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Nahostkonferenz in ParisNetanjahu träumt von Großisrael

Israels Premier nennt die Gespräche in Paris abschätzig „überholt“. Und setzt auf Hilfe von US-Präsident Trump und die Legalisierung der Siedlungen.

Netanjahu führt eine rechts-nationalistische Regierung, die keine Zweistaatenlösung mehr will Foto: ap

Jerusalem taz | Völlig unterschiedlich beurteilen Israel und Palästinenser die Nahost-Friedenskonferenz in Paris. Hohe Politiker aus über 70 Ländern und Vertreter internationaler Organisationen waren am Sonntag auf Einladung der französischen Regierung zusammengekommen, um über Wege zur Wiederbelebung direkter Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern nachzudenken.

Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas begrüßte die Initiative, die „vielleicht die letzte Chance für die Zweistaatenlösung“ darstelle. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hingegen sprach von einer „zwischen Frankreich und den Palästinensern abgesprochenen Farce“, deren Ziel es sei, „Israel Bedingungen aufzuzwingen“, an die man sich in Jerusalem keineswegs gebunden fühlen werde.

Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault nannte es dagegen eine „kollektive Verantwortung“, die Friedensverhandlungen zwischen Israel und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) wieder in Gang zu bringen. Zwei Staaten für zwei Völker seien die einzige Lösung, meinte Ayrault.

Zum letzten Mal saßen israelische und palästinensische Unterhändler vor knapp drei Jahren gemeinsam an einem Tisch. Über Monate hatte der scheidende US-Außenminister John Kerry damals zwischen den Konfliktparteien vermittelt – und musste am Ende ergebnislos aufgeben.

Netanjahu setzt voll auf Donald Trump

Acht Jahre Präsidentschaft von Barack Obama haben den Nahen Osten einem Frieden nicht näher gebracht. Aus Frustration über den starrköpfigen Regierungschef in Jerusalem legten die USA im Dezember kein Veto ein, als der UN-Sicherheitsrat eine Resolution verabschiedete, die Israels Siedlungspolitik scharf verurteilte und als „Haupthindernis für die Vision der zwei Staaten“ bezeichnete.

Netanjahu, der nur direkte Verhandlungen ohne internationale Beteiligung akzeptiert, gab sich siegessicher. Von „letzten Zuckungen einer Welt von gestern“ sprach er mit Blick auf Paris. „Das Morgen sieht anders aus.“ Der Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump am Freitag sowie die Ernennung des Siedlungsbefürworters David Friedman zum US-Botschafter in Israel sind gute Gründe für Netanjahus Zuversicht.

Letzte Zuckungen einer Welt von ­gestern

Israels Premier Netanjahu

Trumps Ankündigung, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, signalisiert einen dramatischen Richtungswechsel im Weißen Haus. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier warnte in Paris vor „dem Risiko neuer Eskalationen“, und auch sein Amtskollege Ayrault glaubt, dass die Verlegung eine „Provokation mit ernsthaften Konsequenzen“ wäre.

Palästinenserpräsident Abbas sagte, dass der Versuch, „die illegale Annexion Jerusalems zu legitimieren“, die Chancen für „einen politischen Prozess zunichte machen“ würde. Sollte Trump seinen Plan umsetzen, werde die PLO ihre „Position zur Anerkennung Israels“ überdenken.

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9 Kommentare

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  • Präsident (Bezeichnung fragwürdig da es den Vorsitzenden einer Republik beschreibt, in der seit 10 Jahren nicht gewählt wurde) Abbas ist kein Friedensengel auch wenn sich das Teile der taz wünschen. Er brach Friedensverhandlungen mit Israel ab und schlug auch Netanjahus Einladung aus.

    Ein Einseitiges Entgegenkommen wird den Konflikt nicht lösen, dabei sollte man jedoch Gazastreifen und das Wesjordanland (manche nennen es "Palästina") in der Pflicht sehen. Weder nach dem Ende der Besatzung 2005 noch nach dem 6 Monatigen Waffeenstillstand 2008 wurde der Raketenbeschuss auf Israel eingestellt, obwohl sich die Hamas 2008 in Gegenzug zur Ermöglichung der unbeschränkten Versorgung mit Nahrungsmitteln, Baustoffen, Treibstoff und Konsumgütern dazu verpflichtete. Aber das Gegenteil war der Fall und die so erlangten Handelsrouten haben nicht zuletzt ermöglicht noch mehr Raketen zu bauen. Wie soll man auf dieser Grundlage aus Israelischer Sicht mit den Gegenüber verhandeln? Wenn Israel den Gazastreifen überrennen würde hätte ich Verständnis. Bis dahin wäre ich dafür, dass für jeden Terroristischen Akt egal ob Anschlag oder Raketenbeschuss, Israel im Gaza den Strom für einen Tag ausschaltet (bei 1000 Raketen im Jahr wird es da ganz schnell dunkel; Strom wird ja eh von Israel produziert und bezaht), aber das macht Israel nicht weil sie menschenwürdig handeln also alles was Hamas und Fatah nicht tun.

    • @Alerta!:

      Schwarz-weiß jetzt mal links umgekehrt?

       

      Besser: Wenigstens die Grautöne erkennen lernen

  • Liebe Frau Knaul. Ich hoffe, Sie sind bei einer Zwei-Staatenlösung, mit Aufgabe der jüdischen Siedlungen im Westjordanland auch dafür, dass die Araber in Klein-Israel ihre Siedlungen aufgeben und ins gelobte Westjordanland ziehen. Das wäre doch in Ihrem Sinne - oder?

  • Jetzt, wo alles vorbei ist - zeigen sich die Nato-Länder Palästinenserfreundlich! Zwei Wochen vor dem Abgang von Obama blockiert USA eine in UNO unterzeichnete Resolution gegen Israel nicht - was bringt? Nichts für Palästinenser - Obama ist eh am gehen und mit ihm seine Entscheidungen , aber dieser Schritt hinterläßt ein gutes Bild von USA. Jetzt, wo Trump an die Macht gekommen ist und erkennt offensichtlich die Pläne des Großreichs Israel mit der Hauptstadt Jerusalem an - zeigen sich auch die andere Freunde von USA als Palästinenser freundlich. Dabei pollieren sie nur ihr verlogenes Image.

  • Der Nahe Osten hat nun wirklich viele andere und größere Probleme als dieses. Was soll denn genau durch die Existenz eines weiteren Staates gelöst werden?

    Darüber hinaus sind sich Israel und die PA in einer Reihe ganz wesentlicher Fragen nicht einig. Und diese Fragen müßten doch erst einmal geklärt werden.

  • "Zwei Staaten für zwei Völker seien die einzige Lösung, meinte Ayrault."

     

    Ganz meine Meinung. Allerdings stellt sich wirklich die Frage nach dem Sinn einer Konferenz zu diesem Zeitpunkt. Noch dazu ohne die Konfliktparteien.

  • Diese "Position" eines "Großreiches" ist wie bei anderen Großreichvisionären (Putin,Erdogan) weder den legitimen Interessen Israels noch dessen Sicherheit zuträglich. Netanjahu sollte aufhören, den Konflikt weiter anzuheizen und sich stattdessen lieber auf eine konsensfähige Basis für einen nachhaltigen Frieden mit den Palästinensern konzentrieren.

    • @Georg Dallmann:

      Herr Dallmann, Sie wissen schon, um wieviele Quadratmeter es bei diesem "Großreich" geht? Und was dieses seltsame Palästina angeht, König Hussein von Jordanien hat es ganz schnell abgestoßen, als er gemerkt hat, dass er auch die Palästinenser hätte nehmen müssen.

      • @Jürgen Matoni:

        Freiwillig hat er das aber auch nicht getan.