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Nationalspieler Joshua KimmichBeratungsresistent

Die Fußballkarriere unseres Autors fand zwar nur in Kolbermoor ihren Höhepunkt. Trotzdem sieht er das mit dem Impfen anders als der Profi Kimmich.

Links im Bild, die „falsche Neun“ unter den Autoren: Uliii… HA-NE-MANN! Foto: privat

Was würde ich machen, wenn ich Spieler beim FC Bayern München wäre? Da ich bei allem Stolz über meine fußballerische Vergangenheit (39 Länderspiele/0 Tore für die deutsche Autorennationalmannschaft; 1 Tor für die E-Jugend des TUS Prien gegen Kolbermoor …) vermutlich nicht im regulären Spielbetrieb eingesetzt würde (der Trainer hat halt so seine Lieblinge – ich sag nur: Kimmich!), würde ich zumindest die Vorteile auskosten, die mir dieser Status böte.

Da wäre zum einen die großartige medizinische Abteilung. Zum anderen die besten Ärzte des Landes, zu denen man im Notfall jederzeit noch die besten der Welt hinzuziehen könnte. Ich würde mich täglich massieren, kneten, untersuchen und beraten lassen. Auch impfen, immunisieren, imprägnieren, gegen alles Mögliche.

Als nun vorigen Samstag Joshua Kimmich, der Nationalspieler in Diensten des FC Bayern, im Anschluss an die Partie gegen Hoffenheim vor die Kameras des Bezahlsenders Sky trat und verkündete, er ließe sich zunächst nicht impfen, weil es noch keine Langzeitstudien über eventuelle Langzeitfolgen gebe, musste ich an den besagten Therapeutenstab rund um das Trainingszentrum der Bayern in der Säbener Straße denken. Warum fragt er nicht einfach die, wo unsereiner auf das übellaunige Gebrumm eines Kassenorthopäden zurückgeworfen ist? Was für ein Luxus.

Hätte er sich mit seltenen, aber existenten Nebenwirkungen gerechtfertigt, wäre er fast aus dem Schneider. Der Vorwurf, den man ihm nun jedoch nicht ersparen kann, liegt darin, dass er sich in obskuren Parallelquellen informiert, oder eben gar nicht, obwohl er alle Möglichkeiten dazu hat. Stattdessen tritt er dann als prominenter Multiplikator längst widerlegten Quarks vor ein Millionenpublikum.

Meinungen aushalten

Die Mitspieler Thomas Müller und Manuel Neuer äußerten sich denn im Kölner Express fast exakt in meinem Wortlaut. So Neuer auf die Frage, ob er denn die Überzeugungsarbeit für den bockigen Spielkameraden übernähme: „Wir haben Mediziner und Ärzte, denen wir vertrauen, und die leisten auch ihre Arbeit dazu.“

„Schau, die sagen genau dasselbe“, protze ich vor meiner Frau, „was ich gesagt habe.“ Und auch geschrieben hätte, wäre das Thema nicht längst durch, füge ich in Gedanken hinzu. Dann wäre ich ja so schlau wie zwei Fußballspieler, meint süßsauer die Gemahlin.

Kimmich war schon vorher eine Reizfigur. Freund E., ein exzellenter Fußballer, schilderte mir noch am Samstagabend seine grundlegende Abneigung gegen Kimmich: „Ein humorloser Ehrgeizling – wäre er Österreicher, wäre er wahrscheinlich Sebastian Kurz.“ Im Netz finde ich auch die Bezeichnung „patziges Milchgesicht“. Ich selbst fand ihn immer nur seltsam leer. Aber er soll ja bloß Fußball spielen.

Um Sympathie geht es hier ohnehin nicht. Ob ich denn mit Kimmich zusammen kicken würde, will an dieser Stelle niemand wissen. Trotzdem gute Frage. Ich denke, schon. Ich könnte ja mit links spielen, um die Chancengleichheit zu wahren. Und ohne Hirn oder mit drei Promille. Dann geht das schon. Ich versuche ja zu lernen, in meinem Umfeld bescheuerte Meinungen auszuhalten; die anderen halten schließlich auch meine aus.

Vielleicht hat es ja sogar sein Gutes, dass die Affäre Kimmich dem Vorsitzenden der STIKO, Thomas Mertens, unter erhöhter Aufmerksamkeit (es geht um Fußball!) die Gelegenheit verschafft, mit der immer gleichen Falschmeldung über angebliche „Langzeitnebenwirkungen“ aufzuräumen. Die gab es nämlich bei keiner Impfung jemals.

Das wäre dann ein Verdienst des Fußballspielers, an den man sich wenigstens erinnern würde. Apropos, in Kolbermoor kann man noch heute meinen Namen tanzen.

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23 Kommentare

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  • der Artikel ist journalistisch unter aller Sau:



    "Ich selbst fand ihn immer nur seltsam leer. Aber er soll ja bloß Fußball spielen."



    Mit üblen Beleidigungen ist der Sache nicht gedient. Ärger in Unflat umzusetzen ist am Küchentisch zulässig. Als "öffentlicher" Schreiber möge mann sich zu vernünftiger Argumentation zügeln.

  • Kimmich wurde gefragt und hat seine Bedenken geäussert. Er war keineswegs als messianischer Impfgegner unterwegs.



    Ich bin da voll bei bei Boandlgramer und diese Phalanx von Möchtegernsatirikern der taz bis zur Hardcoreantifa, die sämtliche Zweifel an den Coronamassnahmen als potentiellen Massenmord geisseln, kotzt mich einfach nur an!!!

  • 0G
    05989 (Profil gelöscht)

    Ich bin selber mittlerweile das dritte Mal gegen Corona geimpft - nicht zuletzt, weil das natürlich ein gigantisches Freilandexperiment war, dessen Ergebnisse jede Studie mehrfach übertreffen konnte.

    Aber die Impfung gegen Schweinegrippe - Pandemrix - steht im Verdacht, Narkolepsie auszulösen - so wie das mehrere Viren möglicherweise auch können - und Borrelien. Einer meiner Söhne ist Narkoleptiker - wahrscheinlich in Folge einer - gesicherten und behandelten - Borrelieninfektion.

    Es ist natürlich extrem schwierig, solche Situationen zufriedenstellend aufzulösen - aber es spielt eher in die Hände der fanatischen Impfgegner und Querdenker, mögliche Komplikationen zu leugnen.

    Es gibt nicht "die Impfung" - die Impfstoffe wirken sehr unterschiedlich, sind mit unterschiedlichen Hilfsstoffen versehen, die bekämpften Viren verfügen über ein Bündel unterschiedlicher Strategien. Die Immunisierungswege - Impfung, Erkankung, Immunisierung über die Mutter - gehört genauso dazu.

    Ich würde Masern-Impfung niemals mit der Corona-Impfung in einen Topf werfen - während ich die Corona-Impfung absolut befürworte, habe ich bei den Masern ernste Zweifel, ob der Eingriff über die Impfung die Situation überhaupt verbessert - und dass zum Preis einer fortwährenden Abhängigkeit von der Impfung, um den Status Quo aufrecht zu erhalten.

    Dennoch sind meine Kinder gegen die Masern geimpft, weil ich mich auf den Rat unseres Kinderarztes verlasse(n muss).

    "Es gibt keine Langzeit-Nebenwirkungen bei Impfungen" halte ich aber für einen grundfalschen Claim.

  • Herrjeh, diesem Land muss es wirklich gut gehen, wenn man sich tagelang auf die Meinungen eines Fussballprofis kapriziert.

  • Ich verstehe, ehrlich gesagt, immer noch nicht, wieso die irrelevanten Äusserungen eines irrelevanten Angestellten aus der Sportindustrie so ein Echo ausgelöst haben.

    Ja, er hat ein paar Kopfbälle zuviel abbekommen und ja, er hat sich von seiner verpeilten Imageberatung ein selten dämliches Engagememt bei einer Initiative zur Impfförderung andrehen lassen.



    Er hat Lafontänchen einen Aufhänger für einen gleichermassen lächerlichen Auftritt geliefert.



    Und sonst?

    Können wir den Hansel jetzt wieder in der Versenkung verschwinden lassen, in die er gehört?

    • @flip flop:

      Ganz so "irrelevant" ist er nicht: Joshua Kimmich ist Teil der deutschen Fussball-Nationalmannschaft und damit auch Repräsentant der Bundesrepublik Deutschland. Außerdem ist er Vorbild für die Jugend und dem Nachwuchssport.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Eigentlich geht es gar nicht um den Fußballfuzzi.



    Es gibt anscheinend immer noch Menschen in den Krankenhäusern, in der Pflege, in der Lehre, die nicht geimpft sind.



    Das ist n i c h t der individuellen Entscheidung zu überlassen.

    Wir reden und reden, ziehen alles in Zweifel, selbst die größten Spinner dürfen sich auf den Straßen gebärden und kompletten Unsinn verbreiten - und das angesichts der vielen tausend Toten allein in Europa.



    Sind wir total bescheuert?

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Schließe mich an.

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Es gibt sogar noch Menschen, die in Seniorenpflegeheimen arbeiten und nicht geimpft sind. Unabhängig davon, dass ich das persönlich #%!'&!! finde: doch. Es *ist* der individuellen Entscheidung überlassen, jedenfalls solange die Rechtslage so ist wie jetzt.



      Inwiefern ein Betreiber entscheiden könnte, nur noch 2G-Personal zu beschäftigen, dürfte arbeitsrechtlich ohne entsprechende juristische Grundlage mindestens knifflig sein. Andererseits existiert ja durchaus eine Impfpflicht gegen Masern im Gesundheitswesen - eine solche auch für Covid auszusprechen, wäre sachlich sicher zu rechtfertigen.



      Politisch aber leider nicht, nachdem die entsprechenden Herrschaften schon sehr frühzeitig entschieden haben, eine Impfpflicht auszuschließen.

  • Es ist leider vor allem zu viel Emtionalität im Spiel. Bei jeder Impfung, als Eingriff bei einem gesunden Menschen geht es um die Abwägung von Wahrscheinlichkeiten. Gerade bei Sars Cov2 gibt es hierzu sehr unterschiedliche Daten (auch wenn man nur den seriösen Teil betrachtet). Das Risiko nach der Impfung eine Myokarditis zu bekommen ist für junge Männer, sich körperlich an der Leistungsgrenze bewegen relativ hoch und bedeutet u.U. eine Auszeit von mehreren Monaten. Wenn Herr Kimmich sein eigenes Ansteckungsrisiko als geringer betrachtet wegen strenger Abschirmung und Umgebungstestung dann ist das völlig okay wenn er sich dagegen entscheidet. Die Wahrscheinlichkeitsabwägung findet bei einem Profifußballer jedenfalls unter völlig anderen Bedingungen statt als für den 50jährigen Sesselpupser.



    Langzeitfolgen sind das natürlich jetzt eher nicht und Bayern ist eh doof.



    Forza St.Pauli

    • @Holger Passfeld:

      So hat Kimmi aber nicht argumentiert. Hätte er, wäre er "fast aus dem Schneider", wie der Autor schreibt. Und selbst dann kann man sich mal richtig informieren. Covid19 kann sie ebenfalls auslösen und im Falle einer Impfnebenwirkung heilt sie meist recht zügig auch wieder aus. Die Abschirmung ist zudem nicht absolut, sondern auf seine beruflichen Tätigkeiten beschränkt.

  • Das eigentliche Problem ist, dass die Information, dass Kimmich nicht geimpft ist, an die Öffentlichkeit geraten ist. Dort gehört diese nämlich gar nicht hin. Er musste sich vor der Presse rechtfertigen und hat nicht den Weg zur Presse gesucht. Kimmich hat nun mal das Recht dazu sich nicht impfen zu lassen. Seine Gründe sind seine private Angelegenheit.

    • @Meine_Meinung:

      Bedingt, als Person des öffentlichen Lebens (was ja auch Bayern immer wieder gerne betont) darf Presse durchaus da mal hinterfragen.



      Was der Umkehrschluß aber hätte sein müssen ist wie schafft es der DFB die eigenen Regeln einzuhalten. Wird Kimmich denn jetzt jeden tag freigtestet? Hat er eine Standleitung zum PCR-Labor? während insbesondere in tieferen ligen weiter die Spielaussetzungen drohen falls wer mal positiv gemeldet wird. Scheint hier auch diesmal für manche andere Regeln zu gelten. Wie auch schon bei causa Thomas Müller.

      Das ist doch der eigentliche kritische Punkt den die Presse verfolgen sollte. Ob Kimmich sich impfen lässt sollte jedem Fan und nicht-Fan egal sein. Ist seine Entscheidung. Aber genau diese Aussage von ihm im TV ist es die keinerlei Unterstützung erhalten sollte, weil sie einfach nonsense ist. Das ist Querdenker Dummgefasel. Sie wird auch nicht legitimer weil jetzt nen Kimmich das sagt.

    • @Meine_Meinung:

      Rechtsstaat und Demokratie haben derzeit wenig Kraft, sich durchzusetzen.

      • @Magenta:

        Und wie man hier in einigen Komentaren lesen kann sind Rechtsstaat und Demokratie auch nicht in allen Köpfen verankert.

        • 3G
          34936 (Profil gelöscht)
          @Chasqui:

          Diejenigen, die sich angesprochen fühlen sollten, merken das nicht.

  • Also noch hat der Impfstoff nur eine bedingte Zulassung.



    Das Wirkprinzip von dem mRNA Impfstoffen ist sehr neu. Man kann also die bisherige Erfahrung mit Impfstoffen nicht auf die mRNA übertragen.



    Wie lange man im als Sportler im Spitzenbereich nach einer Impfung eine körperliche Einschränkung hinnehmen muss ist auch nicht eindeutig.



    Ich habe nach einigen Wochen bei langen Fahrradtouren gemerkt, dass ich an eine Grenze komme, die ich sonst nur von Krankheiten kenne. Das Wort Piks für die Impfung zeugt von Ignoranz.

    • 0G
      05989 (Profil gelöscht)
      @Westried:

      mRNA ist als Vakzin nicht neu, da wird seit 20 Jahren daran geforscht. Es kam nur wegen der Rahmenbedingungen nie zu einem breiten Einsatz...

      Und im Gegenteil zu anderen Impfstoffen sind die mRNA-Impfstoffe ziemlich rein. Und letztendlich hat sich in mittlerweile milliardenfacher Evidenz gezeigt, dass wie mächtig und gleichzeitig ungefährlich dieses Werkzeug ist.

      Meiner Meinung nach ist die mRNA-Technik der heiße Schei* der Medizin nach Wundhygiene und Antibiotika!

  • Er ist mutig.

    • @Magenta:

      Weil er sich also Egoist outet? Sein Ansteckungsrisiko sinkt, weil andere sich impfen lassen aber er schwurbelt von "unerforschten Langzeitwirkungen".



      mein Schwager hatte Covid und der hat chte Langzeitwirkungen. Mann was ein mutiger Depp.

  • Es ist völlig egal, was irgendein Fußballer meint. Jedenfalls so egal, dass es nicht zig Artikel aus zig Perspektiven auf diesen Fall bräuchte. Das eigentliche Problem ist doch, dass es viele wie diesen Kicker gibt, die meinen, sich einem gesellschaftlichen Konsens (ja, dieser existiert) verweigern zu müssen und das irgendwie pseudowissenschaftlich begründen.

    • @Phineas:

      Lustig. Der "gesellschaftliche Konsens" wird doch von diversen Menschen und Interessengruppen ständig in Frage gestellt, ohne dass dies einen Pressewirbel auslösen oder zum Problem erklärt werden würde.

  • 8G
    86548 (Profil gelöscht)

    Ein echter Chiemgauer bei der taz, kaum zu glauben.