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Nachrichten zur CoronakriseKritik an Infektionsschutzgesetz

Ab Herbst können die Länder wieder eine Maskenpflicht verhängen. Ärz­t*in­nen bemängeln, dass es dafür keine genauen Vorgaben gibt.

Neues Infektionsschutzgesetz: Wer muss wo und wann ab Herbst wieder Maske tragen? Foto: Patrick Pleul/dpa

Me­di­zi­ne­r*in­nen kritisieren Infektionsschutzgesetz

Das von der Ampel-Koalition vereinbarte neue Infektionsschutzgesetz ist auf gemischte Reaktionen gestoßen. Die Bundesärztekammer und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) bemängelten am Donnerstag fehlende Grenzwerte zur Beurteilung der Überlastung im Gesundheitswesen.

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„Ich begrüße, dass das Infektionsschutzgesetz ab Herbst den Ländern weiterhin Möglichkeiten bietet, um aktiv gegen Corona-Wellen vorzugehen“, sagte der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Unklar bleibt aber noch immer, anhand welcher Indikatoren tatsächlich Gefährdung festgestellt werden muss.“

Nach den Plänen der Ampelkoalition sollen die Bundesländer erweiterte Corona-Maßnahmen anordnen können, wenn ein Land befürchtet, dass das Gesundheitssystem überlastet wird, wie es für den Herbst befürchtet wird. Konkrete einheitliche Schwellenwerte gibt es dafür nicht.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, an diesem Punkt bleibe das vorgestellte Coronaschutzkonzept „leider noch im Vagen“. „Wichtig ist, dass in Zukunft im ganzen Bundesgebiet einheitliche Maßnahmen ergriffen werden, wenn bestimmte, klar definierte Kriterien erfüllt sind.“

Der Ärztepräsident begrüßte gleichzeitig ausdrücklich, dass das Pandemiekonzept „endlich mit Rücksicht auf unsere Kinder formuliert“ sei. Wichtig sei insbesondere die Absage des Bundesgesundheitsministers an pandemiebedingte Schulschließungen. Kinder und Jugendliche seien bisher die Hauptleidtragenden der Schutzmaßnahmen gewesen. Die Folge seien Bildungsdefizite, Entwicklungsstörungen und eine deutliche Zunahme der psychischen Erkrankungen. Es müsse alles dafür getan werden, dass Schulen und Kitas offen blieben, sagte Reinhardt. (afp)

Kritik an Ausnahmeregeln für Grundschulen

Der Deutsche Lehrerverband begrüßte, dass die Länder nach den Plänen der Ampelkoalition künftig in Schulen wieder eine Maskenpflicht verhängen können – kritisiert aber eine Regelungslücke an Grundschulen. „Wir begrüßen es, dass die Länder im Bedarfsfall – nämlich, um den Präsenzbetrieb bei einer heftigen Infektionswelle aufrecht erhalten zu können – eine Maskenpflicht an weiterführenden Schulen anordnen können“, sagte der Präsident des Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, den RND-Zeitungen.

„Warum im gleichen Fall, also zur Aufrechterhaltung des Schulbetriebs, eine Maskenpflicht an Grundschulen nicht angeordnet werden kann, ist allerdings absolut nicht nachvollziehbar.“ Bei Grundschulen werde offensichtlich eher eine Schulschließung oder Unterrichtsausfall in Kauf genommen, sagte Meidinger. Das sei nicht nachvollziehbar.

Dagegen bezeichnete der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, es in der Rheinischen Post als Verbesserung, dass keine Maskenpflicht für Grundschüler vorgesehen sei. Grundschüler sollten „generell von der Maskenpflicht befreit werden, insbesondere auch bei kulturellen Aktivitäten oder Sport“.

„Wir wünschen uns auch, dass eine Maskenpflicht im Unterricht bei älteren Kindern nicht angeordnet werden kann“, sagte Fischbach weiter. „Junge Menschen haben ein nur sehr geringes Risiko für einen schweren Corona-Verlauf und müssen damit wieder Einschränkungen hinnehmen, um ungeimpfte Erwachsene zu schützen.“

Der Vorsitzende des Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, warnte derweil in der Rheinischen Post vor „zu kleinteiligen Maßnahmen“. „Wenn bei der Maskenpflicht beispielsweise danach differenziert werden soll, ob die letzte Impfung drei oder vier Monate zurückliegt, dann frage ich mich, wie das im Alltag funktionieren soll. Dass solche Regelungen nicht zur Akzeptanz in der Bevölkerung beitragen werden, ist offensichtlich.“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) hatten sich zuvor auf ein neues Infektionsschutzgesetz geeinigt. Vorgesehen sind ab 1. Oktober für gut sechs Monate vor allem zusätzliche Spielräume für die Länder, wieder Maskenpflichten in Innenräumen anzuordnen. Bei einer Zuspitzung der Lage sind darüber hinaus zusätzliche Auflagen möglich. (afp)

Bund fördert Forschung an Corona-Nasenspray

Im Kampf gegen die Coronapandemie fördert die Bundesregierung erstmals die Entwicklung eines nasalen Impfstoffs. Das Projekt der Universitätsklinik München namens Zell-Trans werde mit knapp 1,7 Millionen Euro unterstützt, sagte Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger der Augsburger Allgemeinen (Donnerstag). Der Impfstoff soll per Nasenspray auf die Nasenschleimhaut aufgetragen werden, also ohne Nadel.

Damit könne er „direkt dort seine Wirkung entfalten, wo das Virus in den Körper eindringt“, sagte die FDP-Politikerin. Mit dem Schleimhautimpfstoff würden Coronaviren direkt im Nasen-Rachen-Raum bekämpft und können sich dort gar nicht erst festsetzen. Damit könnte das Präparat im Idealfall nicht nur vor symptomatischen Erkrankungen schützen, sondern gleich vor einer Infektion. (dpa)

Sieben-Tage-Inzidenz sinkt weiter

In Deutschland steigt nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) die Zahl der bekannten Infektionen um 74.645 auf über 31,1 Millionen. Das sind 29.472 Fälle weniger als am Donnerstag vor einer Woche, als 104.126 Absteckungen verzeichnet wurden.

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Die Sieben-Tage-Inzidenz sinkt auf 451,3 von 477,9 am Vortag. Das RKI meldet 192 weitere Todesfälle im Zusammenhang mit dem Corona-Virus. Die bekannte Gesamtzahl liegt damit bei 144.552.

Zwar sinkt damit die Zahl der Infektionen seit fast zwei Wochen, der 7-Tage-Mittelwert der Todesfälle liegt so hoch wie seit Mai nicht mehr. (rtr/taz)

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5 Kommentare

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  • Danke für den klugen Kommentar. Dass Bärbel Bas von einer Durchseuchung spricht, fällt Lauterbach in den Rücken.



    Der ist zunehmend eine tragische Figur, weil er sich von der FDP treiben lässt und gute Miene zum bösen Spiel macht, bzw. machen muss, denn er erhält nicht genug Unterstützung (siehe Bas) durch andere Politiker in der Bundesregierung.



    Lauterbach ist vor allem denen verpflichtet, die aller Voraussicht nach die höchste Gefahr haben zu sterben: die nicht Geimpften und die vulnerablen Gruppen. Die gilt es, mit aller Macht des Staates zu schützen. Doch das geschieht nicht, stattdessen macht Lauterbach faule Kompromisse mit der FDP.



    Noch immer gibt es keine beispiellose Impfkampagne. Impf-Spots vor allen wichtigen Nachrichtensendungen wären das Mindeste.



    Die bittere Bilanz: Etwa 170 Corona-Tote pro Tag, über 100.000 Neuinfizierte pro Tag, über 100.000 Corona-Tote seit Ausbruch der Pandemie insgesamt.



    Diese Zahlen sind erschütternd, aber die wenigsten wollen es so genau wissen, vor allem welches Leid das für die Familien bedeutet.



    Long Covid, wenn interessiert das schon, obwohl es jeden Gesunden treffen kann.



    Wissenschaftsjournalisten wiesen im letzten ARD-Presseclub auf schwere Versäumnisse in der derzeitigen Corona-Politik hin, doch die Warnungen der Experten verhallen.



    Das Mantra des neuen Wirtschaftsminister Madsen in Schleswig-Holstein, jeder darf Fehler machen, aber wir machen keinen Fehler zweimal, ist bei der Corona-Politik nicht vorstellbar.



    Was für eine Schande, dass deshalb Menschen sterben werden!

    • @Lindenberg:

      Wegen Corona stirbt kaum ein Mensch, 95% nu „mit“. Die meisten von ihnen sind über 80.

      Tja, das ewige Leben ist noch nicht möglich. In Deutschland sterben täglich 3.000 Menschen und die meisten davon wollten weiter leben, aber so funktioniert es nicht. Keine Medizin dieser Welt wird diese Zahl verringern.

  • 6G
    658349 (Profil gelöscht)

    „Junge Menschen haben ein nur sehr geringes Risiko für einen schweren Corona-Verlauf und müssen damit wieder Einschränkungen hinnehmen, um ungeimpfte Erwachsene zu schützen.“

    Wieso wird immer dieser Unsinn vorgeschoben?

    Ungeimpfte haben mittlerweile alle mindestens eine Infektion hinter sich und aufgrund der "Schwere" beschlossen, daß ihr persönliches Risiko/Nutzen Verhältnis weiterhin gegen eine Impfung spricht.



    Weiterhin ist die Meinung derer, die solche Sprüche von sich geben, daß die Ungeimpften ruhig krepieren sollen. Also warum sie dann schützen?



    Die Ansteckungszahlen und Hospitalisierungen stehen recht gut im Verhältnis geimpft / ungeimpft. Man kann also nicht einmal argumentieren, es gehe um den Schutz gegen Überlastung der Krankenhäuser.

    Worum geht es dann?



    Es geht einzig um den Erhalt der Arbeitskraft! Um Geld. Wie immer.



    Kinder übertragen die Viren auf Eltern, irgendwo wird getestet, jemand ist positiv und schwupps, ist eine ganze Abteilung in Quarantäne.



    Nur das will die Regierung, als Vollstrecker der Industrie, verhindern.

    • @658349 (Profil gelöscht):

      Lässt sich ganz einfach dadurch verhindern, dass nur noch Personen zu hause bleiben, die auch tatsächlich krank sind.

      Nach vielen anderen Ländern zuvor haben das nun auch Österreich und Frankreich beschlossen.

  • Eine Pflicht zu schlecht sitzenden und halbherzig getragenen Masken (unbedingt in der Variante FFP2 mit großzügigem Nebenluftstrom) ist also die gesetzliche Wunderwaffe gegen Covid-19 in der nächsten (wahrscheinlich noch harmloseren) Variante. Darauf muss man als halbwegs kritische Gesellschaft erstmal kommen. Alle Welt verabschiedet sich von dem Pandemiestress, Deutschland dreht auf.

    Gefährlich wird der Umgang mit den Impfungen: Entweder man lässt sich zum 4. Mal einen Impfstoff gegen den Urtyp, der überhaupt nicht mehr hilft, verabreichen oder man nimmt sofort die "neuen" Impfstoffe, von denen die Öffentlichkeit noch gar nichts weiß. Ansonten droht der Ausschluss von der gesellschaftlichen Teilhabe. Super! Wo sind die Pharmakritiker, wenn man die mal braucht? mann kann nur jedem zur Infektion mit Omikron B5 im September raten, damit man Weihnanchten noch halbwegs Geschenke einkaufen kann ... was für ein Irrsinn.

    Überhaupt: das ganze wird als Kompromiss verkauft. Kompromisse sind in der Medizin nicht zusuchen und sind regelrecht gefährlich. Eine halbe Chemo oder eine halbe OP sind vielleicht ein Kompromiss, aber trotzdem sinnlos. Dann es lieber gleich lassen. Mit diesen komischen, lediglich die Freiheit der Menschen beeinträchtigenden Maßnahmen wird absolut keine "Herbstwelle" verhindert. Es wäre auch nicht nötig.