Nachrichten in der Ukrainekrise: „In Europa droht ein Krieg“
Olaf Scholz warnt auf der Münchner Sicherheitskonferenz vor einer russischen Invasion. Die Bundesregierung ruft deutsche Staatsbürger zum Verlassen der Ukraine auf.
Deutsche aufgefordert Ukraine zu verlassen
Angesichts der weiteren Zuspitzung der Ukraine-Krise ruft die Bundesregierung nun alle Deutschen „dringend“ dazu auf, die Ukraine sofort zu verlassen. „Eine militärische Auseinandersetzung ist jederzeit möglich“, schrieb das Auswärtige Amt am Samstag in seinen Sicherheitshinweisen für das Land im Internet. Bisher hatte das Ministerium nur diejenigen Deutschen zur „kurzfristigen“ Ausreise aufgefordert, deren Anwesenheit nicht „zwingend erforderlich“ sei. Ab Montag bis Ende Februar setzt die Lufthansa ihre Flüge in die Ukraine aus. Am Samstag und Sonntag fänden noch vereinzelte Flüge statt, um Menschen die Ausreise aus der Ukraine zu ermöglichen, sagt ein Lufthansa-Sprecher. (dpa/rtr)
Scholz spricht über eine drohende Kriegsgefahr
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat angesichts der weiter wachsenden Spannungen zwischen Russland und der Ukraine vor einem Krieg zwischen den beiden Ländern gewarnt. „In Europa droht wieder ein Krieg. Und das Risiko ist alles andere als gebannt“, sagte Scholz am Samstag in seiner Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Die einzige Möglichkeit, die „Krisendynamik“ zu brechen, sei zu verhandeln.
„So viel Diplomatie wie möglich, ohne naiv zu sein – das ist der Anspruch“, sagte Scholz weiter. Er mache sich jedoch „keine Illusionen. Schnelle Erfolge sind nicht zu erwarten.“ Alle Fähigkeiten und Kapazitäten für eine militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine lägen vor, fügte er mit Blick auf den massiven russischen Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze hinzu. „Das bleibt Fakt, über den nicht hinweg zu reden ist“, warnte Scholz vor der Möglichkeit eines Einmarsches.
Es müssten aber „noch so kleine Türen genutzt werden, durch die möglicherweise der Spielraum für Verhandlungen geöffnet werden kann“, hob Scholz hervor. Es gehe darum, dass „wir unsere Unterschiede in ein Gespräch übersetzen und hoffen, dass das gelingt“.
Er habe Putin bei seinem Treffen in dieser Woche in Moskau deutlich gemacht, dass „jede weitere Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine hohe Kosten für Russland haben wird – politisch, ökonomisch und geostrategisch“. Auch Deutschland werde das Kosten abverlangen.
Der Aufmarsch zehntausender russischer Soldaten rings um die Ukraine sei durch nichts gerechtfertigt, betonte Scholz. „Russland hat die Frage einer möglichen Nato-Mitgliedschaft der Ukraine zum casus belli erhoben. Das ist paradox: denn hierzu steht gar keine Entscheidung an.“ Der Umstand der freien Bündiswahl stehe jedoch „nicht zur Disposition“. Ähnlich hatte sich Scholz bereits bei seinem Besuch in Kiew sowie in Moskau geäußert. (afp)
Militärische Auseinandersetzungen in der Ukraine
Ein massiver russischer Truppenaufmarsch mit nach westlichen Angaben inzwischen rund 150.000 Soldaten schürt seit Wochen die Furcht vor einem Einmarsch Russlands in die Ukraine. Moskau bestreitet jegliche Angriffspläne und führt seinerseits an, sich von der Nato bedroht zu fühlen.
Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben seit Samstagmorgen bislang 19 Waffenruhe-Verstöße durch prorussische Rebellen verzeichnet. In den 24 Stunden davor seien es 66 gewesen. Unter anderem hätten die Separatisten mehrere Siedlungen beschossen und dabei schwere Artilleriegeschütze eingesetzt, die gemäß der Minsker Vereinbarung zur Befriedung der Ost-Ukraine verboten seien, teilt das Militär auf seiner Facebook-Seite mit.
Die Rebellenanführer in der Ost-Ukraine ordnen eine militärische Generalmobilmachung an. Der Chef der selbsternannten Volksrepublik Donezk, Denis Puschilin, teilt in einer Videobotschaft mit, er habe ein entsprechendes Dekret unterzeichnet. Männer, die in der Lage seien, „eine Waffe in ihren Händen zu halten“, sollten sich beim Militär melden. Der Separatisten-Anführer in der selbsternannten Volksrepublik Luhansk, Leonid Pasechnik, unterzeichnet ein ähnliches Dekret.
Im Norden von Donezk sind mehrere Explosionen zu hören. Das berichtet eine Reuters-Mitarbeiterin. Worauf die Detonationen in der von prorussischen Separatisten kontrollierten ostukrainischen Stadt zurückzuführen sind, war zunächst nicht klar. Stellungnahmen der Separatisten oder der Behörden in Kiew lagen zunächst nicht vor. (dpa/rtr)
Von der Leyen wirft Russland Verstoß gegen UN-Charta vor
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat Russland die Missachtung der Charta der Vereinten Nationen vorgeworfen. In dem Gründungsvertrag der UN heiße es, dass sich die Länder „jeder Androhung oder Anwendung von Gewalt, die gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtet ist, enthalten“, sagte von der Leyen am Samstag bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Heute schaue die Welt nun aber „ungläubig zu, wie auf europäischem Boden die größten Truppenverbände seit den dunkelsten Tagen des Kalten Krieges zusammengezogen werden“.
Die Politik des Kremls bedeute in der Praxis, „Angst zu schüren und das Ganze als Sicherheitsbedenken zu tarnen“ sowie „44 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainern zu verwehren, frei über ihre eigene Zukunft zu entscheiden“. Die Ukrainerinnen und Ukrainern seien „Tag für Tag mit Aggression und Einmischung von außen konfrontiert“.
Für den Fall eines Einmarsches in die Ukraine drohte von der Leyen der russischen Führung erneut Vergeltung an. Die EU und ihre transatlantischen Partner arbeiteten weiter an einem robusten Paket finanzieller und wirtschaftlicher Sanktionen, auch in Sachen Energie und Spitzentechnologie. „Wenn der Kreml einen Krieg anzettelt, wird das hohe Kosten und schwerwiegende Konsequenzen für Moskaus Wirtschaftsinteressen haben“, warnte die Kommissionspräsidentin. „Das riskante Denken des Kreml, das aus einem dunklen Gestern stammt, könnte Russland seine blühende Zukunft kosten.“
Neben der russischen Führung machte von der Leyen auch der chinesischen Führung Vorwürfe. Für beide stehe „das Recht des Stärkeren über der Rechtsstaatlichkeit, die Einschüchterung über der Selbstbestimmung, der Zwang über der Zusammenarbeit“, sagte sie. (dpa)
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