um 55% gefallen. D.h. nichts anderes, als dass die Eigentümer von Vonovia sehr große Verluste ihres Aktien-Vermögens hinnehmen mußten. Das als "Gier" zu bezeichnen ist witzig.