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Nachwuchsarbeit im FrauenbasketballDie größten ihrer Art

Aus der Jugendarbeit bei Alba Berlin ist ein junges Frauen-Basketballteam gewachsen. Es gilt als Vorzeigeprojekt für Gleichberechtigung.

Kampf um den Ball: Das Frauenteam von Alba-Berlin beim Basketball-Training Foto: Karsten Thielker

Berlin taz | In der Nebenhalle C der Max-Schmeling-Halle ist am Dienstagabend das Ergebnis von über zehn Jahren Arbeit zu sehen. Frauen und Mädchen dribbeln anscheinend ungeordnet durch die Halle, werfen Körbe und quatschen; es herrscht Unisport-Atmosphäre, aber der Anspruch ist größer, zukunftsgerichteter.

In den vergangenen zehn Jahren hat Alba Berlin die nach Angaben des Deutschen Basketball Bundes größte Frauen- und Mädchenbasketballabteilung in Deutschland aufgebaut, rund 500 Spielerinnen trainieren hier. Und das Frauenteam soll ganz oben ankommen, im Kampf um die Meisterschaft.

Das, was sich gerade bei Alba Berlin ereignet, wird, wenn es funktioniert, mächtigen Vorbildcharakter haben. Und wenn es nicht funktioniert, vielleicht über Jahre als Argument dienen, das Ding mit der Gleichberechtigung im Basketball gar nicht erst zu versuchen. Es ist eines der spannendsten sportlichen Projekte derzeit in Berlin, und es geht um die Frage: Was passiert, wenn man Frauen im Sport halbwegs gleiche Chancen einräumt?

Zunächst: Es verändert vieles. Die Alba-Frauen spielen seit vergangener Saison in der zweiten Liga und belegen dort aktuell Platz 7, das Team besteht größtenteils aus Berlinerinnen. Auf den Online-Kanälen des Klubs werden die Frauen seit dieser Saison massiv beworben. Und die Zuschauerzahl in der ersten Heimpartie hatte sich dadurch im Vergleich zum Schnitt der Vorsaison etwa versechsfacht, auf 300 Menschen.

Durch Zufall in der zweiten Liga

In der Max-Schmeling-Halle wirken die Spielerinnen zugleich ein bisschen hin- und hergerissen zwischen den zunehmenden Ansprüchen und den eher bescheidenen Umständen. Das Interview findet in einer leeren Umkleidekabine statt, drei Spielerinnen und der Trainer. „Wir sind eigentlich durch Zufall in der zweiten Liga gelandet“, sagt Johanna Hirmke. Mit 31 Jahren ist sie eine der Erfahrenen im Team und im normalen Leben auf der Geschäftsstelle für das Männer-Profiteam tätig. Hirmkes Vita ist vielleicht sinnbildlich für die von Frauen im Spitzenbasketball: Zwar verfügt sie über viel Zweitliga-Erfahrung, aber Hirmke kam wegen des Jobs nach Berlin, nicht wegen der Sportkarriere.

Erst später entschied sie sich, auch für die Alba-Frauen zu spielen. Verträge haben die drei Spielerinnen nicht, und über ein Vollprofitum machen sie sich nicht mal Illusionen. Nein, gleiche Bedingungen wie die männlichen Spieler haben sie längst nicht. Trotzdem sagt Hirmke: „Es ist was Besonderes, was da bei Alba passiert. Es ist nicht erzwungen. Man betrieb viel Nachwuchsarbeit in den Schulen und AGs, dann gab es auf einmal Mädchenmannschaften.“ Es ist letztlich eine Agenda von oben, keine Revolte von unten.

Die ersten Ergebnisse zeigen, dass sich mit Förderung Bemerkenswertes erreichen lässt.

Man merkt den Spielerinnen an, dass sie nicht fordern, sondern eher dankbar überrascht sind. „Die Aufmerksamkeit ist ein krasser Unterschied im Vergleich zur letzten Saison“, sagt die erst 18-jährige Victoria Poros, Berlinerin, noch Schülerin. „Das Interesse ist viel stärker, und viel mehr Leute wissen über uns Bescheid.“ Was sich sportlich geändert hat? Poros lacht: „Wir haben jetzt die Amerikanerin. Die macht Punkte.“ Mit Erika Livermore hat Alba zum ersten Mal eine Profispielerin in den eigenen Reihen. Dass sie als Einzige mit dem Spiel Geld verdient, stört die anderen nicht, sagen die.

Bisher keine Sponsoren

Bis dato hat das Frauenteam allerdings noch keine Sponsoren. Geld und Nachfrage sind die Knackpunkte, die über Erfolg und Scheitern entscheiden werden. Derzeit werden die Alba-Frauen, wie so viele Frauenteams, querfinanziert. Manager Marco Baldi sagt: „Wir können für eine gewisse Zeit in den Frauenbereich investieren, aber danach muss er sich selbst tragen, genau wie der Männerbereich auch.“

Anschließend will Baldi auf keinen Fall den Eindruck erwecken, das hier hänge am seidenen Faden. Nachhaltig und konsequent solle das Engagement sein, man sei optimistisch, auch mit den Frauen kostendeckend zu arbeiten. „Wir sagen nicht: wenn wir jetzt in zwei bis drei Jahren nicht in der ersten Liga spielen oder keine tausend Zuschauer haben, stampfen wir es wieder ein.“ Aber es ist auch klar: Aus Alba-Sicht muss eine langfristige Fanbasis kommen und eigene Sponsoren. Es ist für den Verein ein finanzielles Wagnis.

Wer trifft? Training in der Max-Schmeling-Halle Foto: Karsten Thielker

Die ersten Ergebnisse zeigen, dass sich mit Förderung Bemerkenswertes erreichen lässt. Aber ganz unfallfrei lief der Weg dieser angeordneten Emanzipation doch nicht. Anfang der Saison verkündete Alba, dass der Klub seine Cheerleaderinnen nicht mehr bei Spielen der Männer auftreten lassen werde. „Junge Frauen als attraktive Pausenfüller“ seien nicht mehr zeitgemäß, man wolle stattdessen noch stärker den Frauen-Basketball fördern. Die betroffenen Cheerleaderinnen fühlten sich bevormundet und ließen ihre Wut lautstark online aus; die Aktion endete als PR-Desaster. Das zeigt auch ein strukturelles Problem: Stünde bei Alba eine Frau mit an der Spitze, die die Entscheidung verkündet hätte, wären Diskussion und Konfliktlinien für Alba wohl bekömmlicher gelaufen.

Marco Baldi möchte sich heute nicht mehr dazu äußern. Auch in der Kabine in der Max-Schmeling-Halle zögern sie ein wenig mit der Antwort, schließlich übernimmt Johanna Hirmke das: „Wir haben gemerkt, dass die Leute, die durch die Entscheidung über die Cheerleaderinnen verärgert worden sind, ihre Wut ein bisschen auf uns projiziert haben.“ Mittlerweile sei das abgeebbt.

Die Grundidee des Vereins ist es, uns nicht als zwei Klubs zu betrachten, den der Frauen und den der Männer. Wir wollen ein Verein sein und ähnlich spielen

Cristo Cabrera, Coach

Bescheidenheit und Optimismus überwiegen auch bei diesem Statement. Hirmke hofft ganz grundsätzlich auf eine Vorbildrolle im Basketball: „Es wäre schön, wenn sich andere Klubs, die die nötigen Voraussetzungen haben, ein Beispiel an der Frauenförderung bei Alba nehmen würden.“

Ein weiterer Schritt wurde kürzlich getan. Mit Cristo Cabrera haben die Frauen seit dieser Saison einen Profi-Coach, der Erstliga-Erfahrung aus Spanien mitbringt. Bewusst orientiert er sich spielerisch auch am System von Aito, dem Trainer des Männerteams. „Die Grundidee des Vereins ist es, uns nicht als zwei Klubs zu betrachten, den der Frauen und den der Männer. Wir wollen ein Verein sein und ähnlich spielen“, sagt Cabrera. Auch das ist eine sehr progressive Idee.

In dieser Saison möchte Cabrera mit seinem Team gern die Playoffs erreichen – da acht der zehn Teams der Liga dort landen, sei das aber auch nicht so schwer. Von Aufstieg will er noch nicht sprechen. „Mein Hauptziel ist es, das Team zu entwickeln.“ Ohne Druck, aber mit Ambition. Und langsam zu wachsen. Sie haben gelernt, dass man damit weit kommen kann.

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