Naturschützer über Biber im Ökosystem: „Sie liefern uns das Grundwasser“
Biber halten das Gelände feucht und mindern die Hochwassergefahr. Biberberater Dieter Mahsarski erläutert den Nutzen der streng geschützten Tiere.
taz: Herr Mahsarski, warum sind Biber so unbeliebt?
Dieter Mahsarski: Früher waren Biber ja nicht unbeliebt. Da hat man sie gejagt wegen des Fells, des Fleischs und des Sekrets Bibergeil, mit dem sie ihr Revier markieren. Aus ihm wurde schon im 17. Jahrhundert Medizin zur Wundbehandlung hergestellt.
Aber es gab immer auch Probleme.
Ja. Fischzüchter glaubten lange, Biber fräßen ihnen die Fische weg. Dabei sind Biber Veganer. Allerdings schädigt der Biber zugegebenermaßen die Holzbauern. Dabei muss man wissen, dass Biber nur Bäume am Wassersaum fällen und nur bei Temperaturen unter 15 Grad.
Wozu dienen die Dämme, die sie daraus bauen?
Der Eingang des Biberbaus muss unter Wasser liegen, um vor Feinden geschützt zu sein. Ist ein Gewässer dafür zu flach, staut der Biber das Wasser mit einen Damm auf. Außerdem baut er oft einen Erntedamm, hinter dem sich Wasserpflanzen ansiedeln. In diesen „Biberteichen“ können auch Amphibien, von Fischen unbehelligt, ihre Brut aufziehen. Außerdem verringert der Damm die Fließgeschwindigkeit etwa eines Bachs. So wird das Wasser sauberer, weil sich Schwebstoffe und Schmutz ablagern können. Auch steigt der Grundwasserspiegel, weil das Wasser länger an einer Stelle verharrt, in den Boden sickert und das Areal feucht hält.
Welchen Schutzstatus hat der Biber eigentlich?
Er ist eine streng geschützte Art. Man darf weder lebende noch tote Biber mitnehmen und auch nicht ihre Baue und Dämme zerstören. Das Strafmaß kann bis zu 50.000 Euro oder mehren Jahren Haft reichen.
Man darf verletze Biber nicht zum Tierarzt bringen?
Nein. Sie müssen die zuständige Untere Naturschutzbehörde informieren, die über das weitere Vorgehen entscheidet.
Und was tut man, wenn der Biber private Bäume fällt?
Dann rufen Sie die Untere Naturschutzbehörde oder den Biberberater zur Begutachtung. Die verbleibenden Bäume dürfen Sie durch Drahthosen schützen – ein einen Meter hohes Drahtgeflecht. Im Fall der überlaufenden Kläranlage, die wir derzeit im Raum Hannover haben, überlegen Nabu und Untere Naturschutzbehörde, ob sich der Wasserstand durch eine Drainage regulieren lässt.
Kann man solchen Problemen vorbeugen?
Ja, durch Biberkartierung. In den Landkreisen Hannover und Hildesheim macht der Nabu das seit 2012. Inzwischen haben wir hier 164 Biberreviere bzw. -familien, das ist ein jährlicher Zuwachs von rund 20 Prozent.
Wer sind die Biberkartierer?
Von uns Biberberatern im Auftrag der Unteren Naturschutzbehörde angeleitete Ehrenamtler, die eins der von uns markierten Gebiete zur Kartierung wählen können. Dort suchen sie – außerhalb der Brutzeit, also von Januar bis März – Biberspuren: gefällte Bäume, Biberbaue, Fell- und Fressensreste. Die tragen sie auf der Online-Biberplattform ein, um sie zu prüfen und die Reviergrenzen zu definieren.
Dieter Mahsarski: „Der Biber als Nachbar – Gestalter der Umwelt mit Wasser und Licht“: Mi, 26.4., 19 Uhr, Veranstaltungsraum des NABU Laatzen, Ohestr. 14 in 30880 Laatzen. Eintritt frei, Spenden erwünscht
Arbeiten auch Sie als Biberberater ehrenamtlich?
Ja, denn es gibt in Niedersachsen – anders als in Bayern, Brandenburg, Berlin – kein Bibermanagement. Die halb-staatliche Ausbildung zum Biberberater, die ich 2013 an der Uni Hannover absolviert habe, ist eingeschlafen. Bis sie wieder installiert ist, bietet der Nabu „Biber-Scouts“ aus. Denn das Interesse ist riesig.
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