Nahverkehr leidet unter Coronakrise: ÖPNV kämpft um Kunden
In der Pandemie sind die Fahrgastzahlen eingebrochen. Mit Treuebonus, neuen Abo-Tickets und einer App will der Nahverkehr Kunden zurückholen.
Einen Treuebonus gibt es zunächst für die Stammkunden mit Abo-Tickets. Vom 13. bis zum 26. September können sie ihr Ticket auch für Fahrten in anderen Verkehrsverbünden nutzen, Münchner Kunden etwa kostenlos einen Bus im Ruhrgebiet oder in Frankfurt nutzen. Die Deutsche Bahn bietet den Stammkunden in dieser Zeit eine vergünstigte BahnCard 25 an. Der Preis steht noch nicht fest. „Wir müssen und wollen so schnell wie möglich Fahrgäste zurückgewinnen“, sagte VDV-Präsident Ingo Wortmann bei einer Online-Pressekonferenz am Donnerstag.
Die Verkehrsunternehmen wollen aus den Erfahrungen während der Pandemie neue Angebote entwickeln. Denn das Mobilitätsverhalten wird sich zum Teil dauerhaft ändern. So planen die Verkehrsunternehmen die Einführung von Homeoffice-Tickets oder Abos als Flatrate, die sich schon nach wenigen Fahrten lohnen. Digitale Ticketangebote sollen dazukommen.
Schon länger arbeitet die Branche an einer zentralen Buchungs-App, über die Fahrscheine in ganz Deutschland gekauft werden können. Ende diesen Jahres werde die Test-App dazu herausgebracht, kündigte Wortmann an. Der Verband rechnet mit einer zweijährigen Testphase. 2024 könnte das Buchungssystem dann mit allen Funktionen eingeführt werden. Entwickelt wird die App von Mobility Inside, einem Gemeinschaftsunternehmen unter anderem der Münchner Stadtwerke, dem Rhein-Main-Verkehrsverbund und der Deutschen Bahn. Eine einheitliche Tarifstruktur im Nahverkehr wird es damit aber nicht geben.
Erfolgreiche Kampagne nötig
Das Angebot will die Branche ebenfalls ausbauen und verbessern. Laut Wortmann wird es mehr On-Demand-Verkehre geben, also beispielsweise Ruftaxis. Dies sei nicht nur in ländlichen Gebieten notwendig, sondern auch in Städten, betonte der VDV-Chef.
Einen Erfolg mit der Kampagne haben die Nahverkehrsanbieter dringend nötig. Die beiden Pandemiejahre haben ein Loch von 7 Milliarden Euro in den Kassen hinterlassen. Bund und Länder fangen die Mindereinnahmen durch einen Rettungsschirm auf. Doch die Gefahr wächst, dass finanziell schwache Kommunen das Verkehrsangebot kürzen müssen. „Die Sorge ist da“, sagte Wortmann und verwies auf erste Einschränkungen in Offenbach oder in Wuppertal.
Bis zum Ende des Jahrzehnt sollen sehr viel mehr Menschen Busse und Bahnen nutzen, das Angebot soll also größer werden. Das sehen die Klimaschutzziele so vor. Dafür fehlen laut VDV aber noch insgesamt 11 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos