Nach der Einigung von Fatah und Hamas: Kein Friedensprozess mehr in Nahost
Die Verhandlungen sind vorbei. Nach der Einigung auf eine palästinensische Einheitsregierung hat Israel den Friedensprozess beendet.
JERUSALEM taz | Die Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern sind vorbei. Fünf Tage vor Ablauf der neunmonatigen Frist entschied das israelische Sicherheitskabinett am Donnerstag einstimmig, nicht mit einer Regierung zu verhandeln, die „von der Hamas unterstützt wird, einer Terrororganisation, die zu Israels Zerstörung aufruft". So heißt es in einer Mitteilung aus dem Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.
„Anstatt den Frieden zu wählen, gründete Abu Masen (Präsident Mahmud Abbas) eine Koalition mit mörderischen Terroristen", begründete Netanjahu. Die Fraktion der Fatah, der Abbas vorsteht, hatte sich am Vorabend mit der Hamas über die Gründung einer Regierung der nationalen Einheit geeinigt.
Während auch die USA das Aussöhnungsabkommen der palästinensischen Parteien scharf kritisierten, kamen aus Europa positive Töne. Die EU begrüßte das Abkommen als „wichtigen Schritt zur Zwei-Staaten-Lösung". Dennoch müsse den israelisch-palästinensischen Friedensgesprächen Vorrang eingeräumt werden. Die Erklärung der EU wurde unmittelbar vor dem Bekanntwerden des israelischen Kabinettsbeschlusses veröffentlicht.
Das Weiße Haus warnte hingegen bereits am Mittwoch, dass ein Zusammengehen der Fatah mit der Hamas die Fortsetzung der Friedensverhandlungen „ernsthaft" gefährde.
Die Vergangenheit vergessen
„Die Ära der Teilung ist zu Ende“, hatte Ismail Hanijeh, Hamas-Regierungschef im Gazastreifen, kurz zuvor verkündet. Die beiden seit sieben Jahren zerstrittenen Parteien einigten sich auf die Gründung einer Übergangsregierung in den kommenden fünf Wochen und anschließende Neuwahlen innerhalb von sechs Monaten. „Wir wollen vergessen, was in der Vergangenheit passiert ist", resümierte Azzam Al-Ahmed, der im Auftrag der Fatah zu den Verhandlungen nach Gaza gereist war.
Die Mission von US-Außenminister John Kerry ist damit gescheitert. Rund ein Dutzend Mal war Kerry in den vergangenen neun Monaten selbst nach Jerusalem und Ramallah gereist, um mit Israels Regierung und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) gemeinsam nach machbaren Lösungen zu suchen. Kerrys Motivation galt der gesamten Region. Er hoffte, dass eine Beilegung des Palästinenserproblems die moderaten Kräfte auch jenseits der Landesgrenzen hinaus stärken würde.
Israel galt aufgrund des fortgesetzten Siedlungsbaus und der Aussetzung einer bereits für Ende März vereinbarten Amnestie von knapp 30 palästinensischen Häftlingen als Haupverantwortlicher für das ergebnislose Ende der Verhandlungen, das sich seit Wochen abzeichnet.
Es könne von Israel schwerlich erwartet werden, „Verhandlungen mit einer Regierung zu führen, die nicht an das Existenzrecht Israels glaubt", kommentierte die US-Außenamtssprecherin Jen Psaki.
Aus Sicht von Präsident Abbas schloss die innerpalästinensische Versöhnung eine Fortsetzung der Friedensverhandlungen keineswegs aus. Eine Regierung der nationalen Einheit, so erklärte Abbas-Berater Dschibril Radschub noch gestern früh gegenüber dem israelischen Hörfunk, werde „die Bedingungen des Nahost-Quartetts und die Zwei-Staaten-Lösung annehmen". Dazu gehört die unbedingte Gewaltfreiheit und eine Anerkennung Israels.
Unklar bleibt überhaupt, wieweit sich die Absichtserklärung von Fatah und Hamas umsetzen lässt. Der Kampf der beiden großen palästinensischen Parteien hinterlässt ein blutiges Schlachtfeld mit hunderten von gefolterten Krüppeln und Toten.
Technokraten-Regierung
Die Einheitsregierung soll sich zunächst aus Technokraten zusammensetzen. Bei den Regierungsrichtlinien werden politische Ideologien soweit wie möglich ausgespart bleiben. Eine Anerkennung der Prinzipien des Nahost-Quartetts (USA, EU, UN und Russland), wie sie Präsidentenberater Radschub ankündigte, würde die Hamas zur Gewaltabsage und der Anerkennung Israels zwingen, was sie stets ablehnte. Abbas behält das Zepter bis zum Ende des Jahres weiter in der Hand. Doch schon an der Sicherheitskooperation mit Israels Armee, zu der die Fatah verpflichtet ist, könnte der begonnene Prozeß scheitern.
Die Fatah wehrte sich dagegen, die Kontrolle über die palästinensischen Sicherheitsdienste aufzugeben, als die Hamas im Frühjahr 2006 die demokratischen Wahlen für sich entschied. In Reaktion auf die gewaltsame Machtübernahme der Islamisten in Gaza, gut ein Jahr später, und aus Sorge davor, die Hamas könne auch im Westjordanland die Kontrolle an sich reißen, legten die Fatah-Terroristen die Waffen nieder, und palästinensische Polizisten jagen seither Hand in Hand mit israelischen Soldaten den gemeinsamen Feind Hamas.
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