Neonazis vom Dritten Weg: Lautes Trommeln

Der Dritte Weg wird in Berlin aktiver und hat der NPD den Rang abgelaufen. Doch die rechte Gefahr geht weit darüber hinaus.

Trommeln mit dem Parteiabzeichen werden bei einer Dmeo mitgeführt

Lautes Trommeln, nichts dahinter Foto: dpa

BERLIN taz | Ihr bislang erster und einziger Versuch einer Massenaktion in Berlin endete für die Neonazis des Dritten Weg mit einer Blamage. Eine bundesweit mobilisierte Demo zum Tag der deutschen Einheit 2020 in Hohenschönhausen wurde durch eine Antifa-Blockaden auf eine Rumpf-Runde um einen Plattenbaublock verkürzt. Am Ende verloren die Neonazis die Geduld und griffen Po­li­zis­t:in­nen an.

Einen zweiten Versuch einer größeren Öffentlichkeitsaktion hat es seitdem nicht mehr gegeben, stattdessen konzentrieren sich die Kader der neonazistischen Kleinstpartei auf nicht angekündigte Aktionen im öffentlichen Raum und Propaganda. Diese Aktivitäten allerdings haben in den vergangenen Jahren massiv zugenommen. Zählten die Berliner Register 2019 noch 77 Vorfälle mit Bezug zum Dritten Weg, waren es im vergangen Jahr bereits 524 und bis Mitte diesen Jahres 314.

Immer öfter trauen sich die Nazis nicht nur anonym Flyer in Briefkästen zu stecken, zu stickern oder vor Graffiti zu Ehren von NS-Größen zu posieren. Sondern sie gehen weiter. Sie schüchtern auch in Mob-Stärke politische Geg­ne­r:in­nen ein oder greifen diese gar an: ob am Rande des Christopher Street Day oder vor dem Sommerbad Pankow.

Auch Angriffe auf linke Objekte gehören dazu, zuletzt auf das Hausprojekt AJZ Kita in Hellersdorf. Schon 2021 machte das Spandauer Hausprojekt Jagow 15 Mitglieder des Dritten Weg für einen Brandanschlag verantwortlich.

Szeneinterne Verschiebung

Die Partei, die vor allem als legales Auffangbecken für Mitglieder verbotener Kameradschaften entstanden ist, ist für Hardcore-Neonazis inzwischen die attraktivere Alternative zur klinisch toten NPD. Zahlreiche „prominente“ Szenegrößen tummeln sich hier inzwischen, auch etwa der Haupttreiber der rechtsextremen Terrorserie in Neukölln, Sebastian T.

Der Szene-Anwalt Wolfram Nahrath hielt auf der schon erwähnten Demo der Kleinstpartei eine Rede; und der Wittstocker Bürgermeisterkandidat Sandy Ludwig, der zuletzt fröhlich auf einem gemeinsamen Bild mit seinen Mitbewerbern posierte, war schon als Ordner für die Partei unterwegs.

Als „Partei“ wird dieser NS-Glorifizierungs-Verein dennoch auch zukünftig keine Relevanz erlangen. Als Heimat für die aktionsorientierten Neonazis muss man sie aber ernst nehmen – und zurückdrängen. Nur: Konnten sich An­ti­fa­schis­t:in­nen früher darauf konzentrieren, die NPD kleinzuhalten, reicht das heute nicht mehr.

Denn die AfD gewinnt auch in Berlin an Land. Eine Umfrage des Instituts Wahlkreisprognose sah die Partei zuletzt bei 16 Prozent, gleichauf mit der SPD. Faschismus ist nicht mehr nur da, wo man ihn sich offensiv auf die Fahne schreibt.

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