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Nach gescheitertem NPD-VerbotDann eben über die Kohle

Die Bundesregierung prüft, ob der NPD das Geld vom Staat gekappt werden kann. Die SPD will eine Gesetzesänderung noch in dieser Legislaturperiode.

Die Idee kam vom Bundesverfassungsrichter Voßkuhle – auführen müsste sie die Politik Foto: dpa

Berlin taz | Die Gruppe in der Abteilung V des Bundesinnenministeriums nahm schon kurz nach dem Urteilsspruch in Karlsruhe ihre Arbeit auf. Der Auftrag der Rechtsexperten: Zu prüfen, wie man der NPD die Staatsgelder kappen kann.

Der Tipp kam von Verfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle selbst. Nach der Ablehnung des NPD-Parteiverbots diese Woche sagte er, es sei nun am Gesetzgeber, zu entscheiden, ob nicht auch „andere Reaktionsmöglichkeiten“ möglich seien: „wie zum Beispiel der Entzug der staatlichen Finanzierung“. Das würde die NPD hart treffen: 1,3 Millionen Euro Staatsgelder erhielt die NPD zuletzt für das Jahr 2015 – weit mehr als Mitgliedsbeiträge und Spenden einbrachten.

Der Plan indes ist alt. Bereits 2007 hatte die Innenministerkonferenz eine Grundgesetzänderung diskutiert, um die Parteienfinanzierung für die NPD einzuschränken – die Debatte verlief sich. Das Problem: Das Grundgesetz spricht den Parteien nach Artikel 21 einen hohen Schutz zu, für alle gilt ein Gleichbehandlungsprinzip.

Der Wissenschaftliche Dienst im Bundestag kam jedoch 2013 zu dem Schluss, dass eine Grundgesetzänderung mit dem Ziel, die staatliche Parteienfinanzierung einzuschränken, mit der Gesetzeslage „vereinbar“ wäre. Schon 2008 hatte auch ein Gutachten des Staatsrechtlers Volker Epping, beauftragt vom Land Niedersachsen, Gleiches befunden. Epping erklärte den Ausschluss aus der Parteienfinanzierung für möglich, wenn man sich auf das Prinzip der „wehrhaften Demokratie“ beruft. Voraussetzungen seien allerdings „konkrete Bestrebungen einer Partei gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“.

Verfassungsfeindlichkeit ist bestätigt

Die Verfassungsrichter haben dafür nun die Grundlage geschaffen: Mit deutlichen Worten erklärten sie die NPD als verfassungsfeindlich, deren Politik sei „mit dem Demokratieprinzip unvereinbar“. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erklärte darauf, die „Handlungsspielräume“ bei der Parteienfinanzierung für die NPD würden nun „sorgfältig geprüft“. Auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) und Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) unterstützen den Plan.

Gerade die SPD drückt nun aufs Tempo. Die Bundestagsfraktion kündigte an, „so schnell wie möglich“ einen Gesetzentwurf zu erarbeiten. „Wir wollen noch in dieser Wahlperiode das Grundgesetz ändern“, sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht. Sie sei „zuversichtlich“ die dafür nötige Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat zu bekommen.

Die Frage nur bleibt: Wer entscheidet am Ende, welcher Partei die Staatsgelder entzogen werden? Staatsrechtler Epping schlug dafür den Bundestagspräsidenten vor, andere nannten das Bundesinnenministerium. Seyda Emek, Staatsrechtlerin an der Columbia University, hält diese Frage nach dem jetzigen Urteil aus Karlsruhe für geklärt: Das Bundesverfassungsgericht selbst kann, eine entsprechende Gesetzesänderung vorausgesetzt, künftig diese Entscheidung treffen.

„Dann hätten die Richter in einem Verfahren wie gegen die NPD nicht nur die Wahl zwischen Verbot und Nichtverbot, sondern könnten abgestuft auch andere Sanktionen verhängen.“ Etwa den Entzug der Parteienfinanzierung, teilweise oder ganz. (In anderen Ländern, erklärt Emek, sei dies bereits Standard, etwa am türkischen Verfassungsgericht.)

Der NPD ist der Ernst der Lage klar

Emek hält auch andere Optionen für möglich. So könnten die Richter eine Partei auch für eine gewisse Zeit suspendieren. Dies taten Gerichte 2008 etwa in Spanien, als sie zwei baskische Parteien wegen ihrer Nähe zur Untergrundorganisation ETA für drei Jahre sämtliche Aktivitäten untersagten. (Ähnliche Regelungen bestehen laut Emek auch in Bulgarien oder Moldawien.)

„All dies wären verhältnismäßigere Alternativen als das komplette Verbot einer Partei.“ Auch verstießen sie nicht gegen das Gebot der Chancengleichheit, da die Sanktionen klar an eine gerichtlich festgestellte Verfassungswidrigkeit gekoppelt wären, so Emek. „Und sie stünden auch im Einklang mit den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.“

Der NPD ist der Ernst der Lage klar. Es gehe nun darum, „sich einer unliebsamen politischen Konkurrenz über ihre Austrocknung zu entledigen“, kritisierte NPD-Chef Frank Franz. Die Parteien seien „grottenschlechte Verlierer“. Bundesjustizminister Maas hielt dagegen: Steuergelder für die NPD seien „eine staatliche Direktinvestition in rechtsradikale Hetze“.

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5 Kommentare

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  • Die Bundesregierung sollte auch prüfen, ob auch der AfD die Staatsgelder gekappt werden könnten. Die AfD ist auch verfassungsfeindlich.

     

    Zusätzlich, wenn keine Stastsgelder mehr an die NPD vergeben werden würden, dann kann man noch über zusätzliche Strafen und Sanktionen nachdenken.

  • War schon klar, das Altparteien kein Urteil, auch nicht des höchsten Gerichtes akzeptieren.

    Steuergeldentzug einer legitimierten

    zugelassenen Partei zu entziehen, damit sie handlungsunfähig werden, halte ich für absolut falsch.

    Nein, das wäre Benachteiligung, Willkür und Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, welcher im GG verbrieft ist.

    Na ja, diese Regierung ist eh schon bekannt für wiederholte Rechtsbrüche, Rechtsbeugungen z.B.

    in der Verletzung des Dublin-Abkommenens, etc.

  • Ich halte das für extrem gefährlich. Auslegungswillkür sind damit Tür- und Tor geöffnet. Natürlich wäre mein Initialreflex erstmal solchen Rassistenclubs wie AFD oder NPD oder deren Nachäffer CSU keinen Cent zu geben oder es wenigstens vollständig in Naturalien (1 EUR = 1 Hundehaufen) auzuzahlen. Ist aber nun mal keine Lösung.

     

    Wie man am Beispiel von "Die PARTEI" sieht, gibt es da jetzt schon recht willkürliche Vorgehensweisen. Wärend die AFD ihre unsägliche Gold-Aktion zur Parteienfinanzierung betreiben darf, wird der PARTEI das ganze mit einer Strafe untersagt die, wenn sie denn durchgeht, vollkommen zerstörerisch ist.

     

    Nur mal ein Gedankenspiel: 2017 bekommt die AFD locker 25%, die SPD ist sowieso schon Geschichte. CDU/CSU kriegen es vielelicht nur hin wenn sie mit der AFD koaliern. Sag mir keiner die täten das nicht! Irgendwann tun sie es!!!

    Was glauben Sie wiel schnell dann Gedankenspiele die Runde machen werden, mit eben solchen Mitteln die böse böse LINKE zu erledigen, hm?

     

    Wenn eine Partei wirklich Demokratiefeindlich UND Demokratiegefährdend ist, dann und nur dann gehört sie verboten. Andere Mittel darf es nicht geben.

    Und auch das muss mit enormer Vorsicht und Bedacht geschehen. Insofern ist die Entscheidung vom Verfassungsgericht eigentlich nachvollziehbar und ok. Zugleich hat das Verfassungsgericht aber auch partielles Totalversagen gezeigt, eben mit dem erbrachten Hinweis, es über die Parteienfinanzierung zu versuchen. Dass ausgerechnet der besonnene Voßkuhle so einen Pamp verzapft, erschüttert mich.

     

    Der große Kardfinalfehler in der Sache ist sowieso sich so sehr auf die NPD zu fixieren, selbst einem Adolf Hitler wären die zu prollig. Seit der Reichsparteitagrede von HH (Herrn Höcke) dürfte eigentlich kein Zweifel mehr bestehen, von wo die Gefahr für unsere Demokratie ausgeht. Nämlich von dieser Sippe und der traurigen Tatsache, daß in Deutschland der Rassismus gerade sein Revial im weit weit zweistelligen %-Bereich feiert ...

    • @Nachtvogel:

      Mit wie von Dir genannten Aussage

      "Rassistenclubs" würde ich vorsichtiger sein.

      Denn ein Mitbürger mit Hirn im Kopf

      akzeptiert Meinungen, Ansichten

      von anderen.

      Bist wohl auch einer, der nicht so wie

      diese klägliche Regierung denkt oder wie Du, der alle andersdenkende Leute i.d. rechte Schublade legt.

      Im übrigen ist eh schon die Scheindemokratie im Ar.....

      • @P-et-r-a:

        Vorsichtiger? Achja?

         

        Ich stecke sicher nicht alle in die rechte Schublade (auch wenn es da drin momentan nicht gerade einsam zugeht).

         

        Wenn Sie aber allen ernstens damit ein Problem haben, daß die NPD (auf keiner Vernunftskala mehr antreffbare knallharte biorassistische Wahlwerbung und Parolen seit Jahren bzw. Jahrzehnten) und die AFD (siehe nicht mehr akzeptable Höcke-Rede, siehe unsägliche Kommentare und Statements, die sich über die Jahre von unzähligen Mitgliedern auch Petry und Storch gesammelt haben) von mir rassistisch genannt werden, dann weiß ich wohin Sie einzusortieren ich versucht wäre. Aber ich nehme zu Ihren Gunsten mal an, dass Sie ein netter Mensch sind und heute einfach nur einen schlechten Tag hatten.

         

        Und wenn irgendjemand in der AFD sitzt weil er/sie "nur so bischen rechts" aber nicht "rechtsradikal/rassistisch" ist, oder weil er/sie einfach nur beim Eintritt besoffen war und wenn diese Person nicht spätestens heute den Austritt erklärt hat, dann hängt sie mit drinnen. Wer die Fahne dieser Parteien hoch hält, akzeptiert, und pflegt Rassismuss!

         

        "Denn ein Mitbürger ... akzeptiert Meinungen, Ansichten

        von anderen"

        Einen Scheiß muß ich!!! Es gibt Grenzen und die sind hier längst überschritten.

         

        Lesen Sie nicht nur ein paar Zitate in Zeitungen (ist ja alles Lügenpresse und so ... Buhu), sehen Sie sich diese Rede und am besten auch die ganze Veranstaltung drum rum auf Video an. Legen Sie sich vorher Kotztüten bereit! Achten Sie auf Wortwahl, Betonung, auch auf die anderen Sprecher und auf die Reaktionen des Publikums ("Volksverräter" etc.).

        Erklärung eines AFD-Oberen heute im Deutschlandfunk: Hoecke ist nun mal ein kreativer Querdenker. No Comment.

        Hätte die AFD auch nur den Hauch eines demokratischen Rückrats würde der "Querdenker" Höcke mit geschreddertem Parteibuch in der Tasche längst Flaschen sammeln.

         

        Eigentlich Unfassbar, daß eine AFD und sogar eine NPD immer noch Verteidiger hat. Haben die Leute denn gar nichts aus der Geschichte gelernt?