Nebenjobs von Abgeordneten: Gysi verdient Viertelmillion hinzu
Linken-Politiker Gregor Gysi hat seine Nebeneinkünfte veröffentlicht. Sind so viele Tätigkeiten mit der Arbeit in der Politik vereinbar?
Drei Viertel seiner Einnahmen, rund 180.000 Euro, stammen aus Vortragstätigkeiten, Moderationen und Gesprächsrunden. 65 bezahlte Auftritte übernahm Gysi seit Oktober. Ein Fünftel seiner Einnahmen, rund 43.000 Euro, entfallen auf seine publizistischen Tätigkeiten als Buchautor, die restlichen 5 Prozent, rund 13.000 Euro, auf seine Tätigkeit als Mitglied des Beirates für gemeinnützige Zwecke der Spielbank Berlin.
Seit 2021 sind Abgeordnete verpflichtet, ihre Nebenverdienste offenzulegen, wenn die Einnahmen daraus mehr als 1.000 Euro im Monat oder über 3.000 Euro im Jahr betragen. Die Nichtregierungsorganisation Transparency International lobt die neuen Regelungen, sieht aber auch Nachbesserungsbedarf. „Um die Legitimität zu beurteilen, ist auch die Arbeitszeit, die Politiker:innen in ihre Nebentätigkeiten investieren, wichtig“, meint Transparency-Sprecher Norman Loeckel. „Sie müsste ebenfalls öffentlich einsehbar sein.“
Auch bei Gysi stellt sich die Frage, inwiefern er seine Nebentätigkeiten mit seinen politischen Verpflichtungen zeitlich vereinbaren kann. Auf Anfrage der taz sagt sein Sprecher, dass Gysi „auch die Arbeit an Abenden und an Wochenenden nicht scheut“ und daher seiner politischen Arbeit angemessen nachkomme. Zumindest seine Anwesenheit im Bundestag scheint tatsächlich kaum zu leiden: Von insgesamt 73 namentlichen Abstimmungen in der aktuellen Legislaturperiode fehlte er laut abgeordnetenwatch.de nur bei neun.
Von der Lobby bezahlt
Schon in der vergangenen Legislaturperiode fiel Gregor Gysi auf. Unter allen Abgeordneten war er derjenige mit den meisten meldepflichtigen Tätigkeiten. Anhand der Gehaltsstufen, die Abgeordnete angeben mussten, berechnete die taz für Gysi im Dezember 2019 Nebenverdienste von insgesamt 252.000 Euro. Ein monatliches Zubrot von durchschnittlich 9.808 Euro. In der aktuellen Legislatur verdient Gysi im Schnitt sogar 13.900 Euro pro Monat zu seiner regulären Abgeordnetendiät hinzu. Die beträgt aktuell 10.323,20 Euro.
Unter anderem hat Gysi an einem „Gespräch mit Diskussion“ für die Lobbyorganisation Ring Deutscher Makler teilgenommen. Dafür erhielt er eine Vergütung in Höhe von 5.000 Euro. Eine Anfrage der taz, wie sich das mit dem Anspruch der Linken, große Immobilienkonzerne zu entmachten, vereinbaren ließe, beantwortete Gysis Sprecher mit dem Hinweis, dass Gysi noch nie ein Verbot von Maklertätigkeit gefordert habe. Und: „Selbstverständlich setzt er sich aber mit den Ansichten, die im Ring Deutscher Makler vertreten werden, stark auseinander.“
Im Nebeneinkünftevergleich aller Abgeordneter landet Gysi auf Platz 9. Platz 1 belegt die Grünen-Abgeordnete Ophelia Nick mit 1,7 Millionen Euro. Sie hat Anteile des Maschinenherstellers Voith geerbt und wird an den Gewinnen beteiligt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Innereuropäische Datenverbindung
Sabotageverdacht bei Kabelbruch in der Ostsee